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“So viele Eltern haben die gleichen Fragen, wenn es um die Operation ihres Kindes geht. Was auch ganz normal ist. Wie lange darf ich dabeibleiben? Was soll ich für Klamotten mitbringen? Was gibt es überhaupt zu beachten? Da wollte ich gerne ansetzen“, so die Kinderärztin und -chirurgin Janina über ihre Beweggründe das Kinderbuch Marie wird operiert zu schreiben. “Außerdem fiel mir auf, dass es zwar schon viele schöne Bücher rund um das Thema Kind beim Kinderarzt gibt, aber zum Thema Operationen bei Kindern, die zum Glück ja auch viel seltener notwendig sind, gab es noch nichts.“
Kinder ohne Stress zu begleiten, ist Janina ein großes Anliegen. Denn auch wenn Operationen bei ihnen insgesamt seltener vorkommen als bei Erwachsenen, waren von den über 17 Millionen durchgeführten OPs in Deutschland im Jahr 2019 laut Statistischem Bundesamt immerhin 366.602 welche an Kindern zwischen 0 und zehn Jahren. Die häufigsten Eingriffe: Trommelfellschnitte und die Entfernung der Mandeln.
Mit dem Teddy in den Operationssaal
Gerade Ängste spielen beim Thema Operation und Narkose eine große Rolle – sowohl bei den Eltern als auch bei den Kindern. “Die Ängste sind aber sehr unterschiedlich“, berichtet Janina von ihren Erfahrungen als Kinderchirurgin. “Für Eltern ist es ein ganz zentrales Thema, wann sie sich von ihrem Kind verabschieden müssen. Und dann auch, was es nach der Operation konkret zu beachten gibt: Wann kann mein Kind wieder Sport machen? Wie sehr muss es sich schonen? Für Kinder geht es vielmehr darum: Tut das weh? Wer passt auf mich auf? Darf ich meinen Teddy mitnehmen?“
Die gute Nachricht: Laut Janina dürfen Kinder inzwischen in fast allen deutschen Krankenhäusern ihr Lieblingskuscheltier mit in den Operationssaal nehmen (auch während der andauernden Pandemie)! Ein wunderbarer Trostspender in einer so aufregenden Situation.
Mein Kind wird operiert: Was kann ich tun, um es zu begleiten?
Und das Kuscheltier mitzunehmen, ist nicht das Einzige, was Eltern tun können, um ihr Kind auf den Tag der Operation vorzubereiten. Denn gerade vor Unbekanntem machen sich Kinder zurecht Sorgen. Janina empfiehlt, ehrlich mit den eigenen Kindern über den bevorstehenden Eingriff zu sprechen. Wichtig ist dabei eine altersgerechte Sprache: “In Marie wird operiert, spricht Maries Papa beispielsweise von der Schlafdoktorin anstatt von der Narkoseärztin oder Anästhesistin. Das Narkosemittel ist Zaubermedizin. Bei der OP wird dann etwas repariert, was kaputt ist. Darunter können sich kleine Kinder viel mehr vorstellen.“
Weitere Tipps, wie Eltern ihre Kinder unterstützen können:
- Mit den Kindern selbst Pflaster bemalen, zum Beispiel mit den Lieblingscharakteren von Paw Patrol oder Winnie Puuh. Die dürfen auch mit ins Krankenhaus.
- Vorher besprechen, dass die Kinder Medikamente einnehmen müssen. Stichwort: Zaubermedizin, die den Kindern hilft, wieder gesund zu werden.
- Realistisch bleiben; die eigenen Kinder auch nicht zu ihrem eigenen Schutz anlügen. Vielmehr die Situation altersgerecht erklären – aber eben durch Ehrlichkeit unangenehmen Überraschungen vorbeugen und das Vertrauensverhältnis stärken.
- Ganz pragmatisch: An die richtige Kleidung denken. Bekommt ein Kind beispielsweise einen Gips? Oder braucht es nach einer Leistenbruch-OP eine besonders weite und bequeme Hose?
- Vielen Kindern fällt es oft schwer, vor ihrem Eingriff nichts zu essen oder zu trinken. Der Vorschlag: Eltern können vor der OP einen besonderen Snack kaufen, auf den sich das Kind dann nach der Operation freut.
- Der Elternteil, der gefühlt besser mit der Operationssituation umgehen kann, sollte als feste Begleitperson dabei sein.
Was, wenn direkt operiert werden muss?
Vorbereitung ist ein super Weg, sein Kind auf eine anstehende Operation einzustimmen. Aber natürlich gibt es auch immer wieder Fälle, bei denen ohne große Vorlaufzeit direkt operiert werden muss. Dann empfiehlt Janina: “Manchmal gibt es noch Aufklärungsmaterialien im Wartebereich. Unabhängig davon: Löchert die Ärzte mit euren Fragen. Versucht das Kind, wenn möglich, mit einzubeziehen. Ideal wäre es, das Zimmer im Krankenhaus und das Personal auf der Station noch vor der OP zu Gesicht zu bekommen. Super ist auch, wenn sich das Kind noch ablenken kann, mit Spielzeug oder einem Tablet. Und ganz wichtig: Versucht Ruhe zu bewahren.“
Wer mehr Vorlaufzeit hat, kann sich natürlich vor dem OP-Termin gut überlegt alle Fragen notieren und die dann rechtzeitig abklären. Denn eins ist klar: Je besser informiert sich die Eltern fühlen, umso leichter können sie auch ihre Kinder aufklären und ihnen eventuelle Ängste nehmen.
Dr. med. Janina Fischer-Mertens, geboren 1985, ist Kinderärztin, Kinderchirurgin und Mutter zweier Töchter. Auf Instagram schreibt sie unaufgeregt zu aktuellen Kindermedizinthemen und erläutert verständlich, was hinter ihnen steckt. Marie wird operiert ist ihr erstes Kinderbuch.
Quelle: Fallpauschalenbezogene Krankenhausstatistik (DRG-Statistik) Operationen und Prozeduren der vollstationären Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern (4-Steller). Statistisches Bundesamt, 2019.