Viele Eltern sind verunsichert, ob sie ihre Kinder gegen das Coronavirus impfen lassen sollten. Und das ist verständlich – denn je nachdem, wen man fragt, bekommt man bisher unterschiedliche Antworten zur Sinnhaftigkeit der Impfung. Wie der Spiegel berichtet, hält die Ständige Impfkommission (STIKO) beispielsweise die Datenlage zu möglichen Nebenwirkungen einer Coronaimpfung bei Kindern noch für zu gering, um sich für eine Impfung auszusprechen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hält eine Impfung von Kindern mit Blick auf den Beginn des neuen Schuljahres hingegen für nötig.
Diese Vorteile einer Impfung führen Befürworter ins Feld
Diese Vorteile werden oft für eine Impfung von Kindern gegen Covid-19 genannt. Wir machen den Faktencheck:
1. Die Impfung schützt vor Long-Covid und PIMS
Wie taz.de berichtet, leiden inzwischen viele erkrankte Kinder laut dem Virologen Christian Drosten auch am sogenannten Long-Covid. Demnach haben etwa 4,5 Prozent der Betroffenen auch nach einem milden Krankheitsverlauf noch nach einem Monat mit Symptomen wie Geruchs- und Geschmacksverlust sowie Müdigkeit zu kämpfen. Außerdem belegt die Statistik, dass inzwischen bei einem von einigen 1000 Kindern auch das Multisystemische Entzündungssyndrom PIMS nach einer Infektion mit Covid-19 auftritt. Diese Erkrankung kann einen schweren Verlauf haben und bis zu sechs Monate anhalten. Drosten sagte, er würde sein Kind impfen lassen.
2. Ohne die Impfung der Kinder ist keine Herdenimmunität erreichbar
Christian Drosten leitete eine Studie, laut der Kinder und Jugendliche genauso ansteckend sind wie Erwachsene. Damit wir die wichtige Herdenimmunität erreichen können, sei es nötig, auch die Kinder zu impfen. Allerdings möchte ihm hier nicht jeder Experte zustimmen. Der Kinder-und Jugendmediziner David Martin beispielsweise steht der Impfung bei Kindern generell eher skeptisch gegenüber und sagte gegenüber der Frankfurter Rundschau, eine absolute Herdenimmunität sei ohnehin kaum zu erreichen. Wichtig sei es stattdessen, die sogenannte relative Herdenimmunität zu erreichen, damit die Intensivstationen entlastet werden. Und das sei auch ohne die Impfung von Kindern und Jugendlichen möglich.
Diese möglichen Nachteile der Impfung werden diskutiert
Kritiker führen folgende Argumente ins Feld, die gegen eine Impfung sprechen:
1. Kinder können zwar erkranken – aber der Verlauf ist selten schwer
Dass Kinder ebenso am Coronavirus erkranken können wie Erwachsene, ist bekannt. Aber nur in Einzelfällen nimmt die Erkrankung einen tatsächlich schwerwiegenden Verlauf – etwa 0,01 Prozent der bekannten infizierten Kinder mussten in Deutschland intensivmedizinisch betreut werden. Zwei erkrankte Kinder, das entspricht 0,001 Prozent, verstarben. Bei beiden waren allerdings Vorerkrankungen bekannt. Über mögliche Long-Covid-Fälle weiß man bisher zu wenig, um eine realistische Risikoeinschätzung abgeben zu können und PIMS ist bisher im Verhältnis betrachtet bei nur sehr wenigen Kindern aufgetreten. Und: ob eine Impfung Kinder und Jugendliche vor diesen Folgeerkrankungen schützen kann, weiß man schlicht noch nicht.
2. Um das Risiko einschätzen zu können, ist die Datenmenge zu gering
Die STIKO stützt sich bei ihrer Einschätzung auf bisher vorliegenden Studien der Impfhersteller. Beispielsweise testete das Unternehmen Moderna seinen Impfstoff bisher an etwas mehr als 3000 Kindern und Jugendlichen, bei BioNTech sind es laut Untersuchung bisher etwa 1100 Jugendliche. Die Nachbeobachtung nach Ende der Studie lag bei zwei bis drei Monaten. Die bisherigen Erfahrungen mit den Impfstoffen haben aber gezeigt: Es braucht mehr durchgeführte Impfungen sowie einen größeren zeitlichen Abstand, um die möglichen Nebenwirkungen genauer beurteilen zu können. Für Erwachsene, die schwerer erkranken können und häufiger versterben, müsse man dieses Risiko eingehen, bei Kindern und Jugendlichen sollte man es aber besonders sorgsam prüfen.
Spahn will die Impfentscheidung den Eltern überlassen
Schon in einigen Tagen könnte die Europäische Arzneimittelbehörde das Impfmittel von BioNTech/Pfizer für Kinder zwischen zwölf und 15 mit bestimmen Vorerkrankungen zulassen. Bundesgesundheitsminister Spahn möchte den entsprechenden Kindern dann auch bis August ein Impf-Angebot machen. Er betonte, dass die STIKO lediglich Empfehlungen ausspricht. Ob tatsächlich geimpft wird, können Eltern und Kinder selbst entscheiden – es werde demnach keine Impfpflicht für einen Schulbesuch geben.
verwendete Quellen: spiegel.de, taz.de, Frankfurter Rundschau, STIKO