Lebensmittel26 Irrtümer übers Essen
Blattsalat ist sehr gesund, Olivenöl das beste Öl, Kaffee entwässert und Kartoffeln machen dick? Erstaunlich, wie viele Ammenmärchen unseren Speiseplan beeinflussen. Hier entzaubern wir die hartnäckigsten.


1. Kein Wasser auf Steinobst
Und auch keins auf Gurken und Stachelbeeren, sonst gibt’s schlimme Bauchschmerzen ... Früchte können nicht durch Zugabe von Flüssigkeit quellen, weder im Bauch noch sonst wo. Was wehtun kann, sind Gärungsprozesse nach dem Genuss ungewaschener Früchte, an denen Hefepilze und sonstige gärungserzeugende Mikroorganismen hafteten. Normalerweise macht die Magensäure diese Keime unschädlich. Kommt aber gleichzeitig viel Flüssigkeit in den Magen, wird sie derart verdünnt, dass sie diese Aufgabe nicht mehr bewältigt. Obst sollte man also stets waschen, um Keime zu reduzieren. Nur wer Früchte direkt vom Strauch oder Baum gegessen hat, sollte vorsichtshalber eine halbe Stunde warten, bevor er zum nächsten Wasserglas greift.

Kinderlebensmittel sind gesünder als normale Lebensmittel
Das kommt darauf an. Lebensmittel, die einfach nur mit dem Hinweis „für Kinder“ beworben werden, etwa Kinder-Wurst, Kinder-Pizza, Kinder-Fruchtsaft, unterliegen keiner besonderen Kontrolle und sind oft besonders süß und fett, also keineswegs besonders gesund.
Anders so genannte „diätetische Lebensmittel“ für Säuglinge und Kleinkinder: Sie unterliegen strengen Kontrollen im Hinblick auf Zusammensetzung, Schadstoffe, zugesetzte Vitamine etc. Man erkennt sie daran, dass der Zweck und die Altersgruppe genau angegeben sind (zum Beispiel „Folgemilch“, „ab dem 4. Lebensmonat“, „ab dem 1. Geburtstag“). Außerdem sind die Inhaltsstoffe genau aufgeführt. Diese Lebensmittel sind tatsächlich auf die Ernährungsbedürfnisse von Kindern abgestimmt.

3. Fruchtzucker macht nicht dick
Schön wär's! Neueste Studien lassen vermuten, dass Fruchtzucker mehr als Haushaltszucker auf noch ungeklärte Weise die Bildung von Fettdepots fördert und besonders bei Männern die Blutfettwerte verschlechtert (das Östrogen der Frauen scheint ausgleichend zu wirken).

4. Kinder müssen Salat essen
Blattsalat ist gesund, enthält aber nichts, was nicht Obst- und Gemüsesorten auch bieten. Karotten und Honigmelone punkten beispielsweise mit mehr Beta-Carotin. Brokkoli, Fenchel und Blumenkohl mit mehr Vitamin C. Einzig Folsäure, die bei der Zellneubildung eine entscheidende Rolle spielt, ist im Blattsalat mit 75 Mikrogramm pro 100 Gramm überdurchschnittlich gut vertreten. Tomaten enthalten davon nur halb so viel, Paprika lediglich ein Viertel. Wichtig zu wissen: Der Nitratgehalt von Blattsalaten aus dem Treibhaus überschreitet oft die vom Bundesinstitut für Verbraucherschutz empfohlenen Richtwerte. Freilandware bevorzugen!

5. Margarine enthält weniger Kalorien als Butter
Irrtum! Beide haben einen Fettgehalt von etwa 80 Prozent liefern damit rund 750 Kalorien (pro 100 Gramm). Diätmargarine ist keine fettarme Variante, sondern soll mit ihrem Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren Krankheiten vorbeugen. Wer Fett sparen will, sollte Halbfettmargarine oder Halbfettbutter (je um 360 Kalorien) wählen.

6. Zucker ist ein Kalziumräuber
Über 90 Jahre alt ist dieses Ammenmärchen schon! Es beruht auf dem Fehler bei einer japanischen Studie, bei der man den Versuchstieren massenhaft Zucker, aber vermutlich kein Vitamin D (ohne das läuft kein Knochenaufbau) gefüttert hat. Für die weichen Knochen der Tiere machte man dann den Zucker verantwortlich. Dieses Gerücht ging um die Welt und hält sich bis heute. Wenn Kalzium vom Körper schlecht aufgenommen wird, dann liegt das häufig an einem vermehrten Konsum von Fleisch und Wurstwaren, Kaffee, schwarzem Tee, Schokolade und oxalsäurereichen Lebensmitteln wie Spinat, Rhabarber und Spargel.

7. Frischmilch ist gesünder als H-Milch
Frische Milch schmeckt besser, und ihr Vitamingehalt ist ein kleines bisschen höher, aber eigentlich ist dieser Unterschied nicht der Rede wert.

