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Der Alltag wird ohnehin mit einem Neugeborenen auf den Kopf gestellt. So gesehen, ist Urlaub mit Baby ungefähr so chaotisch aber auch so normal, wie der Alltag zu Hause mit einem Neugeborenen. Viele Eltern träumen deshalb davon, einen Teil der Elternzeit für einen längere Reise zu nutzen. Und viele haben diesen Traum auch schon verwirklicht. Zahlreiche Blogs erzählen davon.
Natürlich bestehen gewissen Risiken. Es muss dabei gar nicht die berühmte Weltreise oder der Campingbus-Trip durch den Dschungel sein. Krankheitsgefahren können überall lauern, besonders für Babys. Deshalb empfehlen Reisemediziner:innen und erfahrene Elternzeit-Reisende, sich möglichst früh mit dem Thema auseinanderzusetzen, sorgfältig zu planen und sich reisemedizinisch beraten zu lassen. Denn Sicherheit und Gesundheit stehen an erster Stelle.
Dürfen Babys überhaupt schon reisen?
Fachleute, wie Dr. Hermann Josef Kahl, Bundespressesprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), empfehlen, dass Babys mindestens drei Monate alt sein sollten, bevor sie mit auf Reisen genommen werden. Für einen idealen Zeitpunkt hält Dr. Sarah Kotsias-Konopelska, zweite Vorsitzende der Gesellschaft für Tropenpädiatrie und Internationale Kindergesundheit (GTP), die Phase zwischen zwei U-Untersuchungen, wenn die Grundimmunisierung mit 12 Monaten abgeschlossen ist.
Andererseits birgt ein früherer Zeitpunkt auch Vorteile, zum Beispiel wenn dein Kleines gestillt wird und ihr so kontaminierte Lebensmittel vermeiden könnt, wenn es noch nicht krabbelt und sich noch nicht alles in den Mund steckt (hier erfährst du mehr über die Orale Phase).
Ist das Baby noch keine sechs Wochen alt, wird von einer Flugreise grundsätzlich abgeraten, denn zu dem Zeitpunkt ist die Lunge meist noch nicht vollständig entwickelt.
Welche Gesundheitsgefahren sind zu bedenken?
Weil das Immunsystem von Säuglingen noch nicht vollständig ausgebildet ist, besteht für sie eine größere Ansteckungsgefahr mit Viren und Bakterien. Auch die Verläufe einer Infektionskrankheit können schwerer sein und schneller gefährlich werden.
Die häufigsten Gesundheitsprobleme in einem Urlaub mit Baby sind diese:
- Durchfall
- Atemwegserkrankungen
- Hautprobleme (Sonnenbrand, Insektenstiche)
Was den Sonnenschutz angeht: Die Haut von Säuglingen ist dünner und sensibler als die von Erwachsenen. Meidet deshalb die Sonne in der Mittagszeit von 11 bis 15 Uhr. Babys unter sechs Monaten dürfen der direkten Sonne am besten gar nicht ausgesetzt werden. Kinder brauchen immer einen Sonnenschutz mit Lichtschutzfaktor von mindestens 30, der im ersten Lebensjahr keine chemische, sondern nur mineralische Sonnenschutzfilter, wie Zinkoxid oder Titanoxid, enthält. Hier liest du mehr darüber: Sonnencreme fürs Baby.
Auch die Temperaturregulation funktioniert bei Säuglingen noch nicht richtig, deshalb kann zu große Hitze schnell zu einer gefährlichen Hyperthermie (Überhitzung) führen. In unseren Artikeln dazu kannst du dich noch detaillierter über Sonnenstich bei Kindern, Sonnenbrand bei Babys oder einen Hitzschlag bei Kindern informieren.
