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Sekundäres Ertrinken Alles über das seltene Phänomen

Sekundäres Ertrinken: Person hält ein Baby fest, das im flachen Wasser spielt
© Austockphoto / Adobe Stock
Die Bezeichnung "sekundäres Ertrinken" beschreibt ein seltenes Phänomen: Nach einem Ertrinkungsunfall kommt es hierbei mit Verzögerung zum Tode. Warum der Begriff heute nicht mehr verwendet wird und wie ihr eure Kinder vor Badeunfällen schützen könnt, erfahrt ihr hier.

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Ein Kleinkind geht im Wasser unter, atmet wenige Milliliter Flüssigkeit ein, droht zu ertrinken – und wird gerettet. Doch in den nächsten Tagen oder Stunden verschlechtert sich sein Zustand plötzlich und ohne Vorwarnung. Es hat starken Husten und bekommt schwer Luft; schließlich verstirbt es an den Folgen des Ertrinkungsunfalls. Dieses Horrorszenario – umgangssprachlich häufig noch immer als sekundäres Ertrinken bezeichnet – kommt in dieser Form glücklicherweise nicht vor und kann als Mythos bezeichnet werden. Wir erklären euch, was es mit der Bezeichnung und dem Phänomen auf sich hat und warum ihr als Eltern keine Panik vor verschluckten Wassertropfen haben müsst!

Was ist sekundäres Ertrinken?

Die Bezeichnung "sekundäres Ertrinken" beschreibt eine potenziell tödliche Reaktion auf eingeatmetes Wasser: Kommt es infolge eines Ertrinkungsunfalls zu einem Eindringen von Flüssigkeit in die Lunge (Aspiration), kann dies in seltenen Fällen zu einer Lungenentzündung oder einem Lungenödem mit Versagen der Lunge führen. Die verzögerten Entzündungsreaktionen können zu einer Störung des Gasaustausches führen und die betroffenen Menschen ersticken – ohne Behandlung – am Sauerstoffmangel. Sekundäres Ertrinken meint hier also, dass die Betroffenen ertrinken (eigentlich ersticken), obwohl sie aus dem Wasser gerettet wurden.

Das ist aber – streng genommen – nicht korrekt: Denn tatsächlich ist das sekundäre Ertrinken eine Komplikation, die infolge des Unfalles im Wasser eintreten kann. Das heißt: die betroffenen Menschen ertrinken nicht, sondern können in Ausnahmefällen an den Folgen des Ertrinkungsunfalls sterben.
Daher wird die Bezeichnung "sekundäres Ertrinken" heute auch nicht mehr empfohlen. Die WHO hat 2002 die Definition des Ertrinkens vereinheitlicht und empfiehlt, nur noch von Ertrinken mit tödlichem oder nicht tödlichem Ausgang zu sprechen. Eine Unterscheidung zwischen sekundärem Ertrinken, trockenem Ertrinken, Beinahe-Ertrinken und dergleichen wird seitdem von Ärzten und Ärztinnen nicht mehr vorgenommen.

Häufig wird unter der Bezeichnung "sekundäres Ertrinken" zudem verstanden, dass Betroffene plötzlich und unerwartet viele Stunden oder sogar Tage nach dem Einatmen von Wasser versterben – ohne, dass vorher Symptome erkennbar waren. Doch das ist ein Mythos: Kommt es zu einer Aspiration – also wird Wasser eingeatmet – und dadurch zu Komplikationen, lässt sich das anhand von typischen Symptomen schnell erkennen und behandeln. Fälle, bei denen Betroffene zunächst keine Symptome aufwiesen und deren Zustand sich dann dramatisch verschlechterte, sind in der medizinischen Fachliteratur nicht bekannt.

Trockenes und sekundäres Ertrinken – was ist der Unterschied?

"Trockenes Ertrinken" war nie ein anerkannter medizinischer Begriff, wurde aber in der Vergangenheit entweder als Synonym zum "sekundäres Ertrinken" gebraucht oder in der Rechtsmedizin verwendet, wenn sich bei Ertrunkenen keine nennenswerte Menge Wasser in der Lunge fand.

Ein möglicher Erklärungsansatz hierfür ist der sogenannte Stimmritzenkrampf (Laryngospasmus): Dringt plötzlich Flüssigkeit in die Atemwege ein – zum Beispiel bei einem Sturz ins Wasser – kann es zu einem Stimmritzenkrampf (auch Glottiskrampf genannt) kommen. Dieser Reflex soll verhindern, dass weitere Flüssigkeit in die Lunge eindringen kann, indem er die Atmung blockiert. Das Verkrampfen der Stimmritze ist eigentlich ein sehr wirkungsvoller Schutzmechanismus, doch es kann passieren, dass sich der Krampf nicht wieder löst und die Betroffenen aufgrund von Sauerstoffmangel ersticken. Hierzu kommt es aber nur in sehr seltenen Fällen.

Welche Symptome und Anzeichen gibt es?

