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Eltern haften für ihre Kinder

Dieser Satz steht auf Tausenden von Schildern. Wann trifft er wirklich zu? ELTERN family hat nachgefragt.

Aufsichtspflicht

Ein sieben Jahre altes Kind spielt ohne Aufsicht draußen. Haften die Eltern, wenn es etwas anstellt? Nur wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben und das Kind deswegen einen Schaden anrichtet. Ansonsten haften Eltern nicht automatisch für ihre Kinder.
Wie viel Aufsicht von Eltern verlangt wird, hängt von Alter, Entwicklung und Charakter des Kindes ab, aber auch von Spielzeug und der konkreten Situation. Diese Leitlinien sind nicht sehr präzise, doch so viel lässt sich sagen: Ein Zweijähriger bleibt im Porzellanladen besser an der Hand, im Bekleidungsgeschäft ist das nicht unbedingt nötig. Ein Siebenjähriger kann im Normalfall auch ohne Daueraufsicht spielen, aber nicht gerade mit Pfeil und Bogen oder auf einer Baustelle.
Passiert trotz ausreichender Aufsicht etwas, haften die Eltern nicht. So das Landgericht München, als ein Achtjähriger überraschend ein Auto zerkratzte (6 S 578/04). Im Wiederholungsfall hätte es allerdings schlechter ausgesehen: Eltern müssen sich ein Bild von Charakter, Beschäftigung, Freunden und Spielorten ihrer Kinder machen.
Besonders kritisch wird es beim Thema Feuer: Streichhölzer und Feuerzeuge gehören außer Reichweite. Und wenn Eltern wissen, dass ihr Kind gern zündelt, sollten sie ab und zu die Taschen kontrollieren. Die Eltern müssen im Streitfall nämlich beweisen, dass sie alles zur Beaufsichtigung Notwendige getan haben.

Teenager

Ein 14-Jähriger unternimmt viel allein. Wie weit sind Eltern verantwortlich für das, was er tut? Bei Älteren gelten andere Maßstäbe. Zwar wird auch hier erwartet, dass die Eltern darauf achten, wie, wo und mit wem ihre Kinder unterwegs sind, aber sie müssen sie nicht auf Schritt und Tritt überwachen. Die Gerichte sind im Allgemeinen zufrieden, wenn die Eltern auf Fehlverhalten wie Schuleschwänzen, Gewalt, Drogen oder auf Auffälligkeiten - zum Beispiel plötzlicher Leistungsabfall, Aggressivität - reagieren. Wenn Eltern also zum Beispiel den Kontakt zu bestimmten Freunden untersagen oder verbieten, bestimmte Lokale zu besuchen, wird das vom Gericht gewürdigt. Dasselbe gilt, wenn Eltern eine Erziehungsberatung oder andere professionelle Hilfe aufsuchen.
Geschieht trotz allem etwas, haften die Eltern nicht. So das Oberlandesgericht Frankfurt im Fall der Mutter eines 14-jährigen Brandstifters. Begründung: Sie hatte keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich in schlechter Gesellschaft befand und vorsätzlich Feuer legen würde (1 U 185/04).

Fahrradfahren

Ein Kind lernt gerade Fahrradfahren. Was, wenn es an ein geparktes Auto schrammt? Eltern müssen dafür sorgen, dass ihr Kind an seinen Übungsplätzen keinen Schaden anrichten kann und zu geparkten Autos einen Sicherheitsabstand einhält. Radelt das Kind allerdings sicher, erfüllen die Eltern ihre Aufsichtspflicht, wenn sie es über die Risiken belehren und es entsprechend seinen Fähigkeiten und seiner Einsicht fahren lassen. Schrammt es trotzdem an ein Auto, müssen die Eltern dafür nicht aufkommen. Hinweis: Kinder unter zehn Jahren haften bei Unfällen mit Autos grundsätzlich nicht. Doch das gilt nicht bei geparkten Autos - dort haften Kinder für Schäden bereits ab sieben Jahren.

Telefonrechnung

Wie kann ich mich vor Überraschungen bei der Telefonrechnung schützen? Im Festnetz sind R-Gespräche auf Kosten des Angerufenen bei Kindern das größte Risiko. Sie sind möglich nur ins Telekom-Festnetz: Ein Computer nennt Anrufer, Gebühren und Tastenkombination für die Annahme des Gesprächs. Das wird bei Minutenpreisen bis deutlich über einen Euro schnell teuer. Die meisten Gerichte lassen den Anschlussinhaber zahlen, auch wenn ein Kind R-Gespräche ohne Erlaubnis angenommen hat. Andere verschonen ihn beim ersten Mal. Hat das Kind aber trotz Verbotes R-Gespräche geführt, verlangen die Gerichte wirksame Maßnahmen, etwa, den Anschluss bei den Anbietern für R-Gespräche, R-Talk (www.r-talk.de) oder Telekom (www.telekom.de) kostenlos für R-Gespräche sperren zu lassen.