8. Wer sich ernährt wie die Kreter, kann über 100 Jahre alt werden
Sogar 110 kann man auf Kreta werden - und das bei bester Gesundheit. Verantwortlich dafür ist die traditionelle kretische Kost mit viel Obst und Gemüse, Brot, Hülsenfrüchten, fangfrischem Fisch und dem Öl der Koroneiki-Oliven. Mit der gesunden Lebensweise ist es allerdings in den Mittelmeerländern heute nicht mehr weit her. Auch auf Kreta ist bereits ein Drittel der Kinder übergewichtig. Schuld ist wahrscheinlich der deutlich gestiegene Fleisch- und Fastfoodkonsum.

9. Zucker ist ein Vitaminräuber
Auch diese Geschichte hat schon einen Bart! Bei der biochemischen Verwandlung von Traubenzucker (= Glukose/Blutzucker) spielt auch das Vitamin B1 eine Rolle. Es wird aber entgegen früherer Annahmen nicht verbraucht, sondern gewissermaßen als immer wieder einsetzbares Handwerkszeug benutzt. Wichtig: Jede Art von Kohlenhydraten - von Traubenzucker bis Stärke - wird über diesen Weg abgebaut. Zusätzlich ist Vitamin B1 auch am Abbau von Eiweiß und Fett beteiligt.

10. Wer abnehmen will, sollte viele kleine Mahlzeiten essen
Kein guter Tipp! Kohlenhydratreiche Zwischenmahlzeiten locken Insulin hervor. Das hemmt den Fettabbau und sorgt dafür, dass die Fettzellen gefüttert werden. Drei Hauptmahlzeiten und dazwischen jeweils einige Stunden „Fasten“ lassen das Insulin ruhen und fördern so den Fettabbau. Für den Hunger zwischendurch eignet sich gewürzter Magerquark mit Schnitzen von Kohlrabi, Paprika, Tomaten oder Obst.

11. Das beste Öl ist Olivenöl
Olivenöl ist gesund, kein Zweifel. Doch Rapsöl ist weitaus gesünder, denn es enthält deutlich mehr der wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Die nachfolgenden Plätze im Öl-Ranking belegen Lein-, Soja- und Walnussöl. Übrigens: Was als "Speiseöl" oder "Pflanzenöl" angeboten wird, ist fast immer Rapsöl.

12. Zucker macht hyperaktiv
Untersuchungen aus den 70er und 80er Jahren hatten diese Vermutung nahegelegt. Seither gibt es längst viele andere Studien, die das widerlegen. Die meisten Fachleute nehmen heute an, dass Hyperaktivität mit einer Besonderheit im Hirnstoffwechsel der betroffenen Kinder zu tun hat.

13. Süssstoff ist schädlich
Hartnäckig hält sich die Vorstellung, dass Süßstoffe Krebs verursachen oder zumindest dick machen. Bösartige Tumoren hat man vor Jahren im Mäuse-Versuch gesehen, wobei allerdings Mengen verfüttert worden sind, die ein Mensch nie konsumieren könnte. Die WHO stuft Süßstoffe als unbedenklich ein. Und Süßstoff als Dickmacher? Auch diese Annahme entbehrt jeder Grundlage, denn Süßstoffe haben null Kalorien und keinen Einfluss auf den Insulinspiegel. Möglicherweise werden Süß- und Zuckeraustauschstoffe oft verwechselt. Letztere haben Kalorien wie der übliche Zucker. Weil diese Substanzen aber lebensmittelrechtlich nicht als Zucker zählen, tragen damit gesüßte Produkte das verlockende Etikett "zuckerfrei".

14. Pilze darf man nicht aufwärmen
Pilze enthalten viel Wasser und durchschnittlich so viel Eiweiß wie Milch und Milchprodukte. Damit gehören sie zu den leicht verderblichen Lebensmitteln. Aus Eiweiß können schädliche Zerfallsprodukte entstehen, wenn es zu lange bei Zimmertemperatur aufbewahrt wird. Wenn man ein Pilzgericht bald in den Kühlschrank stellt, es dort nicht länger als einen Tag aufbewahrt und vor dem Verzehr gut durcherhitzt, dann steht einem zweiten Genuss nichts im Weg.

15. Sauerstoffreiches Mineralwasser macht munter
Tief ein- und ausatmen ist effektiver. Über die Magen- und Darmwände gelangen nach heutigem Wissensstand nur sehr geringe Mengen an Sauerstoff ins Blut.

16. Süßigkeiten muss man sich einteilen
Zahnärzte wären froh, wenn Kinder es nicht täten. Denn nach jeder süßen Mahlzeit sind die Zähne erneut den Säureattacken ausgesetzt. Außerdem: Kein gesundes Kind erleidet eine Stoffwechselentgleisung oder bekommt gar Diabetes, nur weil es mal zu viel nascht. Im schlimmsten Fall wird ihm schlecht und es lernt, dass weniger manchmal mehr ist.
Essen Kinder ständig zu viel Süßes, hat das natürlich auch Auswirkungen auf ihr Gewicht. Also, Naschis ja, aber nicht zu häufig am Tag und nicht in rauen Mengen.

