Den Deutschen sind Kinder nicht mehr so wichtig. Das geht aus der aktuellen Vermächtnisstudie hervor, die das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, das infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft und "Die Zeit" gemeinsam durchgeführt haben. Mehr als 4.200 Menschen wurden dafür Fragen zu anhaltender Ungleichheit zwischen den Geschlechtern und ihren Folgen gestellt.
Unter anderem beantworteten die Teilnehmer:innen dieselben Fragen wie schon 2015: Wie wichtig sind Ihnen eigene Kinder? Wie wichtig sollten sie kommenden Generationen sein? Wie wichtig werden sie der Gesellschaft sein?
Die Antworten kamen von Eltern und Kinderlosen im Alter von 23 bis 45 Jahren. Das Ergebnis ist ernüchternd.
Elternschaft verliert an Bedeutung
Für Kinderlose sind eigene Kinder noch unwichtiger geworden. Aber auch bei den Eltern hat sich etwas verändert, vor allem die Antwort auf die Frage: "Wenn es nach Ihnen persönlich ginge: Wie wichtig sollte es allen Menschen in Zukunft sein, eigene Kinder zu haben?" Auf einer Skala von 1 bis 7 – wobei sieben die größte Zustimmung ist – sackte der Wert von 6,1 auf 4,7 ab. "Eltern sehen die eigene Elternschaft heute viel weniger als Zukunftsnorm an als noch 2015", so das Fazit. Sie näherten sich in ihrer Einstellung dazu den Kinderlosen an.
"Die Zeit" sieht einen der Gründe in dem seit der Corona-Pandemie erschütterten Vertrauen der Eltern, vorwiegend aber der Mütter, in die Politik. Viele Mütter hätten mit Stress, Erschöpfung und Einsamkeit zu kämpfen gehabt und seien von der Politik vergessen worden.
An Mütter hängt die Familien-Organisation
Einen viel diskutierten Punkt, der in Pandemie-Zeiten deutlich zutage trat, nimmt die Studie auch unter die Lupe: den Mental Load der Mütter.
Erstmals wurde in der Vermächtnisstudie erfasst, wer die Planung und Organisation von alltäglichen Dingen übernimmt– und dabei auch die unsichtbare kognitive Arbeit berücksichtigt, die im Familienleben anfällt.
Das Ergebnis dürfte viele Mütter nicht überraschen, ist aber dennoch aufrüttelnd: Frauen schultern überwiegend die Kinderbetreuung, das Putzen, Waschen und Einkaufen – und zwar völlig unabhängig davon, ob sie in Vollzeit arbeiten, in Teilzeit oder gar nicht. Die Aufteilung bleibt bei Paaren unabhängig vom Erwerbsumfang der Frauen gleich. "Die Arbeitsteilung zu Hause ist eine Hürde für die Gleichstellung"" heißt es in der Studie. "Alles im Griff zu haben und den Überblick zu behalten ist nach wie vor Frauensache."
Männer und Frauen beantworteten jeweils die Frage "Wer denkt an und plant folgende Dinge?" In der Liste von insgesamt 21 Aufgaben, die organisiert werden müssen, liegen nur drei überwiegend in der Verantwortung von Männern: Reparaturen, Handwerker und Finanzen. Das sind Aufgaben, die nicht täglich anfallen.
Auf der anderen Seite stemmen Frauen überwiegend: Geburtstage und Geschenke, Kleidung, Freunde treffen, Essen, Schlafbegleitung, Terminkoordination, Einkäufe, Freizeitgestaltung, Urlaubsplanung, Haushaltsaufgaben. Um nur einige zu nennen.
Männer finden die Verteilung fair
"Männer gehen häufiger als Frauen davon aus, dass die mentale Arbeit fair verteilt ist, also von beiden im gleichen Umfang übernommen wird. Frauen hingegen sehen die Last deutlich bei sich", heißt es in der Studie. "Eine große Belastung, die nicht gesehen wird und für die es wenig bis keine Anerkennung gibt."
Verwendete Quellen: zeit.de, zeit-verlagsgruppe.de