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„Und, ist eure Wohnung schon kindersicher?“ – diesen Spruch haben wohl alle (werdenden) Eltern eines Tages mal zu hören bekommen. Doch die Frage ist berechtigt: In den ersten Lebensjahren ereignen sich 44 Prozent aller Unfälle im häuslichen Umfeld und laut Expert:innen der Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder e.V. ließen sich viele dieser Unfälle mit der richtigen Prävention vermeiden. Es kann also auf keinen Fall schaden, wenn ihr euch bereits vor dem Einzug eures Babys Gedanken über eine kindersichere Umgebung macht. Außerdem ratsam: Macht einen Erste-Hilfe-Kurs für Eltern – so wisst ihr, was bei einem Notfall zu tun ist. Aber damit es erst gar nicht so weit kommt, haben wir euch hier die größten Gefahrenquellen im Haushalt aufgeführt.
Gift im Haushalt: Rohrreiniger und Co.
Pro Jahr erleiden etwa 19.000 Kinder eine Vergiftung, am häufigsten durch die Einnahme von Haushaltsprodukten wie Reinigungsmittel, Hygieneartikel oder Medikamente. Deswegen bewahrt ihr Rohrreiniger, Nagellackentferner, Schmerzmittel und Co. am besten absolut unzugänglich auf. Füllt Chemikalien zudem niemals in leere Getränkebehälter um und greift auf Produkte mit kindersicherem Verschluss zurück. Und auch Pflanzen können giftig sein: Wenn ihr einen Garten habt, pflanzt sicherheitshalber nur unbedenkliche Gewächse an.
Was ist im Notfall zu tun?
Hat euer Kind eine potenziell giftige Substanz verschluckt, ruft den Notarzt und im Anschluss den Giftnotruf. Die Notrufnummern für euer Bundesland findet ihr hier. Wichtig ist, dass ihr möglichst genaue Auskunft über die Art der Substanz geben könnt – schaut euch dazu die Verpackung des Produktes an und gebt die Inhaltsstoffe an den Giftnotruf und den Rettungsdienst weiter. Wenn sich euer Kind erbricht: Unterstützt es dabei, aber führt kein aktives Erbrechen herbei. Auch ist es nicht immer ratsam, sofort Wasser zu geben. Wartet am besten ab, welche Erste-Hilfe-Maßnahmen euch der Giftnotruf mitteilt und setzt diese um, bis der Rettungswagen eintrifft.
Vorsicht, Erstickungsgefahr: Kleinteile
Babys lieben es, Dinge in den Mund zu nehmen und machen dabei auch vor Kleinteilen wie Knöpfen, Geldmünzen oder den Spielsteinen des Geschwisterkindes keinen Halt – was zu folgenschweren Unfällen führen kann. Denn werden die kleinen Gegenstände verschluckt und landen statt in der Speise- in der Luftröhre, kann es schlimmstenfalls zum Ersticken kommen. Achtet also darauf, dass alles, was kleiner als ein Tischtennisball ist, nicht in die Reichweite eures Babys gelangt. Gebt eurem Kind zudem nur altersgemäße Lebensmittel: Nüsse, Popcorn, Bonbons, ganze Weintrauben oder Kirschtomaten, rohe Karotten, Blaubeeren und Rosinen solltet ihr eurem Baby auf keinen Fall geben. Wenn ihr ganz sichergehen wollt, wartet damit bis zum 4. Geburtstag.
Weitere Alltagsgegenstände, die zum Ersticken führen können, sind Plastiktüten und Bänder oder Schnüre, die sich um den Hals eures Kindes wickeln können und somit die Luft abschnüren (hierzu zählen auch überlange Schnullerketten oder Bernsteinketten). Und auch Truhen, Wandschränke oder große Haushaltsgeräte wie Wäschetrockner und Waschmaschine können zur Gefahr werden: Klettert euer Kind hinein und kann sich nicht mehr selbst befreien, kann es auch hier durch Sauerstoffmangel zum Ersticken kommen. Also am besten immer verschlossen halten.
Eine weitere Gefahrenquelle sind Decken im Babybett: Rutscht diese über das Gesicht eures Babys, kann es ebenfalls zum Ersticken kommen. Nutzt daher in den ersten 12 Lebensmonaten einen Schlafsack und verzichtet auf Kuscheltiere oder andere Dinge im Bett.
