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Was gut für unser Baby ist, ist auch gut für uns – oder? So lauten jedenfalls viele Ansichten, wenn es um das Thema Hautpflege geht. Grundsätzlich kann man dieser Aussage zustimmen. Vorausgesetzt, dass Produkte für Babys auch gut für Babys sind. Das ist jedoch leider nicht immer der Fall.
Was bedeutet die Bezeichnung "Babypflege"?
Die Bezeichnung "Babypflege" ist nicht gesetzlich geschützt. Das bedeutet, dass jeder Hersteller auf die Verpackung schreiben darf, dass das Produkt für Babys ist. Nicht mehr. Im besten Fall unterscheidet sie sich von herkömmlicher Pflege in drei wesentlichen Punkten:
- Die Formulierung des Produkts ist besonders mild, also nicht reizend oder hautirritierend.
- Die Pflege ist darauf ausgerichtet Fett und Feuchtigkeit zu spenden oder die Wundheilung zu unterstützten.
- Es sind keine hochdosierten Wirkstoffe enthalten.
Wie so häufig, kann man Kosmetik nicht in "gut" oder "böse" einteilen. Eine sehr milde Formulierung ist besonders wichtig für Babyhaut und ebenso wünschenswert für Erwachsenenhaut. Worauf ihr generell bei Cremes achten könnt, erfahrt ihr in diesem Artikel.
1. Milde Formulierung
Babyhaut ist etwa zehnmal dünner, als die Haut Erwachsener. Das macht sie für Umwelteinflüsse und Schadstoffe durchlässiger, also auch besonders empfindlich gegen trockene Heizungsluft, Kälte und Schmutz. Die natürliche Hautschutzbarriere ist bei Babys noch nicht ausgereift, weshalb die Haut Keimen und äußeren Einflüssen – zu denen auch Wasser oder Duschgel zählen – weniger entgegensetzen kann. Eine milde Formulierung von Kosmetikprodukten ist deshalb entscheidend.
Doch was bedeutet das? Wir haben die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
- Keine Duftstoffe: Parfüm oder ätherische Öle (auch natürlichen Ursprungs) sind Tabu.
- Milde Tenside: Die waschaktiven Substanzen bei reinigenden Produkten (wie Shampoos und Duschgel) sind oftmals der Übeltäter bei Hautreizungen und Austrocknung. Zu vermeiden sind besonders folgende INCI Bezeichnungen: Sodium Lauryl Sulfate (SLS), Sodium Laureth Sulfate (SLeS), Ammonium Lauryl Sulfat (ALS), Potassium Lauryl Sulfate, Magnesium Lauryl Sulfate, MEA-Lauryl Sulfate, Sodium Cocoate und Sodium Alkyl Sulfate.
- Hautneutraler pH-Wert: Der pH-Wert unserer Haut beträgt um 5,5. Dieser Wert ist essentiell für eine gesunde Hautbarriere. Wenn kein pH-Wert auf dem Produkt oder der Website angegeben ist, sollte man das kritisch hinterfragen.
- Kein Alkohol: Es gibt "gute" Fettalkohole (Cetearylalkohol, Cetylalkohol, Stearylalkohol) und "schlechte", einwertige Alkohole (Ethanol, Alkohol denat., Glycerol), die unsere Haut austrocknen und irritieren. Bei Naturkosmetik ist als Konservierungsstoff nur "schlechter Alkohol" zulässig, weshalb bei diesen Produkten besondere Vorsicht geboten ist.
- Geringe Konzentration an Wirkstoffen: Zu Wirkstoffen zählen wir hier Inhaltsstoffe, die die Haut aktiv behandeln (zum Beispiel Vitamin C, Retinol und chemische Peelings). Diese Ingredienzien erfüllen erst ab einer höheren Konzentration ihre Wirkung, die Babys nicht benötigen. Besonders für ihre noch unausgereifte Hautbarriere (aber auch für Erwachsenenhaut) können Wirkstoffe in zu hoher Konzentration reizend sein.
- Hautverträgliche Formulierung: Etwas, das man als Kunde nicht vorab prüfen kann ist, ob die Inhaltsstoffe passend dosiert und mild kombiniert sind.
2. Spendet Fett und Feuchtigkeit
Babyhaut ist nicht nur viel dünner, sie enthält sehr viel Wasser und wenig Fett. Sie hat eine geringere Talgproduktion – Hauttalg schützt und unterstützt die natürliche Funktion der Hautbarriere. Besonders im Winter, bei trockener Luft oder nach dem Baden, trocknet Babyhaut deshalb schneller aus. Babypflege wie Cremes und Salben sind deshalb besonders reich- und fetthaltig formuliert. Für Erwachsene mit einer gestörten Hautbarriere kann Babypflege also durchaus sinnvoll sein. Bei Menschen mit fettiger, unreiner Haut hingegen kontraproduktiv.
3. Es sind keine hochdosierten Wirkstoffe enthalten
Beruhigende Inhaltsstoffe wie Panthenol oder Allatoin sind auch in Babypflege enthalten und haben ein geringes Irritationspotenzial. Wirkstoffe mit Slow- oder Anti-Aging Eigenschaften, wie Retinol oder Vitamin C, sollen (in hoher Konzentration) nicht enthalten sein. Sie wären zu aggressiv für die zarte Babyhaut. Um zum Beispiel Pigmentflecken zu behandeln, feine Linien zu glätten oder auch um Unreinheiten aktiv zu behandeln, sind diese und weitere Wirkstoffe der einzig effektive Weg. Wer also einen solchen Anspruch verfolgt, findet in Babypflege kein passendes Produkt. Die Formulierungen sind nicht darauf ausgelegt und "einfach" formuliert.