Die Malaria-übertragende Anopheles-Mücke ist nachts ab der Dämmerungszeit unterwegs. Andere Stechmücken, die zum Beispiel Dengue, Chikungunya oder Zika übertragen, sind dagegen tagaktiv. Den besten Schutz bieten lange, helle Kleidung und ein insektizidbehandeltes Moskinonetz, auch am Kinderwagen. Die WHO stuft diese Mittel (zum Beispiel Permethrin) als völlig ungefährlich für Säuglinge ein – wenn ihr das Baby davon abhaltet, daran zu Kauen oder zu Saugen! Nicht bedeckte Hautstellen mit Repellentien, also Mückenschutz, behandeln. Für Kinder ab sechs Monaten ist der Wirkstoff Icaridin (20-30 Prozent) zugelassen, Substanzen mit Zitroneneukalyptus-Öl am dem Alter von drei Monaten. Tipp: Moskitoschutz immer etwa eine halbe Stunde nach dem Sonnenschutz auftragen!
Weil sich in Binnengewässern gewöhnlich viele Infektionserreger tummeln, lasst euer Kleines besser nicht in einem stehenden Gewässer plantschen. Ein Besuch im Pool oder Meerwasser ist – wenn ihr gut aufpasst – weniger problematisch.
Wichtig: Neben rein touristischen Reisen gibt es auch viele Familien, die den Urlaub dazu nutzen, um Familie und Freundeskreis, die in anderen Regionen der Welt leben, zu besuchen. Die Kinder dieser VFR (visiting friends and relatives) haben durch den engeren Kontakt zu den Einheimischen und einem insgesamt geringeren Gefahrenbewusstsein aller Beteiligten ein höheres Risiko, sich eine Infektionskrankheit einzuhandeln. Darauf weist ein gemeinsames Dossier der Schweizerischen Fachgesellschaft für Reise- und Tropenmedizin (EKRM) und der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) hin.
Was, wenn das Kind unterwegs krank wird?
Babys und Kinder sind generell anfälliger für Magen-Darm-Infektionen. Sofern du nicht stillst, achte auf eine konsequente Nahrungsmittelhygiene:
- Essen durchgaren und noch warm geben.
- Früchte unmittelbar vor dem Essen schälen.
- Keine nichtpasteurisierten Milchprodukte verwenden.
- Kein Trinkwasser verwenden, Wasser für die Zubereitung von Säuglingsnahrung unbedingt abkochen.
- Nach dem Windelwechseln gründlich Händewaschen – mit Seife.
- Flaschen, Schnuller, Beißringe und andere Utensilien sorgfältig reinigen (auskochen).
Weil Durchfall und Erbrechen bei kleinen Kindern schnell zu einem gefährlichen Elektrolytverlust und Dehydrierung führen können, achtet besonders auf Anzeichen wie Lethargie, eingesunkene Augen oder auch blutigen Durchfall und geht dann so schnell wie möglich in eine Arztpraxis oder ein Krankenhaus. Bis dahin spezielle Elektrolyt-Lösungen oder Zucker-/Salzlösungen geben.
Bei ansteckenden Kinderkrankheiten, wie zum Beispiel Windpocken, Masern, Keuchhusten, gilt übrigens ein Flugverbot! In dem Fall seid ihr verpflichtet, den Flug umzubuchen oder zu stornieren.
Welche Impfungen sind möglich und nötig?
Die von der STIKO (Ständige Impfkommission des Robert Koch Instituts) empfohlenen Standardimpfungen (den vollständigen, aktuellen Impfkalender findest du auf der RKI-Seite) werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt :
- Ab 6 Wochen: Rotavirus-Schluckimpfung
- Ab 2 Monaten: Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Haemophilus influenzae B (HiB), Kinderlähmung, Hepatitis B, Pneumokokken
- Ab 11 Monaten (9, wenn schon Kita-Kind): Masern, Mumps, Röteln
- Ab 12 Monaten: Meningokokken C
Darüber hinaus kommt es auf das jeweilige Reiseziel und die Reisedauer an. So ist eine Impfung gegen Gelbfieber bei der Einreise in bestimmten Ländern vorgeschrieben ist. Sie darf frühestens mit 9 Monaten verabreicht werden und auch nur in anerkannten Gelbfieberimpfstellen. Wendet euch am besten an eine spezielle Praxis mit reisemedizinischer Zusatzqualifikation. Adressen findet ihr zum Beispiel auf der Seite des CRM Centrum für Reisemedizin.
