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"Meine Familie? Ein Irrenhaus!" Rituale, die das tägliche Drama entspannen

Eltern toben mit zwei Kindern auf dem Sofa
© fizkes / Adobe Stock
Trödeln am Morgen, Wutausbrüche am Nachmittag und Einschlaf-Drama am Abend? Das geht an die Substanz! Wir haben Tipps, wie du diese besonders stressigen Momente im Familienleben entspannen kannst.

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Alle Eltern kennen sie, die heiklen Stressmomente im Tagesablauf, an denen es regelmäßig knallt. Diese Situationen, in denen die Familie ein einziges Irrenhaus zu sein scheint.

Morgens, wenn das Kind nackt auf dem Teppich schreit, dass es heute keine Unterhose anziehen will und du mit "Du Kack-Mama" beschimpft wirst, weil kein Marmeladentoast mehr da ist. Nachmittags, wenn das Kind sich auf dem Heimweg auf den Gehweg legt, weil … ja, warum eigentlich? Abends, wenn das Zubettgehen drei Stunden dauert, mit diversen tränenreichen Dramen gespickt, weil: die falsche Zahnpasta, die falsche Geschichte, der piekende Schlafanzug, der große Durst.

Ziemlich viel Drama mit den kleinen Menschen. Fragst du dich, was du ändern kannst, damit es an der ein oder anderen Stelle entspannter zugeht? Wir haben Tipps gesammelt, die hoffentlich mehr Entspannung in euren Familienalltag bringen – ohne, dass ihr Meditieren, Yoga machen oder Achtsamkeit trainieren müsst. Manchmal entfalten nämlich schon kleine Änderungen im Miteinander große Wirkung. Rituale helfen, problematische Situationen aufzubrechen und ihnen vorzubeugen.

Rituale für ein entspanntes Miteinander am Morgen

Wusstest du, dass sich das Zeitgefühl bei Kindern erst ab fünf bis sieben Jahren entwickelt? Richtig ausgebildet ist es mit etwa zehn Jahren. Kein Wunder also, dass dein Kind vorher kein Verständnis hat für Reihenfolge, Zeitdauer oder Geschwindigkeit. Probiert daher gerne aus, die Zeit zu visualisieren, etwa durch eine Sanduhr oder einen speziellen Timer, der den Ablauf der Zeit verdeutlicht. 

Schon morgens gibt es eine wichtige Aufgabe, bevor die eigentlichen To-dos des Tages anstehen: Aktiviere das Bindungssystem, fülle den "Liebestank" deines Kindes auf, der über Nacht ganz leer geworden ist. Das stärkt dein Kind für den womöglich langen Tag allein. Oft ist der Grund dafür, dass dein Kind sich nicht alleine anziehen oder die Zähne putzen will, obwohl es das schon könnte, dass es deine Nähe braucht.

  • Aufwachkuscheln: Wecke dein Kind mit Kuscheln oder mit einer speziellen Reihenfolge von Küssen. Ja nachdem, was dein Kind mag. Als Erwachsene macht es für uns auch einen Unterschied, ob wir mit einer liebevollen Umarmung von unserer:m Partner:in geweckt werden, oder wir mit dem Klingeln des Weckers aufspringen müssen.
  • Kleine Kinder lieben wiederkehrende Sprüche. Suche dir gerne ein paar Fingerspiele aus, die du zum Wecken oder zur Begrüßung des Tages verwendest. Das kann auch bei Routinen wie dem Zähneputzen unterstützen.
  • Wer müde ist, braucht viel Geborgenheit und Nähe. Ein aus der Küche gerufenes "Jetzt zieh dich endlich an!" ist da wenig hilfreich. Vielleicht helfen euch kleine Rollenspiele, um besser voranzukommen. Lass dich einen Moment darauf ein, das schafft die ersehnte Verbundenheit. Dein Kind kann ein Hund sein, den du trainierst. Ein spezielles Kommando sorgt für einen offenen Mund beim Zähneputzen. Oder ein Kuscheltier spricht den richtigen Zauberspruch, und plötzlich ist dein Kind blitzschnell angezogen.
  • Um das Bedürfnis nach Freude zu erfüllen und nicht sofort funktionieren zu müssen, ist es für dein Kind schön, wenn morgens ein bisschen Spielzeit eingeplant ist. Natürlich nur, wenn das zeitlich irgendwie für euch machbar ist. Du kannst dafür die beschriebene Sanduhr oder den Timer nutzen. Schon fünf Minuten spielen vor dem Frühstück oder dem Losgehen können gut tun.
  • Trennungssituationen sind nicht immer leicht. Überlegt euch eine Abschiedroutine: Du kannst deinem Kind einen kleinen Gegenstand als Kraftbringer mitgeben. Oder ihr füllt noch einmal den "Liebestank" auf mit einer Umarmung. Oder du lässt dich von deinem Kind aus der Tür schubsen – das sorgt oft für viel Freude und das Gefühl, den Abschied selbst in der Hand zu haben.

