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RS-Virus beim Kleinkind Wenn der Atemwegsinfekt bei Babys grassiert: Was für Eltern jetzt wichtig ist

Kranker kleiner Junge liegt gut zugedeckt auf dem Sofa
© Tomsickova Tatyana / Shutterstock
Kinderarztpraxen und Kliniken melden ungewöhnlich früh im Jahr eine Häufung von Atemwegserkrankungen bei Babys und Kleinkindern, darunter auffällig viele RS-Virus-Infektionen. Wir sagen, warum das Virus für manche Kinder lebensgefährlich werden kann und wie Eltern ihr Kind endlich besser schützen können.

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Nein, neu ist das RS-Virus nicht. Der Verwandte der Grippeviren ist extrem ansteckend und verursacht Atemwegserkrankungen, vor allem bei Kindern. Jedes Jahr im November beginnt die Saison. Normalerweise! Doch die Hygienemaßnahmen der Corona-Jahre ging auf Kosten der Herdenimmunität. Deshalb kam es in der ersten RSV-Saison nach Corona zu einer besonders großen Häufung der Erkrankungen. Dahinter stand eine Art Nachhol-Effekt: Normalerweise kann das Immunsystem der Kinder mit Erkältungsviren trainieren. Aber durch den Lockdown gab es dazu keine Gelegenheit.

Die Folge: Das RS-Virus traf auf untrainierte Immunsysteme und konnte sich dadurch noch schneller und früher im Jahr verbreiten als im Normalfall. Diese Kurve wird sich wieder abflachen, dennoch bleibt RSV eine ernstzunehmende Gesundheitgefahr: In Europa ist eine Infektion mit dem RS-Virus die häufigste Ursache für einen Krankenhausaufenthalt bei Kindern.

Das Problem dabei: Infektionen mit dem RS-Virus verlaufen zwar oft leicht, es kann bei Babys, Kleinkindern und vorerkrankten Menschen aber zu lebensgefährlichen Komplikationen kommen! Deshalb hier für alle Eltern die wichtigsten Fragen und Antworten zum RS-Virus bei Babys und Kleinkindern.

Wie verbreitet sind Infektionen mit dem RS-Virus?

Sehr häufig! Mehr als die Hälfte aller Kinder erkrankt während des ersten Lebensjahres mindestens einmal an einer RS-Virus-Infektion. In der medizinischen Leitlinie zu schweren Erkrankungen mit dem RS-Virus heißt es: "Bis zum Ende des 2. Lebensjahres haben nahezu alle Kinder eine natürliche  RSV-Infektion durchgemacht. Danach sind gesunde Kinder und Erwachsene (…) überwiegend in der Lage, sich durch die Bildung schützender Antikörper gegen RSV selbst vor schwerwiegenden Erkrankungsverläufen zu schützen." Immun wird man aber auch nach einer durchgemachten Infektion nicht.

Wie gefährdet sind Neugeborene?

Das Robert-Koch-Institut betont, dass kein vollständiger Nestschutz besteht. Allerdings können Neugeborene und Säuglinge in den ersten vier bis sechs Lebenswochen geschützt sein. Ausgenommen sind Frühgeborene: Bei ihnen besteht das Risiko, dass sie durch eine geringere Versorgung mit mütterlichen Antikörpern auch in den ersten Lebenswochen bereits schwer an einer RSV-Infektion erkranken. Auch Babys mit angeborenem Herzfehler oder einer chronischen Lungenerkrankung sind besonders gefährdet.

Allerdings kann es alle Babys treffen: Sogar die Mehrheit der wegen RSV im Krankenhaus behandelte Kinder sind gesunde, reif geborene Säuglinge

Wie wird das Virus übertragen?

Beim Husten, Niesen oder Sprechen gelangen winzige virushaltige Speicheltröpfchen in die Luft und werden von anderen Menschen eingeatmet. Es genügt für eine Infektion sogar, dass die Tröpfchen mit den Viren auf die Augenschleimhaut treffen und von dort in den Körper gelangen. Die Viren können aber auch über eine Schmierinfektion weitergegeben werden, zum Beispiel über Spielzeug, Löffel oder Becher.

