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Fips & ich Warten aufs Wunschkind

Fips & ich: Warten aufs Wunschkind
© simarik / iStock
Wir sind Warten nicht mehr gewohnt: Entweder machen wir im Leben alles „spontan“ (sprich: genau dann, wenn wir Lust dazu verspüren) oder wir planen jede Kleinigkeit im Voraus und bis ins Letzte. Und wenn die U-Bahn mal fünf Minuten zu spät kommt, können wir wenigstens per Echtzeit-App verfolgen, wo das verdammte Ding hängengeblieben ist.

Babys machen da einen Strich durch die Rechnung. Dass sich Schwangerschaft nicht wirklich planen lässt, weiß man ja. Doch über das Warten auf den zweiten Teststrich will ich an dieser Stelle gar nicht schreiben. Denn in meiner mittlerweile 40. Schwangerschaftswoche geht es um eine ganz andere Art des Wartens. Nämlich um das Warten auf die Geburt.

Die Arten des Wartens
Es gibt unterschiedliche Arten des Wartens, zum Beispiel:

  • Das vorfreudeerfüllte Warten auf einen unumstößlichen Termin wie Weihnachten.
  • Das bange Warten auf ein zeitlich nicht genau definiertes Ereignis, bei dem man aber zumindest (halbwegs) genau weiß, was auf einen zukommt – etwa den Anruf eines potentiellen Arbeitgebers: „Hallo, Sie haben den Job!“
  • Das kaugummizähe Warten ins prallgefüllte Nichts.

Ich muss es wohl nicht sagen, aber die Wartezeit vor einer geplanten Spontangeburt fällt absolut in die dritte Kategorie: Man weiß nicht, wann (der errechnete ET ist ja eher so was so etwas wie Würfelglück). Und man weiß nicht, wie (besonders als Erstgebärende hat man ja wirklich mal so gar keine Ahnung, was auf einen zukommt).
 
Ängste, Freuden und vor allem Fragen über Fragen
Warten der dritten Kategorie macht nervös. Es gibt keine App, die einem sagt, wo der Zug „Baby“ sich punktgenau befindet und unter welchen Bedingungen er in den Bahnhof einzufahren gedenkt. Und während man in Züge – so spät sie auch kommen mögen – einfach einsteigt und das gewünschte Ziel erreicht, hat man in diesem Fall nicht den geringsten Plan, was einen bei der Weiterfahrt erwartet. Und das  allein genügt, um aus dem Däumchendrehen schnell mal ein Durchdrehen werden zu lassen:

  • Wie werde ich mit der Geburt zurechtkommen? Tut das wirklich so weh, wie alle sagen, oder kann ich das wie geplant weg-atmen, weg-hypnobirthen, weg-aromatherapieren?
  • Wird das Baby wirklich gesund sein? Wird es ein Schreikind, ein Spucki oder das absolut tiefenentspannte Traumbaby, das wir uns immer vorstellen, wenn wir „Familie“ denken?
  • Kriege ich das mit dem Stillen hin? Oh Gott, weiß ich überhaupt, wie man richtig wickelt? Habe ich eigentlich genug Bodies gekauft?
  • Ob ich jemals wieder durchschlafen, tanzen gehen, Sex haben, nicht über Kinder reden, in meine alten Klamotten passen und/oder ich selbst sein werde?
  • ... continue and repeat.

Klingt nach Totalpanik, aber das Gute ist, dass man irgendwann herausfindet, dass man bereit ist. Dass ich soweit bin, entdeckte ich in der 38. Schwangerschaftswoche: Über meine erste Mini-Wehe am CTG freute ich mich wie über ein Geburtstagsgeschenk, und als meine Frauenärztin danach mitteilte, dass das Köpfchen nicht wie von mir vermutet bereits ins Becken gerutscht sei, war ich enttäuscht.
Denn neben den Fragen und Ängsten in mir gibt es diesen butterweichen, von purer Liebe erfüllten Mama-Anteil, der bei Geburten-Dokus weint und es gar nicht erwarten kann, den ersten Blick mit diesem kleinen Wunderleben in mir auszutauschen. Dieser Anteil, der sehen möchte, wie aus dem tollen Mann an meiner Seite ein wunderbarer Papa wird und wie eine winzige Hand nach dem Finger eben dieses  Papas greift und für immer festhält. Der Anteil, der köstlichen Babyduft riechen, kleine Speckbeine knubbeln und winzige Füße küssen möchte.
 
Abwarten und ...?
Diese Mischung aus Vorfreude und Panik macht das Abwarten jedoch nicht eben leichter. Mein nicht-schwangeres Ich hätte all das mit Sport überbrückt: einfach ordentlich auspowern und hinterher entspannt durchatmen. Jetzt wende ich den Kugelbauch in drei Zügen von der rechten auf die linke Seite, schnaufe danach wie ein Walross und fühle mich zwar gehörig ausgepowert, aber von Entspannung ist da keine Spur.
Was also stattdessen tun? Stricken – ginge. Wenn man es denn könnte (ich kann nicht). Tee trinken – oh ja! Nichts lieber als das: Hoch die Tassen mit diesem köstlichen Himbeerblättertee, Schwestern! It’s Partytime!
Seufz. 
 
Ich bin nicht der „Bestimmer“, aber das ist okay
Die Lösung, die ich letztlich für mich gefunden habe, hat wenig mit Aktivität zu tun. Denn ich habe beschlossen, mich in diesen letzten Schwangerschaftstagen einfach als „Babyverpackung“ zu betrachten: Ich bin hier, ich bin da, wenn es losgeht, aber ich lehne mich zurück. Denn zum ersten Mal in meinem Leben bin ich nicht der „Bestimmer“ – unser Baby ist es. Es weiß, wann der große Weg betreten werden kann. Und bis dahin kann ich die Verantwortung getrost abgeben und entspannen.
Ich tue, was sich gut anfühlt. Ich esse, was schmeckt. Ich nehme bewusst die Zeit wahr, die wir noch als Paar und die ich als Individuum habe. Und ich genieße die Babybewegungen (okay, bis auf die Tritte in die Rippen – aber selbst die sind etwas Besonderes, das es bald nicht mehr geben wird). Denn Fakt ist: So wie es jetzt ist, wird es nie wieder sein. Diese unzählbaren Tage sind der Abschied von dem Leben, das ich bis jetzt gelebt habe, und der Beginn von einem neuen Abenteuer. Kurz: Entschleunigungstraining deluxe.
 
Das hilft gegen unruhige Nächte, in denen einfach keine Position schlaftauglich sein will, gegen das Jammern über den sperrigen Bauch mit dem unermüdlichem Partyinnenleben und – ja! – auch ein wenig gegen den Warteblues. Denn eins weiß ich sicher: Im nächsten Kapitel meines Lebens werde ich noch eine ganze Weile nicht der Bestimmer sein. Und in unserem durchorganisierten, vollgeplanten, eng getakteten Leben kann es nicht falsch sein, dafür jetzt schon mal ein wenig zu üben.

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