Impfung gegen | Zugelassen ab |
Tollwut | ohne Altersbeschränkung |
Meningokokken-Meningitis | 6 Wochen (ACWY) |
Japanische Enzephalitis | 2 Monaten |
Influenza (Grippe) | 6 Monaten (Totimpfstoff) |
Varizellen | 9 Monaten |
FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) | 1 Jahr |
Hepatitis A | 1 Jahr |
Typhus | 2 Jahren (Spritze) |
Cholera | 2 Jahren |
Eine Infektion mit Meningokokken ist besonders für Babys und Säuglinge gefährlich. Sie kann eine lebensbedrohliche Sepsis auslösen und zu lebenslangen Schädigungen führen. Die meisten Meningokokken-Infektionen werden von der Bakteriengruppe B verursacht, doch für sie gilt noch keine offizielle STIKO-Empfehlung. Inzwischen bieten jedoch viele gesetzliche Krankenkassen ihren Versicherten an, die Kosten für diese Impfung zu erstatten. Frage bei deiner Kasse gezielt nach oder erkundige dich auf www.meningitis-bewegt.de/kostenerstattung. Auch als Reiseimpfung kann die Meningokokken-Impfung im Rahmen einer Satzungsleistung bezahlt werden.
Brauchen wir bestimmte Dokumente?
Ob ihr für die Einreise ein Visum oder besondere Impfungen benötigt, erfahrt ihr über die Botschaft oder die Landesvertretung des jeweiligen Landes. Erkundigt euch also rechtzeitig, am besten drei Monate vor eurer Abreise.
Je nach Land benötigt euer Baby einen eigenen Kinderreisepass oder einen regulären Pass. Beim Standesamt könnt ihr eine internationale Geburtsurkunde beantragen. Sollte ein Elternteil zu Hause bleiben, benötigst du eine eidesstattliche Erklärung, dass er oder sie mit der Reise einverstanden ist.
Kümmert euch auch um eine Auslandskranken- und eine Reiserücktrittsversicherung und nehmt entsprechende Bestätigungen mit. Vor Abreise am besten alle Dokumente mit dem Handy fotografieren und die Bilder oder Scans am besten in einer Cloud ablegen, damit ihr jederzeit Zugriff darauf habt, sollte mal etwas verloren gehen.
Was gehört in die Reiseapotheke?
Sprecht eure Reisepläne mit der Kinderärztin oder dem Kinderarzt ab und erfragt, welche Medikamente im speziellen Fall geeignet sind. Grundsätzlich gehören diese Mittel und Helfer zur Pflichtausstattung:
- Fieberthermometer
- Mittel gegen Fieber und Schmerzen
- Sonnenschutz
- Mückenschutz
- Rehydrierungsmittel
- Wunddesinfektionsmittel
- Pinzette
- Schere
- Pflaster, Verbandsmaterial
Lese-Tipps für weitere Informationen: Reiseapotheke für Babys und Kinder, Packliste für den Familienurlaub
Quellen:
- Ärzte Zeitung: Das gilt es bei Reisen mit Kleinkindern zu beachten, 10.6.19
- Hiestand J, Relly C, De Crom-Beer et al.: Baby on board – ein Beratungsleitfaden für Reisen mit Kindern, Dtsch med Wochenschr 2022; 147: 767–779
- Nationale Lenkungsgruppe Impfen: Standardimpfungen, 20.3.23
- Schindler, Stefanie: Reisehacks für frischgebackene Eltern, Conbook (2022)