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Die wichtigsten Fragen im Check Rechtsfragen für Patchwork-Familien

Rechtsfragen für Patchwork-Familien: ein kleines Mädchen steckt eine Münze in ein Sparschwein
© H_Ko / Shutterstock
Sieben bis 13 Prozent Patchworkfamilien mit Trauschein leben in Deutschland. Dazu kommen zig unverheiratete Paare und Regenbogenfamilien, die nicht erfasst sind. Mit dieser bunten Familienstruktur tauchen auch komplizierte rechtliche und finanzielle Fragen auf. Hier sind die Antworten.

Wie machen wir das mit dem Kindergeld?

Wenn ihr es schlau anstellt, könnt ihr sogar etwas mehr Geld rausholen: Das monatliche Kindergeld macht normalerweise 204 Euro für die ersten beiden Kinder, 210 Euro für das dritte und 235 Euro ab dem vierten Kind. Nur ein Bezugsberechtigter kann es bekommen. Da Kinder in der Reihenfolge der Geburten zählen, macht es Sinn, das Kindergeld für den gemeinsamen Nachwuchs an den Partner auszahlen zu lassen, der schon ältere Kids aus einer früheren Beziehung hat. So bekommt die Familie statt 204 Euro gleich 210 oder 235 Euro für den gemeinsamen Nachwuchs. Aber: Nur mit Ehering am Finger, so der Bundesfinanzhof (BFH III R 24/17 vom 25. April 2018) kann der Berechtigte die Kinder des Partners mitzählen lassen.

Wie versichern wir uns am besten?

Ist irgendwas doppelt? Schnell weg damit. Und danach den gemeinsamen Vertrag aktualisieren. Stimmt zum Beispiel beim Hausrat die Versicherungssumme noch? Zieht man in eine größere Wohnung um, muss der Vertrag auch an die neuen Quadratmeter angepasst werden. Und bei der gemeinsamen Haftpflicht müssen Kinder, die zwar regelmäßig zu Gast sind, aber hauptsächlich beim anderen Elternteil wohnen, trotzdem mitversichert werden. Auch Rechtsschutz und Auslandskrankenversicherung sind eine Teamnummer. Individuelle Versicherungen laufen dagegen normal weiter: etwa die KFZ-Versicherung. Oder die Krankenversicherung. Hier bleibt ein Kind bei dem Elternteil mitversichert, bei dem es das auch bisher war. Bei der Lebensversicherung bitte prüfen, wer als Begünstigter eingetragen ist. Falls das nicht mehr die Ex oder der Ex sein soll, unbedingt ändern. Sonst kriegt der frühere Partner im Todesfall laut Bundesgerichtshof auch das Geld (BGH IV ZR 437/14 vom 22. Juli 2015).

Brauchen wir einen Ehe- oder Partnerschaftsvertrag?

Verheiratete Bonus-Eltern machen sich das Leben mit einem notariell beglaubigten Ehevertrag leichter. Neben Unterhaltsabmachungen bei einer möglichen Trennung können auch Regeln fürs aktuelle Zusammenleben fix gemacht werden. Und ohne Trauschein ist ein Vertrag sogar noch wichtiger. Denn Unverheirateten steht kein Vermögensausgleich zu, sollte es zu einer Trennung kommen. Auch Unterhaltsansprüche haben sie nicht. Das kann üble Folgen haben, vor allem für Frauen: So manche steht vor dem Nichts, weil sie seine, meine, deine Kinder erzogen hat, anstatt voll zu arbeiten. Besser ist es, in einem Partnerschaftsvertrag festzulegen, was mit dem gemeinsamen Vermögen nach dem Aus geschehen soll oder wie der Unterhalt geregelt wird. Zum Notar muss man nur, wenn es im Vertrag um eine Schenkung oder Immobilie geht.

Sollen die laufenden Kosten geteilt werden, obwohl die eine Partnerin zwei Kinder in die neue Beziehung brachte und die andere nur eines?

Hier hält sich der Gesetzgeber raus. Es gibt nun mal kein Patentrezept, wie man mit Geld in der Partnerschaft umgeht. Die Hauptsache: Beide müssen die Abmachungen fair finden. Dabei hilft es, ein Haushaltsbuch zu führen (z. B. "Kakebo", Naumann & Göbel, 7,99 Euro) und alle Stunden aufzuschreiben, die jeder für Haushalt und Kindererziehung aufbringt. Einmal monatlich wird geschaut, ob Finanzen und Arbeitsaufwand noch gerecht verteilt sind. Als sinnvoll erweist sich hier die Dreikontenlösung. Jeder behält sein Konto. Dazu eröffnet man ein Gemeinschaftskonto, auf das beide ihren Beitrag überweisen. Unverheiratete Patchworker müssen aber aufpassen: Zahlt fast immer nur einer aufs gemeinsame Konto ein, kann Schenkungsteuer anfallen. Der Freibetrag liegt bei gerade mal 20 000 Euro für zehn Jahre.

Wer zahlt die Reiterferien der Tochter aus erster Ehe?

Nur die leiblichen Eltern müssen für ihren Unterhalt sorgen. Sagt § 1601 BGB. Für Bonus-Mütter und -Väter gibt es dagegen keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Auch wenn in der Realität oft aus einem gemeinsamen Patchwork-Topf gewirtschaftet wird. Und auch wenn es da wohl häufig klamm wird: Zumindest die Kinder, so das Bundesfamilienministerium, beurteilen die finanzielle Situation in Stieffamilien nämlich schlechter als in Kernfamilien. Besonders schwierig wird es, wenn ein Elternteil die Unterhaltungszahlung verweigert oder nur unregelmäßig zahlt. Alleinerziehende oder Menschen, die unverheiratet zusammenleben, können dann einen Unterhaltsvorschuss beim Jugendamt beantragen. Bei erneuter Heirat endet ihr Anspruch darauf jedoch.

Was dürfen Stiefeltern entscheiden?

"Du hast mir gar nichts zu sagen?" Es kommt darauf an: Sind die Patchwork-Eltern verheiratet und hat der leibliche Elternteil das alleinige Sorgerecht, darf der Stiefelternteil bei Freizeitgestaltung und schulischen Belangen sehr wohl mitbestimmen. Das nennt sich dann "kleines Sorgerecht" und ist in § 1687b BGB geregelt. Entscheidungen können allerdings nicht gegen den Willen des sorgeberechtigten Partners durchgedrückt werden. Besteht ein gemeinsames Sorgerecht der leiblichen Eltern, ist das kleine Sorgerecht hinfällig. Damit Bonus-Mama oder -Papa trotzdem mitreden dürfen, können die leiblichen Eltern eine Vollmacht erteilen. Grundlegende Entscheidungen wie etwa zur Religion sind davon ausgenommen. Hier müssen beide sorgeberechtigten Eltern zustimmen.

Was passiert, wenn Mama stirbt?

Hat das Kind zusammen mit ihr und dem neuen Partner in einem Haushalt gelebt? Eventuell sollte es dann auch nach dem Tod der Mutter in seiner gewohnten Umgebung bleiben. Besteht der leibliche Vater darauf, dass sein Kind zu ihm zieht, kann das Familiengericht im Streitfall gemäß § 1682 S. 1 BGB entscheiden. Das Sorgerecht des leiblichen Papas bleibt dabei in jedem Fall bestehen.

Guter Rat

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