Warum Frauen Signale nicht richtig deuten
- Herzinfarkte gelten als Männer-Krankheiten. Daher ignorieren Frauen und Ärzte oft eindeutige Vorboten.
- Der Infarkt äußert sich bei Frauen oft anders an als bei Männern: "Statt des typischen Alarmsignals, Schmerzen im linken Brustraum, die bis in den Arm ausstrahlen, klagen Frauen häufig über Magenbeschwerden, Übelkeit, auch Rückenschmerzen", weiß Professor Ellen Hoffmann, Chefärztin der kardiologischen Abteilung am Klinikum Bogenhausen in München. Ärzte deuten diese Symptome manchmal falsch.
- Die weibliche Schmerzschwelle liegt weit höher als die von Männern. "Das wird schon vergehen", denken Frauen, wenn ihnen übel ist, und kümmern sich erst einmal um vermeintlich wichtigere Dinge, bevor sie den Arzt rufen.
Daher kommt die lebenswichtige Hilfe oft zu spät. Infarktpatientinnen erreichen im Schnitt fast eine Stunde später das Krankenhaus als männliche Opfer. Dabei entscheiden gerade die ersten Minuten und Stunden über die optimale Therapie. "Akutmaßnahmen, die den Gefäßverschluss wieder öffnen können, wie Ballonkatheter und Lyseverfahren, müssen schnellstmöglich eingeleitet werden, um gute Erfolgsaussichten zu haben", betont Professor Hoffmann.
Welche Ursachen haben Infarkte?
Die Erkrankung der Herzkranzgefäße selbst beginnt ganz langsam: Im Laufe der Jahre lagern sich an den Wänden der Arterien Fett und Kalk an und verengen sie. Inzwischen vermuten Wissenschaftler, dass an diesem Prozess auch Entzündungen beteiligt sein können. Bricht eine Ablagerung plötzlich auf, entsteht ein Blutgerinnsel, das das Gefäß verstopft. Der Blutfluss stockt, der Herzmuskel wird nicht mehr versorgt, wertvolles Gewebe stirbt ab. Je ausgedehnter das Infarktgebiet, desto geringer die Überlebenschance.
Dank ihres Östrogenhaushaltes haben Frauen zunächst einen natürlichen Schutz gegen Gefäßerkrankungen. Die weiblichen Hormone bremsen die Bildung des gefährlichen Cholesterins LDL, das sich an den Gefäßwänden ablagert, und fördern die Bildung des "guten" HDL - Cholesterins, das die Gefäße schützt. Mit dem Absinken des Östrogens nach der Menopause steigt die Gefahr, eine Herzerkrankung zu bekommen, sprunghaft an.
Infarktrisiko bei jüngeren Frauen ist gestiegen
Doch nicht nur Frauen jenseits der 50 sollten auf ihr Herz achten. Eine Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO zeigt, dass gerade das Infarktrisiko der 25- bis 54-Jährigen in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen hat. Immer mehr junge Mädchen und Frauen greifen zur Zigarette und erhöhen damit ihr Infarktrisiko um das Vierfache. Denn Nikotin schädigt die Gefäßwände. Kommt die Pille hinzu, potenziert sich das Risiko, jedes zusätzliche Gesundheitsproblem lässt es weiter steigen: Diabetes, aber auch hoher Blutdruck, Übergewicht und Bewegungsmangel schwächen das Herz noch zusätzlich.
Wodurch kann man das Risiko mindern?
"Nicht rauchen und ausreichend Bewegung - am besten bei einem Ausdauersport", rät Professor Hoffmann, denn: Sport lässt Blutdruck und Blutfettwerte sinken, verbessert die Durchblutung und wirkt einer Zuckererkrankung entgegen. "Wer seine Risikofaktoren minimiert, dazu täglich eine halbe Stunden läuft oder Rad fährt, hat die beste Prophylaxe gegen den Infarkt", betont die Kardiologin. Eine ausgewogene Ernährung spielt ebenfalls eine große Rolle.
Als besonders herzfreundlich hat sich die Mittelmeer-Küche erwiesen: Schon 200 Gramm frisches Obst und Gemüse täglich reduzieren das Infarktrisiko um ca. 60 Prozent, ergab eine Studie der Hamburger Uni-Klinik Eppendorf. Auch wichtig: Kartoffeln, Reis und Nudeln und möglichst oft fetten Kaltwasserfisch wie Lachs, Hering, Makrele oder Sardine. Mit seinen Omega-3-Fettsäuren senkt er den Blutdruck und erhöht das wertvolle HDL-Cholesterin. Denselben Effekt haben kalt gepresstes Olivenöl, Raps- und Walnussöl.
Auch Knoblauch, seit langem als natürliches Anti-Aging-Mittel gerühmt, verbessert den Blutfluss und senkt den schädlichen LDL-Cholesterinspiegel. Frauen, die gerne Nüsse knabbern, beugen damit ebenfalls einer Herzerkrankung vor.
Faktor Stress
Dass Stress ans Herz geht, ist bekannt. Vor allem Mütter tun sich aber oft schwer, Belastungen zu reduzieren. Doch es gibt keinen anderen Weg. "Dauerbelastung führt zu einer Überproduktion des Stresshormons Cortisol. Das treibt den Blutdruck in gefährliche Höhen, zusätzlich beschleunigt das Angriffshormon Noradrenalin den Puls", warnt Ellen Hoffmann.
Sport hilft, Stress abzubauen. Wer es nicht schafft, regelmäßig zu laufen oder Fahrrad zu fahren, sollte zumindest täglich eine Verschnaufpause einlegen, zum Beispiel mit Yoga, autogenem Training oder einer anderen Entspannungstechnik. Außerdem rät Ellen Hoffmann, Cholesterinspiegel und Blutdruck kontrollieren zu lassen. Grund zur Panik besteht dennoch nicht. Wer die genannten Risikofaktoren für sich ausschließen kann, muss nicht an einen Infarkt denken, wenn es im Brustraum oder Magen drückt. Alle anderen sollten lieber einmal zu viel den Notarzt rufen als einmal zu spät.