Heute entwickelt rund 10 Prozent der Neugeborenen im ersten Lebensjahr eine Neurodermitis – möglicherweise der Beginn einer Allergiekarriere mit Heuschnupfen, Lebensmittelallergien, bis hin zu allergischem Asthma. Etwa 1-2 Prozent der Babys entwickeln in ihrem ersten Lebensjahr eine Kuhmilcheiweißallergie (lies auch unseren Artikel Kuhmilch fürs Baby).
Die gute Nachricht ist: Dieser Entwicklung kannst du mit frühzeitiger Prävention entgegenwirken, am besten noch in der Schwangerschaft. Die Ernährung der Schwangeren und des Säuglings, saubere Luft und eine große Biodiversität bilden die Hauptfaktoren für ein allergiearmes Leben – von Anfang an.
Ein guter Start: Die richtige Ernährung
Früher erhielten Schwangere den Rat, gewisse Lebensmittel, die als Auslöser von Allergien gelten, sicherheitshalber zu meiden. Dieses zentrale Prinzip der Allergenmeidung gilt heute als überholt. "Es wurde immer deutlicher, dass Verzögern und Vermeiden von Lebensmitteln mit allergenem Potential das Immunsystem von Kindern in eine falsche Richtung programmieren kann", erklärt Prof. Dr. Dr. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitätskinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Gesundheit.
"Ein früher Kontakt zu den vielfältigen Mikroben und Allergenen der Umwelt dagegen mobilisiert die Abwehrkräfte und führt so zu einer normalen Immunantwort und zum Aufbau einer Toleranz gegen Umweltantigene. Fehlen solche Reize, dann ist das Immunsystem gewissermaßen ‚unterbeschäftigt‘ und sucht sich seine Feinde selbst, um sie dann mit unerwünschten, allergischen Immunantworten zu bekämpfen". Wie die Studienlage inzwischen zeigt, lässt sich mit dem Verzicht auf bestimmte Nahrungsmittel das Allergierisiko nicht absenken. Eine eigenmächtige Weglassdiät geht vielmehr auf Kosten der Nährstoffversorgung, was zu Entwicklungsstörungen beim Baby führen kann.
Schwangere und stillende Frauen essen am besten abwechslungsreich, vollwertig und dabei viel frisches Gemüse und Obst. Das sichert – bei Mutter und Kind – nicht nur die Zufuhr wichtiger Ballaststoffe, Vitamine und Mineralstoffe, sondern kann auch das Allergierisiko beim Baby reduzieren. Dein Baby kommt dadurch schon im Mutterleib und beim Stillen mit Spuren fremder Eiweiße, also möglicher Allergene in Kontakt. Es gewöhnt sich daran und lernt, diese potenziellen Allergene zu tolerieren.
Die Vorsorgemaßnahmen gelten insbesondere, wenn in der Familie bereits ein erhöhtes Allergierisiko besteht. Denn vererbt werden nicht bestimmte Allergien, sondern die generelle Anfälligkeit dafür. Das nennt man Atopie. Kommen also bereits bei näheren Verwandten – also Eltern oder Geschwistern – allergische Krankheiten vor, hat das Neugeborene ein größeres Risiko, selbst Allergien zu entwickeln. Das kannst du schon vor und in der Schwangerschaft herausfinden:
Familiäre Vorgeschichte (genetische Veranlagung) | Allergierisiko beim Neugeborenen |
Weder Mutter noch Vater ist Allergiker:in | 5 bis 15 Prozent |
Ein Elternteil ist Allergiker:in | 20 bis 40 Prozent |
Ein Geschwisterkind ist Allergiker:in | 25 bis 35 Prozent |
Mutter und Vater sind beide Allergiker:in | 40 bis 60 Prozent |
Beide Elternteile sind Allergiker:in mit dem gleichen Krankheitsbild | 60 bis 80 Prozent |
Welche Ernährung eignet sich für allergiegefährdete Babys?
Die Deutsche Haut- und Allergiehilfe e.V. empfiehlt, möglichst in den ersten vier Monaten ausschließlich zu stillen. Klappt das aus den verschiedensten Gründen nicht, wird für den Säugling in den ersten vier Monaten ausschließlich geprüfte HA-Nahrung empfohlen.
Bei HA-Nahrung, die zur Allergievorbeugung gedacht ist, wurde das Milcheiweiß in ganz kleine Teile aufgespalten (hydrolisiert). So kann es der Körper nicht als ein Allergen erkennen. Diese Säuglings-Nahrung ist also hypoallergen (HA). Wichtig: Zur Allergievorbeugung NICHT geeignet sind Milchalternativen – und zwar weder pflanzlich (aus Soja, Mandel), noch von anderen Tieren (wie Ziege oder Stute).
Ab dem vollendeten 4. Lebensmonat beginnst du dann mit der Beikost und führst ganz behutsam auch typische Allergene ein, wie zum Beispiel Weizen, Fisch und Hühnerei. Lies dazu auch unseren Artikel Beikost einführen.
Wie erkenne ich eine Allergie beim Baby?
Weil die Darmschleimhaut des Babys anfangs noch recht durchlässig ist, gelangen Allergene jetzt besonders leicht in den Körper und bringen das noch nicht voll ausgebildete Immunsystem dazu, Typ E-Antikörper im Übermaß zu produzieren (das ist die allergische Reaktion). Aus diesem Grund werden Allergien im Säuglingsalter meist durch Nahrungsmittel verursacht. Typische Symptome betreffen daher den Magen-Darm-Bereich:
- Durchfall
- Erbrechen
- Koliken
- Geschwollene Mund- und Rachenschleimhaut
Weitere mögliche Anzeichen für eine allergische Reaktion:
- Nesselsucht (rote, juckende, manchmal nässende Quaddeln auf der Haut)
- Bindehaut-Entzündung
- Fließschnupfen, Niesreiz
- Atemgeräusche (Pfeifen), Luftnot
Hast du den Verdacht, dein Kind könnte eine Allergie oder Unverträglichkeit haben, mach sicherheitshalber einen Termin bei einer Allergologin oder einem Allergologen aus. Es ist wichtig, dass eine gesicherte Diagnose gestellt wird. Am besten geht ihr auch zu einer Ernährungsberatung, um alle Details klären zu können.
Quellen:
- AMF online: S3-Leitlinie Allergieprävention, Stand 11. November 2022
- Bisgaard H., Stokholm J., Chawes BL. et al.: Fish Oil-Derived Fatty Acids in Pregnancy and Wheeze and Asthma in Offspring, The New England Journal of Medicine 2016, zuletzt abgerufen 11.04.2023
- Deutsche Haut- und Allergiehilfe: Ernährung der Mutter in Schwangerschaft und Stillzeit, zuletzt abgerufen 11.04.2023
- Deutscher Allergie- und Asthmabund: Allergien vorbeugen, zuletzt abgerufen 11.04.2023
- Gesund ins Leben: Ernährung zur Allergieprävention beim Kind (2018)
- Kindergesundheit-info.de: Allergien vorbeugen, zuletzt abgerufen 11.04.2023
- Srugo S. et al, Examining the role of pre‐pregnancy weight and gestational weight gain in allergic disease development among offspring: A population‐based cohort study in Ontario, Canada, Paediatric and Perinatal Epidemiology (2021)