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Urlaub zu viert Einer mault immer

Kolumne: Lieber echt als perfekt - Urlaub zu viert
© Yurii Onyshchenko/shutterstock
Wir wollen das Leben umarmen, doch manchmal stellt es sich bockig an und umarmt einfach nicht zurück. Unsere Redakteurin Lea Kästner kommt da ganz schön oft ins Grübeln. Dieses Mal war sie mit ihrer Familie im Urlaub. Auch wenn es schön war – einer meckert irgendwie immer.

So ein Urlaub zu zweit kann sich ja schon als schwierig erweisen, wenn der eine am liebsten den ganzen Tag am Strand in der Sonne vor sich hin brutzeln möchte, während der andere lieber in Städten von Sightsseeing-Spot zu Sightseeing-Spot jetten will. Am Urlaubs-Dilemma sind schon so manche Beziehungen und Freundschaften auf immer und ewig zerbrochen. Nicht bei mir, dem Himmel sei Dank, aber ich höre es mit großer Bestürzung immer wieder. Mit einer guten Portion Kompromissbereitschaft lässt sich in den meisten Fällen sicherlich ein Mittelweg finden. Kompromissbereitschaft findet man in meiner Familie, zumindest bei meinen Kindern, eher selten. Das bekam ich auch in unserem kürzlich verbrachten Sommerurlaub wieder zu spüren.

Basteln statt Yoga

Unser jährlich angesteuerter Campingplatz hat alles, was Kinderherzen höher schlagen lässt: Spielplatz, Pool, Hüpfburg und sogar ein kleines Kinderanimationsprogramm samt Bastelstunde und Mini Disco. Naiv träumend hatte ich mir vor dem Urlaub ausgemalt, wie ich allmorgendlich im Sonnenschein in den Dünen mein kleines Yogaprogramm genieße oder am Strand joggen gehe, während die Kinder beim Basteln ihren Spaß haben. Die Realität sah in Teilen anders aus. Teil 1: Meine Tochter kreierte tatsächlich jeden Morgen mit großer Freude Tierfiguren aus Knetschaum oder bunte Perlenketten. Teil 2: Ich machte kein Yoga, sondern musste im Bastelraum neben ihr sitzen und mitbasteln. Jeden (!) Morgen zwei Stunden. Mein Sohn hatte von vornherein keine Lust. Mein Vorschlag, sie könnten doch zusammen mit den anderen netten Kindern basteln, war auf regelrechtes Entsetzen und einen handfesten Bockigkeits-Anfall gestoßen. So kann ich auf meinem Urlaubskonto zwar null Yogastunden verbuchen, dafür haben wir jetzt aber vier Perlenarmbänder, sechs mit sogenanntem „Foam Clay" beklebte Spardosen, drei durch Glitzersteine verzierte Notizblöcke, fünf Schlüsselanhänger, einen Toilettenrollen-Elefant und einen Papier-Zirkushut. Die Herstellung dieser Objekte war zwar auch leicht meditativ wirksam, hatte aber angesichts der holländischen Karnevalsmusik und des Trubels an der Bastelstation nicht viel mit meinem kleinen Yogatraum gemein.

Radtour des Schreckens

Für die Nachmittage hatten wir eine Reihe schöner Ausflüge geplant – kindgerecht, abwechslungsreich, für jeden was dabei. Doch einer maulte immer. Entweder war zu viel Sand am Strand, der Fußweg zu lang oder der Spielplatz zu öde. Ein Highlight sollte eine kleine Radtour mit einem Tandemfahrrad sein, was – ich betone – die Kinder sich gewünscht hatten. Was für ein Spaß: Ein Kind sitzt vorne, ein Erwachsener hinten – es sollte gut gelaunt über die Insel gehen. Eines dieser Fahrräder konnte ich für nicht wenig Geld morgens beim Radverleih ergattern. Doch dann gab es den ersten nervlichen Zusammenbruch beim Sohn, weil wir nur eines dieser Fahrräder hatten, und sich die Kinder auf einem der Kinderräder abwechseln mussten. Da die Schwester zu klein für sein Mountainbike war, musste er mit ihrem Rad vorlieb nehmen. Böse Eltern! Mürrisch und meckernd eierte er also das erste Stück auf ihrem lila Mädchenfahrrad hinter uns her. Nach halber Strecke wechselte er glücklich aufs Tandem. Doch nun maulte die Tochter ­– zu müde, zu heiß, ich muss mal.

Der tollste Urlaub

Mir drängten sich Fragen auf. Hatten die Kinder überhaupt Spaß am Urlaub? Sollten wir zukünftig eine andere Art Ferien wählen? Sind wir wirklich böse Eltern? Doch als ich auf der Fahrt nach Hause fragte, ob ihnen der Urlaub gefallen hatte, kam ein begeistertes „Jaaaaa!“ vom Rücksitz. „Das war der tollste Urlaub!“ Und das stimmt. Wenn man sich damit abgefunden hat, es sowieso niemals allen recht machen zu können, kann man das Ganze viel entspannter sehen. Und wenn ich ehrlich bin, bastele ich ziemlich gern ...

Bereits erschienene Kolumnen von Lea Kästner:

Urlaubsvorbereitungen mit Kindern – Hilfe, ich muss packen!

Die große Panikmache – Wie mich andere Mütter in den Wahnsinn treiben

Wäscheberg oder Waschbrettbauch – Vom Druck besser sein zu wollen

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