Stecken sich nur Kleinkinder mit dem RS-Virus an?

Nein, die Infektion kann jeden Menschen treffen. Am häufigsten sind aber Kleinkinder betroffen, sie erkranken auch oft schwerer und müssen eventuell sogar ins Krankenhaus. So fällt in vielen Fällen erst dann auf, dass es keine einfache Erkältung oder ein harmloser Baby Schnupfen ist, sondern eben eine RS-Virusinfektion.

Wie lang ist die Inkubationszeit und wie viele Tage ist man ansteckend?

Die Inkubationszeit, also die Zeit zwischen der Ansteckung und dem Ausbruch, liegt bei zwei bis acht Tagen. Die Patient:innen sind ab dem Tag des Ausbruchs etwa drei bis fünf Tage ansteckend.

Wie erkennt man eine RS-Infektion?

Da eine RS-Infektion sehr unterschiedlich schwer verlaufen kann, ist sie auch nicht so leicht zu erkennen:

  • Beim symptomlosen Verlauf bemerkt die:der Infizierte wahrscheinlich gar nichts von der Erkrankung. Das kommt öfter bei gesunden Erwachsenen vor.
  • Beim leichten Verlauf wirkt die Infektion wie ein Schnupfen, mit Niesen, Husten, Halsschmerzen und Krankheitsgefühl. Auch dann wird sie oft gar nicht als RSV-Infektion erkannt.
  • Beim schweren Verlauf beschränkt sich der Infekt nicht auf die oberen Atemwege, sondern befällt auch die Bronchien. Es kann zu einer RSV-Bronchiolitis kommen, die vor allem Babys und Kleinkinder mit Risikofaktoren trifft. Sie ist gefürchtet, weil die Kinder schwer krank sind und sich der Zustand innerhalb von Stunden so verschlimmern kann, dass Lebensgefahr besteht.

Allerdings: Selbst nach leichten Verläufen können die Schleimhäute der Atemwege Wochen brauchen, um sich zu erholen. Und: Oft treten in Verbindung mit einer RS-Virusinfektion beim Kleinkind auch Mittelohrentzündungen (Otitis media) auf.

Bei Säuglingen sind diese Symptome alarmierend:

  • Schnelles, angestrengtes Atmen
  • Kraftlosigkeit
  • Blässe
  • Trinkschwäche
  • Eventuell: Atempausen, Fieber, kühle Hände und Finger

Wenn die Symptome nicht so eindeutig sind, kann es sinnvoll sein, das Virus mit einem Rachenabstrich nachzuweisen.

Was ist eine RSV-Bronchiolitis?

Bei einer RSV-Bronchiolitis befällt das Virus die Bronchien und die Lunge. Typischerweise verschlimmert sich der Zustand des Kindes etwa drei Tage nach Beginn des Infekts, es wirkt schwer krank und kraftlos. Babys wollen eventuell nichts mehr trinken. Typische Symptome sind

  • Fieber
  • Schwierigkeiten beim Atmen
  • Husten mit Auswurf, rasselnden Geräusche und "Giemen" (pfeifendes Geräusch) beim Einatmen
  • Kalte, blasse Haut
  • Einsinken der Fontanelle beim Baby bis etwa anderthalb Jahren
  • Bei Frühchen können Atemstillstände auftreten.

Wie wird eine RSV-Infektion behandelt?

Wie oft bei akuten Virusinfektionen gibt es kein spezielles Medikament, um die RS-Viren unschädlich zu machen. Deshalb können in Absprache mit Kinderärztin oder -arzt nur die Symptome gelindert werden, und zwar mit

  • fiebersenkenden Mitteln (Wadenwickel, Paracetamol, Ibuprofen)
  • reichlichem Trinken
  • Dampfbädern oder Inhalationen zum Schleimlösen
  • Nasenspülungen mit Kochsalzlösung und abschwellende Nasentropfen

Hat das Kind Schwierigkeiten beim Atmen, die sich mit solchen Hausmitteln nicht lindern lassen, muss es eventuell in der Klinik behandelt werden. Zum Beispiel durch Sauerstoffgaben über eine Atemmaske oder im schlimmsten Fall auch mit Beatmung.