0190 und Co: Gebühren, die Kinder über "Mehrwertdienste", TV-Gewinnspiele und Ähnliches verursachen, muss der Anschlussinhaber immer zahlen, sogar wenn er diese Nummern bei einer ISDN-Anlage gesperrt und das Kind sie wieder freigeschaltet hat. Sicherheit gibt hier nur die Sperre beim eigenen Netzanbieter, also etwa der Telekom.
Hinweis: Wer Probleme befürchtet, sollte Telefonrechnungen mit Einzelverbindungsnachweis verlangen. Das erlaubt im Schadensfall gezielte Ursachenforschung. Außerdem Rechnungen im Zweifel nur "unter Vorbehalt" zahlen. Das hält den Weg zu Überprüfung und Rückforderung offen.

Schuldenfalle Handy

Ein Handy gilt als Schuldenfalle. Was kann passieren? Die Eltern haften nur für ein Handy, dessen Vertrag auf ihren Namen läuft. Wenn sie dem Kind ihr Handy geben, müssen sie die Rechnung zahlen.
Das größte Risiko für das Kind ist der eigene Handy-Vertrag - der geht bis 18 nur mit Einverständnis der Eltern, die allerdings trotz dieser Genehmigung nicht haften. Was bedeutet das? Rechnungen müssen vom Kind beglichen werden. Kann es das nicht, muss es verklagt werden, sonst verjährt die Angelegenheit nach drei Jahren.
Prepaid-Karten bieten Sicherheit für Eltern und Kind: Mehr als das Kartenguthaben kann das Kind nicht ausgeben. Allerdings werden immer wieder Tricks versucht, um an die Guthaben zu kommen - über Abos für Klingeltöne und Logos bis zu Handy-Payment, also die Bezahlung etwa von Internetangeboten wie Hausaufgabenseiten über das Handy. Rechtlich stehen die Chancen gegen diese Tricks nicht schlecht: Diese Geschäfte gelten - anders als etwa einzelne Premium-SMS - nicht als zusammen mit der Überlassung des Handys von den Eltern genehmigt.

Extrakosten über's Internet

Internet - ein Kind surft allein. Was, wenn es dabei Dienste mit Extrakosten ordert, bei Ebay mitsteigert oder etwas bestellt? Schlecht sieht es bei gesondert berechneten "Mehrwertdiensten" aus, die mit der Telefonrechnung bezahlt werden. Da muss der Anschlussinhaber für die Nutzung des Anschlusses durch Dritte einstehen, sofern er dies "zu vertreten" hat. Und das hat er praktisch immer! Ausnahme: Ein Kind hatte einen so genannten Dialer heruntergeladen, der angeblich die Datenübertragung beschleunigen sollte, tatsächlich aber sämtliche Verbindungen ins Internet über eine teure 0190-Nummer laufen ließ. Löschen des Dialers half nichts, weil er vorher den Computer manipuliert hatte. Damit konnte der Anschlussinhaber nicht rechnen, er muss die in vier Monaten aufgelaufenen 9000 Euro nicht zahlen, entschied der Bundesgerichtshof (III ZR 96/03).
Eindeutiger ist die Rechtslage, wenn ein Kind durch Angabe der Kreditkartendaten der Eltern im Internet bezahlt. Dann muss das Kartenunternehmen auf Widerspruch der Eltern die Belastung rückgängig machen. Aber Vorsicht: Bei leichtsinnigem Umgang mit den Kartendaten drohen dem Karteninhaber Schadensersatzforderungen.
Gut ist die rechtliche Situation bei Online-Käufen des Kindes: Die sind ohne Genehmigung der Eltern nicht rechtswirksam, müssen also weder abgenommen noch bezahlt werden. Ist der Online-Verkäufer Profi, kommt dazu - auch bei Ebay - noch das zweiwöchige Rückgaberecht, das jeder private Internetkäufer hat.

