Artikelinhalt
Eine Naschkatze ...
kommt weder an Zuckerdosen noch Supermarktkassen vorbei, ohne es mit einem "bitte, liebe Mama" wenigstens zu versuchen. Sie unterscheidet zwischen Kinderessen (= Kuchen, Pudding, Weihnachtsplätzchen) und Sachen für Erwachsene (= Gemüse etc.). Leider sieht Mama das anders.
Das steckt dahinter: Muttermilch schmeckt süß, die Vorliebe für Naschereien ist uns also in die Wiege gelegt. Tatsächlich entwickeln sich die Geschmacksrezeptoren für scharf und bitter erst später.
Wie man damit umgeht: Süßigkeiten höchstens einmal am Tag geben, der Naschdrang lässt sich auch mit gesunden Lebensmitteln wie z. B. Lieblingsobst, selbst gemachtem Eis aus Fruchtsaft, Müsli befriedigen. Mit den meisten Naschkatzen kann man verhandeln: Zweimal die Woche kochen wir was Süßes (Milchreis, Pfannkuchen), dafür gibt es sonst kein Theater beim Essen. Darauf achten, dass die Naschkatze ausreichend Eiweiß (Milchprodukte) und Ballaststoffe (Vollkornprodukte, Salat, Gemüse) zu sich nimmt.

Ein Spatz...
pickt zum Frühstück ein paar Krümelchen Honigbrot vom Teller, nascht zur Brotzeit ein Stückchen Apfel und schiebt nach drei Löffeln das Pilzrisotto von sich: "Bin satt."
Das steckt dahinter: Kinder brauchen viel weniger, als Erwachsene glauben. Objektiv gesehen ist der mäkelige Wenig-Esser selten ein Drama, er bekommt schon genug. Emotional ist er eine Katastrophe: Mein Kind mag nicht, was ich gekocht habe. Ich bin eine schlechte Mutter. Und: Der Spatz weiß, dass er Mama durch nörgeliges Herumstochern im Griff hat.
Wie man damit umgeht: Sich nicht erpressen lassen. Die Eltern bestimmen,was zum Essen auf den Tisch kommt, das Kind, was und wie viel es davon essen will. Ein paar Tricks: Gemeinsam den Speiseplan der Woche besprechen, jeder darf sich was wünschen. Zusammen kochen. Probieren ist Pflicht, aber das Kind darf drei besonders ungeliebte Speisen abwählen. Selbst mit Genuss essen und sich auch durch Gemecker nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Ein Fleisch-Fan...
isst die Wurst und lässt das Brot auf dem Teller liegen. Keine Mahlzeit, die durch eine ordentliche Portion Salz oder Sojasauce nicht besser würde. Schokolade, Gummibärchen? Kein Interesse.
Das steckt dahinter: Die meisten kindlichen Fleisch-Fans lieben vor allem den würzigen Geschmack an Wurst, Schnitzel und gegrilltem Huhn und würden am liebsten jeden Tag Fleischiges verdrücken. Doch zwei große Fleischmahlzeiten pro Woche genügen - zumal, wenn das Kind auch noch oft und viel Wurst isst. Denn darin versteckt sich jede Menge Fett.
Wie man damit umgeht: Die Lust auf Würziges lässt sich auch mit Mini-Portionen Fleisch befriedigen. Zum Beispiel: Fleischbällchen, die sich durch geraspelte Kartoffeln, Karotten, Zucchini oder Sellerie strecken lassen. Die Wurst wird dünn geschnitten, Brot dazu ist Pflicht. Viele Wurst- Fans lassen sich auch durch pflanzliche Brotaufstriche, saure Gurken oder Oliven ködern. Darauf achten, dass Vitamin C und Ballaststoffe nicht zu kurz kommen.
Ein Vielfrass...
kriegt den Hals nicht voll. Zwei Teller Nudeln mit Sauce, beim Metzger eine dicke Scheibe Wurst, ein großer Joghurt mit Butterbrot als Zwischenmahlzeit und dazu noch jede Menge Chips und Süßigkeiten.
Das steckt dahinter: Wenn ein Kind einen Wachstumsschub macht, isst es vorübergehend mehr. Das ist normal, aber beim Vielfraß Dauerzustand. Leider hat er Konjunktur. Wir leben in einer "Snackgesellschaft". Familienmahlzeiten sterben aus, dafür gibts über den Tag verteilt etliche kleine Snacks - direkt aus dem Kühlschrank oder aus der Mikrowelle.
Wie man damit umgeht: Lebensmittelfreie Zeiten und Räume schaffen. Ein Kind muss nicht ständig etwas zum Kauen haben. Bei den Hauptmahlzeiten wird gemeinsam am Tisch gegessen, dazwischen gibt es maximal etwas Obst, Rohkost oder ein kleines Brot. Selbstbedienung am Kühlschrank ist tabu. Und: das eigene Essverhalten überprüfen. Wer selbst ständig am Naschen ist, darf sich nicht wundern,wenn der Nachwuchs das auch so macht.
Ein Purist...
hat es gern schlicht. Karotte soll nach Karotte schmecken, Salat ist wunderbar, aber bitte ohne Dressing. Nudeln, Kartoffeln, Reis - köstlich, aber die Sauce muss auf einen Extrateller.
Das steckt dahinter: Babys bekommen oft wochenlang Karotte und Zucchini pur. Viele brauchen danach einfach etwas länger, um sich an Mischkost zu gewöhnen. Hartnäckige Puristen - oder Instinkto-Esser, wie sie ökotrophologisch korrekt heißen - sind obendrein sehr misstrauisch. Sie essen nur, was sie sehen, und haben Angst, dass ihnen jemand mit der pürierten Kartoffelsuppe Brokkoli oder Schlimmeres unterjubelt. Das lässt sich stammesgeschichtlich erklären: Wenn es im Wald giftige wie essbare Pilze gibt, ist es gut zu sehen,welche Sorte man auf dem Steinzeitteller hat.
Wie man damit umgeht: Das Kind am besten so essen lassen. Weil bei der Trennkost jedoch Gemüse mitunter zu kurz kommt, verstärkt Rohkost anbieten. Und es immer wieder mit "normalem" Essen probieren: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Ein Pudding-Vegetarier...
findet Essen großartig, solange man nicht kauen muss. Joghurt, Suppe,Nudeln - prima, wenn sich die Mahlzeiten wegschlabbern und auflutschen lassen.
Das steckt dahinter: Das Baby isst Gläschen, das etwas größere Kind mag sie einfach immer noch gern, und irgendwann haben sich Kartoffelbrei, pürierte Suppen und Gemüse- bzw. Fleischgerichte auf dem Speiseplan etabliert.
Wie man damit umgeht: Obst, Gemüserohkost und Ballaststoffe kommen beim Pudding-Vegetarier zu kurz. Dafür isst er reichlich Fett und Zucker. Deshalb: Mindestens eine "feste" Mahlzeit pro Tag anbieten. Oft ist es nur eine Frage der Gewohnheit, bis der Breiesser entwöhnt ist. Dabei helfen auch kleine Spielchen: Die wenigsten Kinder können einem Schälchen knackiger Karotten oder Gurken widerstehen, wenn sie sich mit ihrem Hasenfutter in einen improvisierten Stall zurückziehen dürfen.
Fachliche Beratung: Dagmar von Cramm, Ernährungswissenschaftlerin aus Freiburg