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Eine ganz normale Mama Wollen wir unser altes Leben zurück?

Nathalie Klüver
© Eine ganz normale Mama
Immer wieder verfolge ich im Internet und auch in diversen Magazinen Diskussionen darüber, wie man als Mama möglichst schnell sein altes Leben zurückbekommt. Ich frage mich dann immer: Wollen wir eigentlich wirklich unser altes Leben zurück? Was heißt das eigentlich: das alte Leben? Was vermisse ich? Ich kam für mich persönlich zu dem Schluss: Nein, ich will mein altes Leben nicht zurück. Mit Kindern ist alles anders. Aber alles ist gut, so wie es ist.

Klar, gibt es die Momente, in denen ich sage: Oh Mann, haltet doch mal den Mund, hört auf mit der ewigen Streiterei, lasst mich doch mal eben in Ruhe diesen einen Zeitschriftenartikel zu Ende lesen, können wir nicht mal einfach zusammen Abendbrot essen, ohne dass jemand heult und Essen vom Tisch wirft?! Klar, verdrehe ich manchmal (nicht nur innerlich) die Augen und frage mich, wieso man nicht mehr einfach mal schnell zum Bäcker um die Ecke gehen kann? Ihr wisst schon, dieses "einfach mal schnell in die Schuhe springen, ein Brötchen kaufen und einfach mal schnell wieder zuhause sein". Geht nicht mit zwei kleinen Kindern. Schon allein das "einfach mal schnell in die Schuhe springen" ist für Kinder ungefähr so wie für uns "einfach mal schnell neue Schuhe kaufen". Oder so. Ihr wisst, wie ich das meine.
Natürlich bin ich abends auch mal froh, wenn die Kinder im Bett sind, endlich Ruhe herrscht, keiner herumnölt, keiner Endlosgeschichten erzählt, bei denen man den roten Faden schon längst verloren hat und keiner die zehnte Runde Memory mit einem spielen oder zum siebten Mal das Baggerbuch anschauen will. Natürlich genieße ich diese zwei Stunden vorm Schlafengehen, wenn mein Mann und ich mal reden können, ohne dass wir ständig unterbrochen werden und wenn ich faul in einem Buch blättern oder sinnlos im Internet surfen kann. Und ja, ich gebe es zu, wenn das Einschlafen mal wieder länger dauert, dann denke auch ich irgendwann einen Satz, der sich so ähnlich anhört wie das berühmte "Verdammte Sch.. schlaf endlich ein"-Buch. (Ihr seht, wenn man zwei Kinder hat, kann man das Sch-Wort noch nicht einmal ausschreiben, weil man es sich so sehr abtrainiert hat!). Ja, dann kann ich auch sehr genervt sein. SEHR GENERVT.
 

Ist das Kind da, verändert sich das ganze Leben

Nathalie Klüver
© Eine ganz normale Mama

Aber wenn ich dann genau nachdenke und mich frage, was vermisse ich eigentlich, dann fallen mir lauter Sachen ein, die ich entweder jetzt auch noch machen kann (wenn auch vielleicht in leicht veränderter Form) oder die mir schlicht nicht mehr so wichtig sind. Oder bei denen ich weiß: Sie kommen irgendwann wieder.
Ich habe es früher geliebt, samstags im Café zu sitzen und mit meinem Mann Zeitschriften zu lesen. Endlos lange. Im Café sitzen geht immer noch. Es sind dann halt die mit der Spielecke. Aber wir machen es immer noch jedes Wochenende, es gehört dazu und nun ja, nur das mit dem lange Zeitschriften lesen ist vielleicht etwas eingeschränkt. Je nach Spannungsgrad der Spielecke klappt das mal mehr, mal weniger gut. Aber ganz ehrlich: Verpasse ich soviel, wenn ich nicht jedes Frauenmagazin durchblätter?!
Nö.
Ich habe früher viel gelesen. Bin im Urlaub in Bücher abgetaucht, konnte den ganzen Tag auf der Wiese liegen und lesen. Immerhin hat sich jetzt mein Gepäck reduziert: Nahm ich früher 14 Bücher für 2 Wochen mit, sind es heute maximal 3. Aber die Bücher rennen nicht weg.
Im Urlaub sind wir immer gerne gewandert. Klar geht das nun nicht mehr so. Naja, es geht. Es ist halt anders. Statt 15 Kilometer bergauf geht es halt zwei Kilometer durch den Wald – in derselben Zeit. Dafür sehe ich mehr. Dinge, auf die ich früher nicht geachtet hätte. Wie Regenwürmer, die sich zweimal um ein Blatt geschlängelt haben oder sich küssende Schnecken.
Einen verregneten Sonntag lang mit Stricken, das Haus dekorieren und Urlaubplanen zu verbringen, geht auch nicht mehr. Aber abends vorm Fernseher strickt es sich auch gut, Urlaubsplanung wird eh überschätzt und das Haus dekorieren übernehmen jetzt andere für mich – auf ihre eigene Art.
Nun, vielleicht ist es für mich einfach, nichts zu vermissen, weil ich auch vor der Geburt mit dem Partyleben abgeschlossen hatte. Und weil wir im Urlaub auch keine Taucher, Surfer oder Bierkrugstemmer waren. Ich war auch früher nur alle Naselang im Kino. Den letzten James Bond habe ich verpasst, das hat mich allerdings geärgert. Aber sonst... ?!
Passt alles schon, so wie es ist. Ziemlich gut sogar. Ich will mein altes Leben nicht zurück. Ich würde mich furchtbar langweilen.
 