17. Studentenfutter ist Hirnnahrung
Klüger wird man davon nicht. Eher müde und dick, wenn man zu viel erwischt. Immerhin beherbergt ein 100-Gramm-Tütchen zwischen 500 und 700 Kalorien. Nüsse gelten als Nervennahrung, aber das Gehirn ernährt sich fast ausschließlich von Traubenzucker. Den bezieht es aus dem Blut. Für lange Prüfungsarbeiten eignet sich die Studentenfutter-Mischung aber doch: Der Mix aus Zucker (Gehalt in Rosinen: 60 bis 70 Prozent) und Fett (Gehalt in Nüssen: 40 bis 70 Prozent) sorgt dafür, dass der Blutzuckerspiegel keine stressigen Sprünge macht.

18. Kaffee entwässert
Harntreibend wirkt er schon, der beliebte Muntermacher. Das bedeutet allerdings nur, dass man schneller zur Toilette muss als nach einer Tasse Kräutertee. Doch der Körper scheidet nicht mehr Flüssigkeit aus, als aufgenommen wurde - und das ist entscheidend. Deshalb darf der Kaffee auch zum täglichen Flüssigkeitspensum (Empfehlung: zwei bis drei Liter insgesamt) gerechnet werden.

19. Zucker verursacht Karies
Löcher im Zahn bekommt man nur, wenn drei Dinge zusammenkommen: Bakterien, Kohlenhydrate und Zeit. Süßigkeiten schaden den Zähnen nicht, wenn man regelmäßig sorgfältige Mundhygiene betreibt. Schlechter dran ist, wer gern stärkereiche Nahrungsmittel wie Kartoffelchips oder Haferflocken isst und sich danach nicht die Zähne putzt. Stärke ist eine lange Kette von Traubenzucker. Purer Zucker wird durch den Speichel rasch weggespült, während Stärkeprodukte oft an den Zähnen kleben. So wird schön langsam ein "Zuckerstück" nach dem anderen an die hungrigen Kariesbakterien verfüttert.

20. Dunkles Brot ist gesünder als Helles
Wenn zur Dunkelfärbung Malz- oder Zuckerkulör eingesetzt worden ist, hat man ein Weißmehlprodukt gekauft. Und das enthält wenig Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Deshalb: Beim Bäcker immer explizit Vollkornbrot verlangen.

21. Schokolade macht schlechte Haut
Unsinn! Das Hautbild ist weitgehend genetisch bestimmt. Hauptfeinde der Haut sind Rauchen und Sonne. Pickel haben fast immer hormonelle Ursachen.

22. Spinat ist reich an Eisen
Zahllose Kindheiten sind überschattet von Erinnerungen an Teller voller Spinat. Und das, obwohl man seit fast 80 Jahren weiß, dass ein Tippfehler bzw. ein nach rechts verrutschtes Komma in der Mengenangabe dem Spinat den Glamour als Top-Eisenlieferant verlieh. Im Vergleich zu anderen Gemüsesorten steht Spinat trotzdem gut da. Schade nur, dass in Spinat viel Oxalsäure enthalten ist, die die Eisenaufnahme durch den Körper drosselt.

23. Sekundäre Pflanzenstoffe schützen vor Krebs, Herzinfarkt und Altern
Zu früh gefreut! Nachgewiesen ist die Wunderwirkung von Flavonoiden und Phytaminen auf Bluthochdruck, Cholesterinwerte und Zellen bisher nur in Reagenzgläsern und Tierversuchen. Das stellt die guten Effekte nicht komplett in Abrede, aber „nichts Genaues weiß man nicht“.

24. Trockenfrüchte und Honig sind gesunde Süssigkeiten
Wenn Zucker nicht gesund ist, dann können es Honig (78 Prozent Zucker) und Trockenfrüchte (ca. 45 Prozent Zucker) auch nicht sein. Trockenobst kann zudem Karies besonders begünstigen, weil es hartnäckig an den Zähnen klebt. Übrigens: Brauner Zucker hat keine Vorteile gegenüber seinem weißen Pendant - außer seinem angenehmen Aroma.

25. Schweinefleisch ist fett
Das war einmal. Mit neuen Zuchtrassen und modernen Zuschnitten der Fleischteilstücke hat man erreicht, dass der Fettanteil kleiner und die Muskelmasse größer geworden ist. Ein Schweinefilet beispielsweise enthielt vor 20 Jahren noch fast 12 Prozent Fett, heute nur noch 2,4 Prozent. Zum Vergleich: Ein Rinderfilet kommt auf - auch noch magere - 4,2 Prozent Fett.

27. Kartoffeln machen dick
Nein, Kartoffeln sind zwar reich an Kohlenhydraten - allerdings an guten, die lange satt machen. Der Körper verlangt also nicht so schnell wieder nach mehr Energie. Außerdem sind Kartoffeln eher kalorienarm: 100 Gramm Salzkartoffeln enthalten rund 70 Kilokalorien. Mit einem fettarmen Quark und frischen Kräutern eine leckere und gesunde Kombination!
Wer Kartoffeln allerdings öfter mit schweren Soßen kombiniert oder sie als Chips wegknuspert, hat eine ganz andere Energiebilanz.