Junge Fahrer verursachen mehr Unfälle
Mit 18 Jahren steht bei den meisten Fahranfängern das cool sein im Vordergrund. Wer den Führerschein hat, wird von Gleichaltrigen bewundert und respektiert und wer seine Freunde dann noch zur nächsten Party in die Nachbarstadt kutschiert, ist sowieso der Held. Doch oft überschätzen sich die jungen Autofahrer auf Disko-Touren oder beim Überholen auf der Landstraße. Seit Jahren sind an einem Fünftel der Unfälle im Bundesgebiet junge Fahrer zwischen 18 und 24 Jahren beteiligt - meist als Hauptschuldige.
Erfahrung sammeln in Begleitung
Niedersachsen testet schon seit April 2004 ein Modell, um diese hohe Unfallrate in den Griff zu bekommen. Beim "begleiteten Fahren ab 17" können Jugendliche schon ein Jahr vor der Volljährigkeit ihren Führerschein machen und dann bis sie 18 Jahre alt werden in Begleitung eines Erziehungsberechtigten Fahrpraxis sammeln. Wenn die jungen Erwachsenen dann selbstständig fahren dürfen, haben sie entsprechend Übung im Verkehr und damit auch ein geringeres Risikoniveau.
Österreich, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz und Schweden praktizieren das Modell schon seit einigen Jahren und die Ergebnisse sind viel versprechend: In Schweden beispielsweise sank die Unfallrate der Fahranfänger um rund 40 Prozent. Ein Grund dafür ist nach Ansicht von Verkehrsexperten, dass allein die Anwesenheit einer nicht gleichaltrigen Person mäßigend auf das Fahrverhalten wirkt. Vor Mama oder Papa muss man sich schließlich nicht so lässig geben wie vor Freund oder Freundin. Und wenn es mal brenzlig werden sollte, hat der erfahrene Fahrer nebenan vielleicht die bessere Übersicht und kann den Anfänger warnen.
So funktioniert das Modell
- Sechs Monate vor dem 17. Geburtstag können Jugendliche mit der Fahrschulausbildung beginnen.
- Mit 17 bekommen sie dann die Fahrerlaubnis und dürfen in Begleitung eines Erwachsenen fahren. Der Beifahrer muss in manchen Bundesländern ein Erziehungsberechtigter sein, grundsätzlich gilt aber, dass derjenige mindestens 30 Jahre alt sein muss und schon mehr als fünf Jahre den Führerschein Klasse B (früher 3) besitzt. Außerdem darf er nicht mehr als 3 Punkte im Verkehrszentralregister in Flensburg haben.
- Manche Länder verpflichten auch noch zu einer 90-minütigen Vorbereitungsveranstaltung für Fahranfänger und Beifahrer.
- Der befristete Führerschein gilt nicht im Ausland, erst mit 18 Jahren bekommt der Jugendliche den EU-Kartenführerschein, mit dem er allein und in ganz Europa fahren darf.
Verschiedene Regelungen in den Bundesländern
Die einzelnen Bundesländer entscheiden unabhängig darüber, ob und wann sie das Modell einführen wollen. Der Bundestag hat lediglich eine Richtlinie erlassen, in der die oben genannten Punkte zusammengefasst sind.
Welche Länder machen mit? In Niedersachsen, Hamburg und Bremen und Bayern wurde der Führerschein ab 17 bereits eingeführt. Schleswig-Holstein will zum 1. Oktober einsteigen, Rheinland-Pfalz zum 1. November, Nordrhein-Westfalen und das Saarland bis Ende des Jahres. In Sachsen wird der Führerschein ab 17 voraussichtlich ab Anfang 2006 möglich sein. Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Berlin wollen sich zunächst die Erfahrungen aus anderen Ländern ansehen und dann über die Einführung des Modells entscheiden.
Bundesländer, die den Führerschein ab 17 ablehnen sind Baden-Württemberg, Thüringen, Hessen und Sachsen-Anhalt. Gegenargument in Hessen ist, dass an jugendliche Fahrer im Ballungsraum des Rhein-Main-Gebiets sehr hohe Ansprüche gestellt würden. In Baden-Württemberg wird argumentiert, dass die Verkehrssicherheit durch das neue Modell leiden würde. Die Begleitperson könne schließlich nicht wie ein Fahrlehrer durch eigene Pedale eingreifen.
Informationen über länderspezifische Regelungen, Kosten und Voraussetzungen gibt es bei den örtlichen Fahrschulen. Die bisherigen Erfahrungen aus dem Modellversuch in Niedersachsen sind auf der Seite www.begleitetes-fahren.de dokumentiert.