Was ist im Notfall zu tun?
Hat euer Kind sich an einem Gegenstand verschluckt und bekommt keine Luft mehr, wählt sofort den Notruf. Legt euer Kind mit Kopf und Bauch nach unten über euer Bein oder euren Unterarm und klopft kräftig zwischen die Schulterblätter. Wenn der Gegenstand herausgehustet wird, ist die Gefahr gebannt. Bei einem Erstickungsanfall kommt es auf schnelles und gezieltes Handeln an, daher ist ein Erste-Hilfe-Kurs für Eltern eine gute Investition. Bekommt euer Kind nach dem Verschlucken Luft, aber der Gegenstand bewegt sich nicht mehr heraus, sucht in jedem Falle eine ärztliche Einrichtung auf.
Achtung, heiß: Gefahrenzone Küche
Wasserkocher, Kaffeemaschine oder der heiße Tee auf dem Esstisch: Alle Küchengeräte, die heiße Flüssigkeiten beinhalten und heiße Getränke selbst, immer außer Reichweite von Kindern platzieren. Wichtig ist auch, dass keine Kabel herunterhängen und euer Kind sich so die Kaffeemaschine runterziehen könnte. Bei Hautkontakt mit heißen Flüssigkeiten besteht akute Verbrühungs- und Verbrennungsgefahr. Sichert die Herdplatten und den Backofen zudem mit Kindersicherungen ab – auch hier kann es zu Verbrennungen kommen.
Was ist im Notfall zu tun?
Wenn sich euer Kind mit heißer Flüssigkeit übergossen und großflächig verbrüht oder verbrannt hat, wählt sofort den Notruf. Zieht die nassen Kleidungsstücke aus – sofern diese nicht mit der Haut verklebt sind. Denkt hier unbedingt auch an die Windel: Diese kann sich mit der heißen Flüssigkeit vollgesogen haben und den Intimbereich verbrühen. Wenn nur eine kleine Stelle betroffen ist, könnt ihr diese mit Leitungswasser kühlen und dann einen Arzt aufsuchen. Besser nicht: Brandblasen aufstechen, eigenmächtig Salben oder andere Substanzen auf die Haut auftragen oder mit Kühlpacks an die Verletzung gehen.
Klein, aber gefährlich: Knopfzellenbatterien
Knopfzellenbatterien finden sich mittlerweile wohl in jedem Haushalt: Die runden Mini-Batterien stecken zum Beispiel in kleinen Fernbedienungen, Armbanduhren oder auch in elektronischem Spielzeug. Die glänzende, glatte Oberfläche und die geringe Größe verleitet Kinder dazu, die Knopfzelle in den Mund zu nehmen und möglicherweise herunterzuschlucken – was fatale Folgen haben kann. Bleibt die Knopfzellenbatterie in der Speiseröhre stecken, kann es dort zu schweren Verletzungen wie Verätzungen oder sogar einem Loch in der Speiseröhre kommen. Bewahrt die kleinen Batterien also unbedingt kindersicher auf und sichert die Batteriefächer von Spielzeug oder zugänglichen Geräten; ihr könnt etwa Klebeband drum wickeln.
Was ist im Notfall zu tun?
Wenn ihr gesehen habt, dass euer Kind eine Knopfzelle verschluckt hat, fahrt sofort ins Krankenhaus. Als Erste-Hilfe-Maßnahme könnt ihr eurem Kind, wenn es älter als 12 Monate ist, etwas Honig geben. Allerdings kann es auch sein, dass ihr den Unfall zunächst gar nicht mitbekommt und die Knopfzelle unbeobachtet im Mund gelandet ist. Folgende Symptome könnten darauf hindeuten, dass eine Batterie verschluckt wurde: Husten und Würgen, starkes Speicheln und Erbrechen, Nahrungsverweigerung sowie unerklärliche Probleme beim Atmen oder Schlucken. Fahrt bei einem Verdacht ins Krankenhaus und lasst euer Kind untersuchen.