Ist euer Kind unbeabsichtigt mit dem Kopf unter Wasser geraten und konnte infolgedessen nicht mehr atmen, sucht in jedem Fall eine Notaufnahme auf oder ruft einen Rettungswagen. Auch dann, wenn sich euer Kind schnell und – augenscheinlich – ohne Schaden oder Symptome vom Untertauchen erholt hat. Die Mediziner:innen werden dann entscheiden, ob eine stationäre Überwachung infolge des Badeunfalls nötig ist.

Achtet als Eltern auf folgende Symptome und Anzeichen einer Lungen-Komplikation bei eurem Kind:

  • starker und anhaltender Husten mit eventuell schaumigem Auswurf
  • flache und angestrengte Atmung (kann rasselnd klingen)
  • zunehmende Atemnot
  • Erbrechen und Fieber
  • blaue Lippen und blasse Haut
  • Abgeschlagenheit und Müdigkeit

Wie bereits geschildert: Kommt es aufgrund des Badeunfalls zu Komplikationen, lässt sich das anhand der typischen Symptome bei einer ärztlichen Abklärung herausfinden. Ihr müsst euch als Eltern keine Sorgen machen, dass euer Kind ohne Vorzeichen plötzlich am sogenannten sekundären Ertrinken verstirbt! Sucht nach einem Unfall im Wasser immer euren Arzt oder eure Ärztin auf – diese werden euch beraten.

Im Notfall sofort mit der Beatmung beginnen

Wenn euer Kind nach einem Badeunfall bewusstlos ist und nicht mehr atmet, beginnt sofort mit Wiederbelebungsmaßnahmen wie Mund-Nasen-Beatmung und Herzmassage. Dies führt ihr solange durch, bis der Notarzt oder die Notärztin eingetroffen ist. Um im Notfall richtig handeln zu können, empfiehlt sich hierzu ein Erste-Hilfe-Kurs für Eltern.  

Wie lassen sich Badeunfälle verhindern?

Das sogenannte sekundäre Ertrinken kommt äußerst selten vor – tödliche Badeunfälle gibt es dennoch zu viele. Laut DLRG ließen sich etwa 80 Prozent von ihnen vermeiden. Hier erfahrt ihr, wie ihr als Eltern eure Kinder bestmöglich vor dem Ertrinken schützen könnt:

  • Aufsicht
    Babys und Kleinkinder dürfen unter keinen Umständen unbeaufsichtigt mit Wasser spielen. Selbst kleinste Pfützen oder die flach befüllte Badewanne können für sie zur lebensbedrohlichen Gefahr werden. Und das gilt auch, wenn eure Kinder keine Nichtschwimmer mehr sind – behaltet sie gerade in unbekannten und unbewachten Gewässern im Auge. Kinder können Risiken und Gefahren noch nicht vollständig einschätzen.
  • Klare Absprachen
    Ihr seid mehrere Erwachsene und verlasst euch darauf, dass schon immer jemand ein Auge auf die Kinder im Pool haben wird? Das ist gefährlich! Denn wenn sich alle aufeinander verlassen, schaut am Ende keiner mehr hin. Sprecht daher ganz genau ab, wer die Verantwortung trägt. Übrigens: Geschwisterkinder sind keine angemessenen Aufsichtspersonen!
  • Absicherung
    Ihr habt einen Gartenteich oder einen Swimmingpool? Dann zäunt ihn kindersicher ein. So könnt ihr Unfällen effektiv vorbeugen. Regentonnen können ebenfalls gefährlich werden, wenn euer Kind kopfüber hineinstürzt. Diese am besten mit abschließbaren Deckeln sichern.
  • Schwimmunterricht
    Bringt euren Kindern so früh wie möglich das Schwimmen bei und geht regelmäßig mit ihnen zum Üben. Hierzu könnt ihr professionellen Schwimmunterricht wählen oder den Kleinen selbst das Schwimmen beibringen. Wichtig: das Seepferdchen ist nur der Anfang. Sichere Schwimmer sind eure Kinder erst mit dem Erhalt des Bronzeabzeichens.
  • Aufklärung
    Gerade wenn eure Kinder älter werden, ist es wichtig, sie über Gefahren in unbewachten Gewässern wie Seen und Flüssen aufzuklären. Ebenso wichtig: Leichtsinnige Mutproben können Leben kosten – sensibilisiert eure Kinder dafür. Können sie ihre Fähigkeiten realistisch einschätzen, trägt das erheblich zu ihrer Sicherheit bei.
  • Schwimmhilfen und Co.
    Schwimmflügel, Luftmatratzen oder andere Schwimmhilfen sind kein Schutz vor dem Ertrinken: Auch wenn euer Kind damit ausgestattet ist, ist eure Aufsicht gefragt! Von sogenannten Schwimmsitzen für Babys rät der DLRG dringend ab: Wenn die Kleinen damit umkippen, sind sie unter Wasser gefangen.

Quellen:

ELTERN

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