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Kieferorthopäde Wann Dein Kind eine Zahnspange braucht

Erst zum Kieferorthopäden, wenn alle bleibenden Zähne da sind? Nein, denn dann ist schon kostbare Zeit verstrichen. Wer wann welche Zahnspange braucht und wie Kinder damit klarkommen, erklären wir hier.

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Konzentrationsprobleme wegen der Zähne

Wann brauchen Kinder eine Zahnspange?
Wann brauchen Kinder eine Zahnspange?
© iStock

Manchmal ist es offensichtlich: Zu eng oder schief stehende Zähne kann man kaum vor Karies und Zahnfleischentzündungen schützen, weil sie schlecht zu putzen sind. Es ist auch hörbar: Wenn die Schneidezähne nicht an den richtigen Stellen aufeinander treffen, klappt die Bildung von S-, T- und Z-Lauten nicht. Wer allerdings "schief" kaut, bemerkt oft gar nicht, wie er die Kiefergelenke strapaziert - dabei kann die Überlastung Auswirkungen auf den ganzen Körper haben. "Obere und untere Zahnreihe müssen sich exakt an ganz bestimmten Punkten treffen, damit Kraftverteilung und Funktion stimmen", erklärt Soheyl Sigari, Kieferorthopäde in München. "Ist das nicht der Fall, kommt es zu permanenten Fehlbelastungen. Und die verursachen nicht selten Verspannungen, Müdigkeit, Konzentrationsprobleme und eventuell später Kiefergelenksprobleme. Letztere machen heute schon erstaunlich vielen jungen Patienten zu schaffen."

Zahnspange erst bei Zwölfjährigen?

Einen zweiten Termin vereinbaren, wenn das Kind neun Jahre alt ist

Noch immer kursiert die Vorstellung, ein Besuch beim Kieferorthopäden mache erst Sinn, wenn alle bleibenden Zähne durchgebrochen sind. Das ist etwa im zwölften Lebensjahr der Fall. "Bis dahin ist aber kostbare Zeit verstrichen", so Soheyl Sigari. Kieferorthopäden nutzen nämlich im Gegenteil das Wachstum gerne therapeutisch, etwa indem sie die Form des Kieferknochens korrigieren. Sigari rät daher dringend: "Grundsätzlich sollten Kinder im Jahr vor der Einschulung einmal einem Kieferorthopäden vorgestellt werden. Einen zweiten Termin sollten Eltern vereinbaren, wenn das Kind neun Jahre alt ist.
Bis zum großen Wachstumsschub ist dann noch genügend Zeit, um regulierende Maßnahmen einzuleiten. Kommen die Kinder erst in die Pubertät, sind sie nur noch schwer zur Mitarbeit zu motivieren." Die Behandlungsdauer lässt sich so manchmal verkürzen, in der Regel dauert sie ein Jahr bis drei Jahre.

Die häufigsten Fehlstellungen

Fast nie geht es nur um einen einzigen Zahn, der aus der Reihe tanzt. Häufig sind die Kiefer so geformt, dass die obere Zahnreihe nicht richtig auf die untere passt. Manchmal hat die Zunge nicht genügend Platz und rammt beim Kauen und Sprechen gegen die Zähne - Sprachprobleme wie Lispeln, Kieferverformungen und falsche Zahnstellungen sind die Folge.
Knirscht ein Kind mit den Zähnen, kann das (muss aber nicht!) von Fehlstellungen kommen - das gilt auch für Knackgeräusche im Kiefergelenk. Die häufigsten Fehlstellungen, die auch kombiniert auftreten können:

  • Der zurückliegende Unterkiefer. Die Oberkieferfrontzähne stehen weit vor den vorderen Unterkieferzähnen.
  • Der vorstehende Unterkiefer: Die unteren Schneidezähne beißen vor die Oberkieferzähne.
  • Der tiefe Biss: Die oberen Zähne überdecken zur Hälfte oder ganz die unteren Zähne.
  • Der Engstand: Die Zähne stehen nicht in „Reih und Glied“, sondern schief und verschachtelt.
  • Der offene Biss: Die Seitenzähne treffen sich beim Zusammenbeißen, die Frontzähne nicht - hier bleibt eine Öffnung.
  • Der Kreuzbiss: Der Oberkiefer ist schmaler als der Unterkiefer - normalerweise ist es umgekehrt. Das Kind muss den Unterkiefer nach links oder nach rechts verschieben, um richtig zubeißen zu können. Die Folge: Der Unterkiefer wächst entsprechend den Gewohnheiten des Kindes nach rechts oder nach links.
  • Zahnunterzahl: Ein Zahn oder mehrere Zähne sind nicht angelegt.

Welche Zahnspange darf's denn sein?