Freier Fall: Stürze im Haushalt
Treppe, Hochstuhl, Wickelkommode: Alles, was in die Höhe und folglich auch in die Tiefe geht, bietet das Potenzial für einen gefährlichen Sturz. Mehr als die Hälfte aller Unfälle von Kindern wird durch Stürze verursacht. Sichert eure Treppen – sofern ihr welche habt – daher mit Treppengittern, die sich nicht von eurem Kind öffnen lassen und lasst euer Baby niemals unbeaufsichtigt in einem Hochstuhl sitzen oder auf der Wickelkommode liegen. Und wenn das ältere Geschwisterkind ein Hochbett hat: befestigt eine Sicherung am Aufstieg, damit das jüngere Kind nicht raufklettern kann. Besonders wichtig: Fenstergriffe abschließbar sichern, um einen Sturz aus dem Fenster zu verhindern. Diese enden meistens besonders tragisch; daher auch beim Lüften immer ein wachsames Auge behalten!
Was ist im Notfall zu tun?
Ist euer Kind gestürzt und hat dann das Bewusstsein verloren, wählt umgehend den Notruf. Tragt euer Kind nicht umher und lagert es am besten flach auf dem Boden. Wenn euer Kind nach dem Sturz bei Bewusstsein, aber schläfrig und weggetreten ist, ruft ebenfalls den Rettungswagen an. Dies gilt ebenso bei blutenden Kopfverletzungen, Knochenbrüchen oder einem Schock. Zur Abklärung möglicher Kopfverletzungen wie einem Schädel-Hirn-Trauma oder inneren Bauchverletzungen fahrt ihr auch bei weniger schlimmen Stürzen im Anschluss besser einmal zu viel ins Krankenhaus oder zu Kinderarzt oder -ärztin.
Elektrischer Schlag: Stromquellen absichern
Steckdosen üben einen besonderen Reiz auf Kinder aus: Man kann ganz vorzüglich Dinge in die kleinen Öffnungen stecken. Doch genau hier lauert die Gefahr, die zu einem elektrischen Schlag führen kann. Dieses Risiko könnt ihr einfach mit Steckdosensicherungen minimieren – gibt es sogar in der Drogerie. Vermeidet außerdem, dass euer Kind an angeschlossene Kabel kommt und nutzt besser keine Elektrogeräte im Badezimmer – Haare föhnen also besser nicht neben der vollen Badewanne!
Was ist im Notfall zu tun?
Damit ihr nicht selbst einen Schlag bekommt, müsst ihr zunächst den Stromkreislauf durchbrechen: also am besten sofort alle Sicherungen raus. Dann zieht euer Kind von der Stromquelle weg, ohne es direkt selbst zu berühren. Dafür könnt ihr einen Holzstiel oder eine Decke nutzen. Wählt im Anschluss sofort den Notruf und prüft, ob euer Kind bei Bewusstsein ist und atmet. Ist es zum Atemstillstand gekommen, beginnt umgehend mit einer Herzdruckmassage und der Beatmung. Wenn euer Kind zudem eine Brandwunde erlitten hat, wartet auf die Anweisungen der Leitstelle und ergreift nicht eigenmächtig Maßnahmen.
Quetschungen: Türen und Schubladen
Türen und Schubladen finden sich in jeder Wohnung – und sind die häufigsten Ursachen für Quetschungen bei Kindern; insbesondere von Händen und Fingern. Um das Unfallrisiko zu minimieren, könnt ihr Schubladensicherungen und Türstopper installieren. In den meisten Fällen lassen sich diese später rückstandslos entfernen.
Was ist im Notfall zu tun?
Kühlt die Quetschung mit kaltem Wasser, einem Kühlpack oder Eis-Spray. Achtet dabei drauf, dass ihr nicht zu lange direkt an der Haut kühlt (an den Fingern maximal fünf, ansonsten maximal 20 Minuten). Wenn euer Kind starke Schmerzen hat, sucht euren Kinderarzt oder eure Kinderärztin auf.
Quellen:
- Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Mehr Sicherheit für Kinder e.V.: Kinderunfälle vermeiden, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022.
- Bundesgesundheitsministerium: Prävention von Kinderunfällen, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022.
- Kinderärzte im Netz: Knopfbatterien können für kleine Kinder lebensgefährlich werden, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022.
- Kinderärzte im Netz: Vergiftungen, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022
- Kinderärzte im Netz: Was tun bei Prellungen und Quetschungen?, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022
- Deutsches Rotes Kreuz: Was tun bei einem Stromschlag?, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022.
- Universitätsklinikum Bonn: Verbrennung/Verbrühung bei Kindern, zuletzt aufgerufen am 24.10.2022.