Wär' das langweilig ohne meine Kinder!

Natürlich war es ein großer Einschnitt – aber er kam zur richtigen Zeit und ich finde es vollkommen okay dann auch zu sagen: Ich bin jetzt Mama. Nein, ich muss niemanden beweisen, dass ich einfach so weiterleben kann wie früher und trotzdem noch zwei Kinder wuppe. Bei allem Chaos, aller Nerverei: Das Leben ändert sich vollkommen, ich habe mich auch geändert und hey, ein Leben ohne Veränderungen ist doch auch langweilig, oder?!
Und wenn ich manchmal sonntagsnachmittags keinen Bock mehr auf die zehnte Runde Domino habe und mich aufs Sofa zu meinen Stricksachen und meiner Wohndeko-Zeitschrift wünsche, dann sage ich mir: Es ist eigentlich nur ein Augenzwinkern, dann habe ich wieder alle Zeit der Welt. Weil meine Kinder in gar nicht allzu ferner Zeit sonntags lieber in ihrem Zimmer abhängen und uns nicht verständliche Sachen machen und in den Urlaub lieber mit ihren Freunden als mit Mama und Papa fahren. Dann habe ich wieder Zeit für Bücher, Stricknadeln und Abende in der Oper.
Und bis dahin will ich es einfach genießen. Denn, ganz ehrlich, was verpasse ich?! Nichts Wesentliches.
Und man muss ja auch nicht auf alles verzichten. Dann geht man halt nur alle fünf Monate ins Kino. Oder sieht den Tatort eben in der Mediathek, weil man es um 20.15 Uhr nicht pünktlich aus dem Kinderzimmer geschafft hat. Dann braucht man für ein Buch halt einen Monat statt zwei Tage. Und liest die Zeitschrift eine Woche später. Dann verpass ich halt die aktuelle Zahl der Herzen auf meinem Instagram-Profil.
Hand aufs Herz: Gibt Wichtigeres, oder?!
Nun, ich gebe es zu. Diese gerade zu perfekt anmutenden Gedanken sind auch bei mir manchmal nur Wunschgedanke. Denn wie ich am Anfang sagte: Egal, wie schön das Kuscheln vorm Schlafengehen ist – irgendwann will man doch ins Wohnzimmer und seinen Feierabend haben. Und dem zehnten Geschwisterstreit innerhalb von zwei Stunden kann ich auch nichts Positives mehr abgewinnen! Aber was mir hilft, in diesen Momenten, nicht vollkommen die Wände hochzugehen (kommt trotzdem oft genug vor bei mir), ist es, sich genau das vor Augen zu führen: Was verpasse ich jetzt eigentlich?!
Wie geht es Euch: Was vermisst Ihr aus Eurer Prä-Kind-Ära? Wünscht Ihr Euch manchmal zurück? Hattet Ihr vielleicht spezielle Hobbys, die Ihr mit Kindern nur noch schwer ausüben könnt? Ich bin gespannt!
 

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