Antibiotika können gegen Virusinfekte nichts ausrichten, wohl aber gegen Komplikationen, die durch Bakterien verursacht werden, etwa eine Mittelohr- oder Lungenentzündung.

Gibt es bestimmt Risikofaktoren dafür, dass ein Kind schwer erkrankt?

Ja. Ein erhöhtes Risiko, dass die RSV-Infektion bei ihnen einen schweren Verlauf nimmt, haben Kinder mit folgenden Risikofaktoren:

  • Alter unter sechs Monaten
  • Frühgeburt
  • männlich
  • Mehrling
  • chronische Lungenleiden
  • angeborene Herzfehler
  • geschwächtes Immunsystem
  • Trisomie 21 oder andere Chromosomenabweichungen
  • Geschwister im Kleinkindalter
  • Unterernährung
  • Raucherhaushalt
  • Neigung zu Heuschnupfen, Neurodermitis oder Asthma in der Familie

Was bedeutet RS-Virus eigentlich?

Die Abkürzung RS-Virus oder RSV steht für den Zungenbrecher-Namen " Respiratorische Synzytial-Virus-Infektionen". Es wurde so genannt, weil es dem Atemtrakt ("Respirationstrakt") befällt und Zellen dort zu sogenannten "Synzytien" verschmelzen lässt.

Gibt es eine Schutzimpfung gegen RSV-Infektionen?

Es ist kompliziert. Unterschieden wird zwischen der aktiven Impfung, nach der ein Körper die Antikörper gegen den Erreger erst selbst bilden muss und der passiven Immunisierung, bei der der Antikörper direkt gespritzt wird und einen sofortigen Schutz bedeutet. Da die STIKO grundsätzlich nur Empfehlungen für Impfungen ausspricht, ist die Prophylaxe durch passive Immunisierung keine Leistung der gesetzlichen Krankenkasse. Es lohnt sich jedoch, bei der Kasse nachzufragen, ob dieser RSV-Schutz im Rahmen einer Satzungsleistung übernommen wird.

Seit August 2023 gibt es Impfstoffe, die allerdings nur für Menschen ab 60 Jahren und für Schwangere, die in der Folge die Antikörper an ihre ungeborenen Kinder weitergeben, zugelassen sind. 

Kinder mit hohem Risiko, sehr schwer zu erkranken (Frühchen, Kindern unter zwei Jahren mit chronischen Lungenerkrankungen oder Herzfehlern), können eine passive Immunisierung mit fertigen Antikörpern gegen das RS-Virus erhalten. In der typischen RSV-Saison, also von November bis März, wird sie einmal monatlich in den Muskel gespritzt.

Seit September 2023 ist nun die bereits zugelassene erste RSV Prophylaxe verfügbar. Alle Säuglinge und Kinder können diese passive Immunisierung in ihrer ersten RSV-Saison erhalten. Hierbei ist nur eine Injektion nötig.

Können Eltern vorbeugen?

Grundsätzlich sind Babys und Kleinkinder besser vor Atemwegsinfektionen geschützt, wenn sie gestillt werden / wurden (lies hier mehr daüber: Wie stille ich mein Baby richtig?) und wenn sie in einem rauchfreien Haushalt aufwachsen.

Die wichtigste konkrete Vorbeugung vor einer RS-Virus-Infektion ist sorgfältige Hygiene wie beim Schutz vor einer Corona-Infektion. Da RSV auch per Schmierinfektion übertragen wird, ist es wichtig, außerdem Spielzeug und andere Dinge regelmäßig zu säubern, die Kinder anfassen und in den Mund stecken.

Eltern und Geschwisterkinder meiden bestenfalls während der RSV-Welle den Kontakt mit erkrankten Personen außerhalb des Haushaltes. Sicher ist sicher.


Quellen:

ELTERN

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