Wundschutzcreme besteht zum Großteil aus Zink (Zinkoxid, INCI: Zinc Oxide). Bei Babys schützt sie vor allem im Windelbereich vor Nässe und Wundwerden. Zink wirkt entzündungshemmend, antimikrobiell und austrocknend – all diese Eigenschaften sind vor allem bei Pickeln sehr wünschenswert. Zinksalbe oder Wundschutzcreme ist also auch optimal für Erwachsene geeignet und eine wahre Geheimwaffe bei Unreinheiten: Einfach eine kleine Menge gezielt auf den Pickel auftragen, um ihn schneller abklingen zu lassen. Es schützt allerdings nicht vor der Entstehung neuer Pickel – dafür braucht man Wirkstoffe wie chemische Peelings, BPO oder Niacinamide, die man in Babypflege nicht findet.
Bei diesen Produkten ist Babypflege sinnvoll
Gerade bei waschaktiven Produkten sind zum Beispiel Babyshampoos sehr empfehlenswert. Die meisten herkömmlichen Produkte auf dem Markt sind sehr stark parfümiert und entfetten die Kopfhaut zu stark, wodurch die Hautbarriere ins Ungleichgewicht kommt. Die Folge davon können schnell fettende Haare und eine irritierte und juckende Kopfhaut sein. Generell solltet ihr bei reinigenden Produkten darauf achten, dass sich eure Haut nach der Anwendung nicht zu sauber anfühlt – unsere Hautbarriere leidet darunter und reagiert mit Pickeln oder Ausschlag.
Für die Wundheilung, sowie die Pflege trockener und strapazierter Haut ist Babypflege eine sehr gute Wahl. Auch manche Gesichtscremes sind angenehm formuliert uns ziehen schnell ein. Viele Produkte hinterlassen allerdings einen stärkeren Fettfilm, der als unschön wahrgenommen werden kann. Weil unsere Haut (meistens) eine so fettreiche Pflege nicht benötigt, ist der Griff zu mild formulierter herkömmlicher Kosmetik zu empfehlen. Pflegende Öle, wie Argan- oder Jojobaöl sind in reiner und hoher Qualität (bio und kaltgepresst) sowohl für Babys als auch für Erwachsene eine sehr gute Wahl. Auf feuchter Haut aufgetragen verschmilzen sie mit der Haut.
Wie bereits angesprochen verzichtet Babypflege auf Wirkstoffe. Für uns Erwachsene haben sie jedoch viele Vorteile. Eine wirksame Formulierung aktiv gegen fahlen Teint, Pigmentflecken oder Unreinheiten kann man sich von Babypflege nicht versprechen. Sie dient nur der Wundheilung oder der Fett- und Feuchtigkeitsversorgung. Allein aber wegen ihrer hoffentlich milderen Formulierung kann sie bereits bei Unreinheiten helfen, die das Ergebnis einer gestörten Hautbarriere sein können.
Ist Babypflege besser als herkömmliche Kosmetik?
Kurz gesagt: Es gibt gute und schlechte Produkte bei Babypflege, wie auch bei herkömmlicher Kosmetik. Sie sollte milder sein, ist es aber leider oft nicht. Auf das Label "Babypflege" kann man sich nicht verlassen, denn es ist kein geschützter Begriff. Wirft man einen Blick in die Ladenregale findet man zu aggressive Tenside bei Shampoos und Duschgels, die besonders bei Babys schwere Folgen haben können. Denn eine gestörte Hautbarriere im Kindesalter kann zu Hautkrankheiten führen. Achtet deshalb auch immer auf Bezeichnungen wie "ultra sensitive" oder "ohne Duftstoffe".
Viele der kommerziellen Baby-Produkte enthalten Parfüm oder ätherische Öle. Dies hat keinen pflegenden Vorteil und wird nur aus benutzerfreundlichen Gründen hinzugefügt – mit dem Geruch des Produkts soll man Erinnerungen verbinden. Duftstoffe irritieren die Hautbarriere und sind potenziell reizend. Ebenso wie Alkohol (Ethanol, Weingeist), der in Naturkosmetik-Produkten meist zur Konservierung eingesetzt wird. Er trocknet aus und wirkt sich erneut kontraproduktiv auf die Hautbarriere aus.
Nie wieder trockene Haut
Verwendete Quellen:
- Babyhaut und Schutzbarriere, ProCare Ausgabe 10/2010
- Hautpflege im Säuglingsalter – Zum Einfluss standardisierter Pflegeregime auf die Hautbarrierefunktion, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Charité-Universitätsmedizin Berlin März/2010
- Beste Pflege für zarte Babyhaut, Journal Club, 2016
- Dermatologie und medizinische Kosmetik von Konrad Herrmann und Ute Trinkkeller, Springer (3. Auflage), 2015
- Anwendung von Pflegeprodukten und Ölen in der Säuglingspflege, die Hebamme 2018
- Tenside in Shampoo, Duschgel etc. – aggressive und milde im Überblick, theognc.com