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Kinderarzt-Suche Wie finde ich einen guten Kinderarzt für uns?

Untersuchung beim Kinderarzt
© Casanowe / iStock
Was macht einen guten Kinderarzt aus? Dafür gibt es wenig objektive Kriterien. Viel wichtiger ist die Frage: Was will ich für meine Kinder? Eine Annäherung.

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Es ist die Suche nach der eierlegenden Wollmilchsau. Wir wollen, dass der Kinderarzt oder die Kinderärztin fachlich top qualifiziert ist, die Kinder nett in die Behandlung einbindet, ihnen die Angst vor der Untersuchung nimmt, uns Eltern beruhigt und auf mögliche Gesundheitsrisiken hinweist, stets gut erreichbar ist, ein offenes Ohr hat, sich Zeit nimmt, und gleichzeitig möchte niemand lange in der Praxis warten. Das sind viele Anforderungen auf einmal und kaum eine Ärztin wird sie alle erfüllen können. Vielerorts sind Eltern schon froh, wenn sie überhaupt eine Praxis finden, die neue Patienten aufnimmt.

Bundesweit arbeiten rund 7500 Vertragskinderärzte in der ambulanten Versorgung. Jede Ärztin und jeder Arzt untersucht im Schnitt 4410 Kinder, 2010 waren es noch rund zehn Prozent weniger. Gleichzeitig arbeiten mehr Ärztinnen und Ärzte in Teilzeit – auch das führt zu vollen Praxen, und die Arztsuche wird mitunter zum Dauerlauf. Wer im Umkreis von 30 Minuten Fahrtzeit nicht fündig wird, sollte versuchen, über die Krankenkasse oder die Kassenärztliche Vereinigung im Bundesland Hilfe zu bekommen.

Zum Glück sieht es nicht überall düster aus. Die Wahl zu haben, macht es aber nicht immer einfacher: Es gibt Ärztinnen und Ärzte mit dem Zusatz Naturheilkunde und solche ohne, Spezialisten und Allrounder, solche, die spielerisch mit den Kindern umgehen, Teddys in die Behandlung einbinden und mit fröhlich-bunten Wartezimmern punkten, und andere, die eher nüchtern auftreten. Was zu den eigenen Bedürfnissen passt, muss jede Familie für sich herausfinden. Die Suche nach einer guten Kinderärztin oder einem guten Kinderarzt fängt immer bei der Frage an: Was ist mir wichtig?

Fünf Jahre bis zum Facharzt

Mädchen wird vom Kinderarzt untersucht
© HRAUN / iStock

Grundvoraussetzung ist die fachliche Qualifikation. Natürlich soll die Kinderärztin auf dem neuesten medizinischen Stand sein. Jede Kinder- und Jugendärztin hat nach ihrem Medizinstudium eine fünfjährige Facharztweiterbildung absolviert, mindestens drei bis vier Jahre an einer Kinderklinik. Dort durchlaufen die Medizinerinnen die verschiedenen Fachabteilungen, untersuchen per Ultraschall, arbeiten in den Ambulanzen und auf den Intensivstationen. „Das ist wichtig, damit sie als niedergelassene Kinderärztinnen schwerkranke Kinder erkennen und sofort weiterverweisen können“, sagt Prof. Orsolya Genzel-Boroviczény, die am Klinikum der Universität München angehende Kinderärzte ausbildet.

Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich fortzubilden. Pro Jahr müssen sie eine bestimmte Anzahl an Weiterbildungspunkten sammeln. Ob sie sich zu Homöopathie oder zu Fraktursonografie schulen lassen, entscheiden sie aber selbst.

Verstehe ich, was die Ärztin erklärt?

Diese formalen Voraussetzungen sollen ein hohes medizinisches Niveau garantieren. Wie gut der Arzt seinen Job aber tatsächlich macht, können Eltern als Laien nicht beurteilen. Es gibt jedoch einige Kriterien, die helfen, die Behandlungsqualität einzuschätzen. Die Bertelsmann-Stiftung hat gemeinsam mit Wissenschaftlern und Verbraucherorganisationen einen detaillierten Fragebogen für die Bewertung von Kinderärzten erstellt. Daran können sich Eltern orientieren.

Gefragt wird zum Beispiel nach der Arztkommunikation:

  • Hört der Arzt meinem Kind und mir gut zu?
  • Erklärt er Diagnosen, Ursachen und Behand­lungsmethoden so, dass ich alles verstehe?
  • Klärt er mich bei einer Erkrankung über die ver­schiedenen Behandlungsmöglichkeiten auf?

Das sind Punkte, die für eine Ärztin sprechen. „Wir wissen, dass die Arztkommunikation sehr wichtig für den Behandlungserfolg ist“, sagt Josip Stjepanovic von der Bertelsmann-­Stiftung.