Girokonto

Mit 16 das erste Girokonto - gibt es Risiken? Nein. Die Eltern haften nicht für Kontoverbindlichkeiten ihrer Kinder; die Kinder werden durch das Gesetz wirksam geschützt: Kinder ab sieben können zwar mit Zustimmung der Eltern ein eigenes Girokonto haben, aber grundsätzlich nur in den schwarzen Zahlen. Ein Überziehungskredit - auch per Bankkarte zum Konto - geht nur mit Einwilligung der Eltern plus dem Vormundschaftsgericht. Das ist eine doppelte Sicherung gegen Schulden des Kindes.
Und auch sonst kann ein Teenager nicht einfach über sein Konto verfügen, er braucht eine gesonderte Einwilligung. Die Eltern können sie pauschal geben oder auf bestimmte Verfügungen wie Einzahlungen oder Barabhebungen und auf Höchstbeträge beschränken. Das sichert die Kontrolle, wenn etwa von den Großeltern größere Beträge auf das Konto fließen. Jobbt das Kind zum Beispiel, darf es selbst ein Konto eröffnen, ohne Überziehungskredit.
Hinweis: Visa bietet jetzt für Jugendliche ab 14 eine Prepaid-Karte an. Sie ist kostenlos und erleichtert das Zahlen sowie Shoppen im Internet und überall, wo Visa akzeptiert wird - bis die Karte leer ist. Es gibt also keine Schuldenfalle. Die Eltern müssen zustimmen.

Babysitten & Co.

Kinder hüten. Die Eltern dürfen es nur erlauben, wenn ihr Kind grundsätzlich für diesen Job geeignet ist, also etwa das nötige Verantwortungsbewusstsein zeigt. Dann haften sie nicht, wenn trotzdem etwas passiert.
Besuch bei Freunden. Die Aufsichtspflicht liegt bei den Eltern der Freunde. Die Eltern des Besuchers müssen aber dafür sorgen, dass ihr Kind nichts Gefährliches wie Taschenmesser oder Feuerzeug mitbringt.
Schwarzfahren. Wenn das Kind ohne Eltern schwarzfährt, müssen weder Kind noch Eltern das erhöhte Fahrgeld zahlen, haben wiederholt Gerichte entschieden. Ab 14 ist Schwarzfahren aber grundsätzlich strafbar. Es wird jedoch nur verfolgt, wenn die Verkehrsbetriebe Anzeige erstatten.

Wichtiges in Kürze

• Für Schäden haften Kinder ab sieben selbst, vorausgesetzt, sie sind in der Lage, die Gefährlichkeit ihres Tuns einzusehen (Ausnahme: Unfälle mit Kraftfahrzeugen, s. oben). Es gibt für die Haftung keine Obergrenze, das Kind muss den vollen Schaden ersetzen, auch wenn es den sein Leben lang nicht bezahlen kann.
• Die Eltern müssen für den Lebensunterhalt ihrer Kinder aufkommen. Das umfasst aber nicht deren Schulden, etwa aus einem Schadensfall. Die Unterhaltspflicht führt also nicht zu einer Haftung für die Kinder durch die Hintertür.
• Ab sieben können Kinder Geschäfte abschließen, aber - auch bei Kleinigkeiten - nur mit Genehmigung der Eltern. Fehlt diese Genehmigung, werden weder Kind noch Eltern verpflichtet zu zahlen bzw. können sie den Kauf rückgängig machen. Das gilt selbst dann, wenn das Kaufobjekt verloren oder kaputtgegangen ist. Und: Auch Käufe mit Geld etwa von den Großeltern brauchen die Genehmigung der Eltern.
• Der Taschengeldparagraf ist eine Ausnahme von diesen Regeln: Auch ohne Elternplazet ist der Vertrag eines Minderjährigen ab sieben wirksam, wenn er mit Geld bezahlt hat, das er von seinen Eltern oder mit Einverständnis der Eltern von anderen für dieses Geschäft oder zur freien Verfügung bekommen hat.
• Ab 14 sind Jugendliche strafrechtlich verantwortlich.

Haftplicht muss sein

Eine Privathaftpflichtversicherung ist für Familien mit Kindern unverzichtbar. Die Versicherung schützt für Jahresprämien ab etwa 50 Euro die ganze Familie. Sie kann Eltern, vor allem aber die Kinder vor lebenslangen Schulden bewahren.
Die meisten Policen gelten ohne Aufschlag auch für Paare ohne Trauschein und Patchwork-Familien, wenn der nicht verheiratete Partner und dessen Kinder im Antrag genannt sind. Die Versicherung springt bei fahrlässig und grob fahrlässig verursachten Schäden ein, nicht bei Vorsatz. Sie zahlt also, wenn die Scheune durch das Zündeln eines Achtjährigen Feuer fängt, nicht aber, wenn er sie absichtlich in Brand setzt.
Hinweis: Eine Haftpflichtpolice schützt nicht gegen alles. Hohe Telefonrechnungen durch 0190-Nutzung, Handykosten durch Klingelton- oder Logoabos, Dialer aus dem Internet - darum kümmern sich die Assekuranzen nicht.

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