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, Kieferknochen und Zähnen Orientierung zu geben. Am Anfang bekommen Kinder oft eine

  • herausnehmbare Zahnspange. Diese Gebilde aus Edelstahldraht und Kunststoff werden am Ober- oder Unterkiefer festgeklemmt, um sie in die optimale Position zu lenken, sie können aber auch einzelne Zähne begradigen.
  • Herausnehmbar ist auch der sogenannte Bionator. Er liegt locker im Mundraum und wirkt, ohne Druck auf Zähne oder Knochen auszuüben. Er trainiert Ober- und Unterkiefer, aber auch Zunge und Lippen. Regelmäßige Sprech- und Atemübungen gehören dazu. Soheyl Sigari: "Der Bionator kann sich nicht nur positiv auf den Mundbereich auswirken, sondern auch auf die Wirbelsäure, auf Atmung, Gehör, Stoffwechsel, Lymph- und Immunsystem und über die Kopf- und Körperhaltung auf das gesamte Bewegungssystem mit Muskeln und Knochen."
  • Festsitzende Spangen richten am Kieferknochen nichts aus. Sie werden dann eingesetzt, wenn die Zähne mitsamt ihrer Wurzel bewegt werden müssen, also wenn die Zähne zu eng, gedreht oder gekippt stehen oder zum Beispiel, wenn nach Zahnverlust die Lücke geschlossen werden muss. Bei den Multibandapparaturen sitzt auf jedem Zahn ein Silberplättchen (= Bracket).
    Die modernen Brackets sind relativ klein und auch zahnfarben zu haben. Sie werden mit speziellen Klebstoffen - manche von ihnen setzen zum Schutz der Zähne Fluoride frei - fixiert und dann zunächst mit einem sehr weichen, elastischen Draht untereinander verbunden. Dieser Drahtbogen wird bei den Kontrollterminen erneuert und dabei durch einen jeweils etwas festeren ersetzt. "Die ersten Tage mit einem neuen Bogen können etwas unangenehm sein", sagt Soheyl Sigari. Zur Linderung gibt der Kieferorthopäde homöopathische Mittel.
  • Wenn Kiefer und Zähne ihre Idealposition erreicht haben, muss sich eine Stabilisierungszeit anschließen. Denn die Zähne sind noch beweglich und wollen manchmal in ihre alte Stellung zurückwandern. Stabilisierungsspangen (Retainer) sind in aller Regel herausnehmbar und müssen in der ersten Zeit viel getragen werden. Der Kieferorthopäde kann bei den Kontrollterminen nach und nach immer mehr tägliche Tragezeit erlassen. Die Retention dauert circa ein Jahr, dann kann man davon ausgehen, dass sich die Zähne nicht mehr bewegen.

Bei der Zahnspange gilt: ohne Disziplin kein Erfolg

"Bei allen kieferorthopädischen Maßnahmen ist Konsequenz das Allerwichtigste", mahnt Soheyl Sigari, selbst Vater von zwei Kindern. "Diese Konsequenz müssen oft die Eltern aufbringen, denn von Kindern kann man sie meist nicht erwarten. Doch wenn die Behandlung erfolgreich war, blühen manche Kinder richtig auf!"

Die Zahnspange richtig pflegen

Die kleinen Patienten müssen daher zunächst vom Sinn und Nutzen der Behandlung überzeugt werden, damit die Therapie funktioniert - schließlich brauchen sie viel Disziplin. Dazu gehört vor allem die regelmäßige Pflege, sonst bilden sich kariesfördernde Beläge auf Zähnen und Spange. Deshalb

  • nach jeder Mahlzeit den Mund gründlich ausspülen,
  • mindestens zweimal täglich Zähne (und Spange) gründlich putzen,
  • Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder entsprechenden Bürstchen reinigen,
  • festsitzende Spangen nach Anleitung reinigen (Techniken werden in der kieferorthopädischen Praxis geübt),
  • regelmäßig die professionelle Zahnreinigung wahrnehmen, die die Kieferorthopäden anbieten,
  • bevor man karieshemmende Spezialtabletten oder -lösungen anwendet – unbedingt den Kieferorthopäden fragen!

Wer zahlt die Zahnspange?

Die gesetzliche Krankenkasse zahlt eine kieferorthopädische Behandlung nur noch, wenn die medizinische Notwendigkeit anhand eines Kriterienkatalogs nachgewiesen werden kann.
Maßgeblich ist das sogenannte kieferorthopädische Indikationsgruppensystem (KIG) mit den Graden 1 bis 5. Bei Grad 3 bis 5 übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Behandlung zu 100 Prozent. Nur für Extras wie Glitzer-Spangen oder transparente Brackets müssen Patienten dann selbst aufkommen. Wenn das Kind nur als Grad 1 oder 2 eingestuft wird, übernimmt die Kasse die Kosten nicht - was aber nicht heißt, dass es sich bei den betroffenen Kindern nur um "Schönheitsmaßnahmen" handelt. Eltern sollten sich dann aber nicht ärgern: Stufe 1 und 2 sind dafür auch kleinere Probleme, die sich in kurzer Zeit beheben lassen. Die Behandlungen ab Stufe 3 ziehen sich in der Regel über ein Jahr bis drei Jahre.

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