Andere Fragen zielen auf die Behandlung:

  • Führt der Arzt körperliche Untersuchungen gründlich durch?       
  • Erkundigt er sich regelmäßig nach der Verträg­lichkeit verordneter Medikamente?
  • Habe ich den Eindruck, dass er an einen Facharzt überweist, wenn dies medizinisch notwendig ist?

Auch solche Aspekte sind wichtig. „Es spricht für die Qualität eines Arztes, wenn er sagt: Das weiß ich nicht, ich verweise Sie an einen Spezialisten“, sagt Burkhard Rodeck, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. „Kinder- und Jugendärzte müssen einen riesigen Bereich abdecken. Keiner weiß alles.“

Spezialisten sind nicht bessere Ärzte

Arztkittel eines Kinderarztes
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Manche Kinderärzte haben eine Zusatzqualifikation etwa in Kinder-Gastroenterologie oder Kinder-Pneumologie. Diese Ärzte kennen sich besonders gut mit dem Verdauungssystem oder Erkrankungen der Lunge aus. „Das macht sie aber nicht automatisch zu besseren Kinderärzten“, sagt Hermann-Josef Kahl vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte und selbst Kinderkardiologe. Mit einem eigentlich gesunden Kind einen solchen Spezialisten aufzusuchen, weil er vermeintlich höher qualifiziert ist, bringt keinen Zusatznutzen.

Objektiv beurteilen lässt sich außerdem die Praxisorganisation:

  • Werden Sprechstunden, Urlaubszeiten und Pra­xisvertretungen klar vermittelt?
  • Sind die Wartezeiten angemessen?
  • Wie viel Zeit vergeht zwischen Terminverein­barung und Arzttermin?

Wichtig außerdem: Wie gut lässt sich die Praxis er­reichen? Hängt man minutenlang in der Warteschleife, können Termine per E-Mail vereinbart werden? Rufen die Mitarbeiter nach einer Nach­richt auf dem Anrufbeantworter tatsächlich zurück?

„Gut“ ist immer subjektiv

Solche Kriterien können bei der Auswahl helfen. Mindestens genauso wichtig sind aber Sympathie und Vertrauen, dass man sich als Eltern gut auf­ gehoben fühlt und den Eindruck hat, dass die Ärz­tin das Kind ernst nimmt. Spätestens hier wird die Bewertung von Ärztinnen und Ärzten höchst subjektiv. Die Positionen reichen von „Der Arzt ist ruhig und gelassen, das finde ich gut“ bis zu „Der ist kühl, oberflächlich und kümmert sich nicht“.

„Ich rate Eltern, immer erst im Freundeskreis he­rumzufragen, welcher Arzt empfohlen wird“, sagt Kahl. Das hat den Vorteil, dass man die vielen wei­chen Aspekte abfragen kann: Was ist die Ärztin für ein Typ? Redet sie viel oder wenig? Kann man in Ruhe seine Fragen stellen? Macht sie viel Chichi mit den Kindern oder eher klare Ansagen? Weil man seine Freunde kennt, kann man ihre Aussagen einordnen und besser einschätzen, ob der empfoh­lene Arzt auch den eigenen Vorlieben entspricht.

Verzerrte Ergebnisse

Baby wird untersucht
© simarik / iStock

Anders im Internet auf Arztbewertungsportalen. Hier ist völlig unklar, wer die Beurteilungen abgibt und wie sie zustande kommen. Eine Datenana­lyse der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ ergab, dass beim Ärztebewertungsportal Jameda die Ärzte, die für ihr Profil zahlten, eine bessere Bewertung bekamen als Nicht-­Zahler (Durchschnittsnote 1,2 versus 1,7). Verbraucherschützer sehen solche Portale daher kritisch. Ein weiteres Problem: Auch der beste Arzt wird Patienten haben, die sich über ihn ärgern. Ein, zwei richtig schlechte Be­wertungen ziehen die Gesamtnote nach unten und verzerren den Eindruck.

Deshalb ist es immer besser, hinzugehen und sich selbst ein Bild zu machen. „Beobachten Sie, wie der Kollege mit dem Kind umgeht“, rät Rodeck. „Wenn ein Zweijähriger zu mir kommt, begrüße ich zuerst ihn und nicht die Eltern. Das finden die manchmal komisch, aber hier geht es ja um das Kind. Das steht im Mittelpunkt.“ Ein ängstliches Kind möchte vielleicht mit einem Teddy gelockt oder erst mal gar nicht angespro­chen werden. Ein anderes lässt sich bereitwillig untersuchen, und bei wieder anderen muss der Arzt schnell und ohne viel Getue die Spritze ge­ben, damit die Angst nicht übergroß wird. Das einschätzen und sich immer wieder neu auf die Kinder einlassen zu können, macht auch einen guten Kinderarzt aus. „Das Wichtigste ist der Respekt gegenüber dem Kind“, sagt Kahl. „Auch wenn sie noch ganz klein sind, müssen wir Kinder ernst nehmen.“

Kinderarzt Dr. Hilmar Uhlig

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