Rituale für ein entspanntes Ankommen im Nachmittag

Nach einem langen Tag, an dem es sich einfügen und funktionieren musste, ist dein Kind emotional erschöpft. Es hat Konflikte durchlebt, musste zurückstecken, Frust aushalten. Und dann kommst du – und meistens bricht auf dem Heimweg oder spätestens Zuhause alles heraus, was sich angestaut hat. Ohne, dass du weißt, was los ist. Am Nachmittag geht es also darum, dem Bindungsbedürfnis nachzukommen durch deine Nähe, Aufmerksamkeit und Austausch. Und es geht um Entspannung und Geborgenheit.

  • Ebenso wie ihr ein Abschiedsritual habt, kann ein Begrüßungsritual sehr schön sein, um den Übergang zu markieren. Du kannst wieder eine bestimmte Kuss-Reihenfolge nutzen oder mit einem Zauberstab dein Kind berühren und stärken. 
  • Gerade der Übergang direkt nach dem Nach-Hause-Kommen ist oft heikel. Wenn dein Kind weiß, was es erwartet – weil ihr immer erstmal ein Buch anschaut oder ein Lied hört oder eine Höhle baut – gibt ihm das die Möglichkeit, sich auf die neue Situation einzulassen.
  • Auch ein extra Ruheritual kann bei der Reizverarbeitung helfen. Du kannst deinem Kind auf dem Sofa die Füße massieren, das sorgt für Nähe und öffnet manchmal sogar den Raum, dass dir dein Kind von seinem Tag erzählt. Auch Fantasiereisen oder zumindest ein ruhiges Hörspiel können den Übergang unterstützen.

Rituale für weniger Stress bei der Abendroutine

  • Weil sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen gestresst sind vom Tag, fehlt es im Familienalltag oft an Leichtigkeit. Gemeinsames Toben und Quatsch machen ist eine Form von Liebe! Die Kissenschlacht vor dem Zubettgehen oder eine Runde Kitzeln darf also durchaus sein.
  • Wir kennen es alle: Wenn uns die Erfahrungen des Tages beschäftigen, können wir schlecht einschlafen. Ein Sorgenfresser kann dabei helfen, Erlebtes loszulassen. Ob Sorgenpüppchen, die unters Kissen gelegt werden oder ein Kuscheltier, das sich vor dem Schlafen alle Probleme anhört, die dein Kind gerade wälzt – schaut, wie ihr es schafft, diese Emotionen freizulassen.
  • Neben den Problemen ist der Blick auf die schönen Dinge des Tages eine großartiges Ritual. Überlegt zusammen, wofür ihr dankbar seid, was euch der Tag Gutes gebracht hat. Wichtig ist, dass auch du die Gedanken zu deinem Tag (kindgerecht) teilst und zeigst, wofür du dankbar bist. Ihr könnt das schriftlich tun und ein Dankbarkeits-Glas füllen, oder euch kuschelnd im Bett davon erzählen.
  • Zum Tagesrückblick gehört auch, darauf zu schauen, was dein Kind heute alles geschafft hat. In welchen Momenten hat es sich etwas getraut? Was hat es neues gelernt? Welche Herausforderung hat es gemeistert? Darauf zu schauen, gibt deinem Kind ein gutes Gefühl vor dem Einschlafen. Nämlich, dass es in der Lage ist, Probleme zu lösen. Dann ist alles, was gerade noch im Kopf herumspukt, nur noch halb so schlimm.

Noch mehr Tipps gegen Stress mit den Kindern

Hilfreich sind übrigens auch wiederkehrende Wochenrituale. So kann dein Kind sich orientieren und findet Sicherheit in eurer Familienstruktur. Wenn es weiß, montags bringt Mama mich ins Bett, dienstags ist Papa dran, wird es viel weniger Diskussionen darum geben. Und du kannst dich schon nachmittags auf deinen freien Abend freuen – und bist dadurch direkt entspannter.

Ihr könnt feste Abläufe auch in einem selbstgemachten Kalender verbildlichen. Es sorgt für eine schöne Bindung, wenn ihr euch als Familie gemeinsam überlegt, welche Rituale ihr haben wollt. Einen festen Spieleabend? Freund:innen-Tag? Einen Ausflugstag am Wochenende? Schaut, was zu euch passt, ohne euch mit zusätzlichem Stress zu belasten.

Der wichtigste Tipp lautet: Ausprobieren und Durchhalten. Rituale müssen länger eingeübt werden, bis sie ihre Wirkung entfalten. Vielleicht hast du eine Zeit lang das Gefühl, es ändere sich nichts und es bleibt ein Irrenhaus bei euch, egal, was du tust. Bleib dran, bleib ruhig und versuche es weiter.

Ein Gedanke dürfte dich beruhigen: Kinder, die motzen, trauen sich, ihre Gefühle auszuleben. Ohne Angst, ihr Gegenüber dadurch zu verlieren. Das ist ein Zeichen für eine starke Eltern-Kind-Beziehung. Das ist doch was! 

Verwendete Quellen: mein-erziehungsratgeber.de, "Starke Rituale, starke Familie"

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