Ein Interview mit Prof. Dr. Lutz Gürtler, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie der Universität Greifswald.
Manche Menschen haben einen regelrechten Ekel vor Tieren, andere nehmen ihr Haustier mit ins Bett. Wo stehen Sie als Mediziner?
Die meisten Haustiere haben Bodenkontakt, manche von ihnen machen Beute, manche fressen Undefinierbares - das darf man nicht verharmlosen. Tatsache ist auch, dass es Infektionserreger gibt, die vom Tier auf den Menschen übergehen können. Das sind keine neuen Erkenntnisse und kein Anlass zur Panik. Die jährliche Grippewelle beispielsweise geht vom Tier aus.
Die Themen SARS und Vogelgrippe haben den Eindruck hinterlassen, als sei es bald so weit, dass uns massenhafte Virenübertragungen von Tieren bevorstehen.
Das ist Unsinn. Früher gab es genau so viele Erreger und es hat schon immer auch Übertragungen auf den Menschen gegeben. Heute kann man dank molekularbiologischer Verfahren nur besser diagnostizieren, wo bestimmte Erreger herkommen. Teilweise kann man therapieren. Die zunehmende Reisefreudigkeit bringt es allerdings auch mit sich, dass wir es mit Erregern zu tun bekommen, die unser Immunsystem noch nicht kennt, die dann Krankheit auslösen können - aber nicht müssen!
Mit exotischen Haustieren sollte man also eher vorsichtig sein?
Das ist richtig. Exotische Tiere aber auch irgendwo aufgesammelte herrenlose Katzen oder Hunde können für unser Immunsystem unbekannte Erreger mitbringen. Allerdings wird auch diese Gefahr teilweise sehr hochgespielt, denn manche Erreger aus den Tropen beispielsweise finden hierzulande nicht gerade ideale Temperaturbedingungen vor.
Können auch Bakterien und Pilze vom Tier auf Menschen übertragen werden?
Selbstverständlich. Bakterien freuen sich, wenn sie auch mal auf einem Menschen wachsen können. Wir hatten gerade einen Fall von Diphtherie, bei dem die Erreger von einer Katze kamen. Die bekannten Salmonellen, aber auch Yersinien, die chronisch-entzündliche Erkrankungen verursachen, können auch von Hunden auf den Menschen übertragen werden. Haar-Pilz-Infektionen werden häufig von Katzen oder Meerschweinchen übertragen.
Schützt die regelmäßige tierärztliche Kontrolle davor, sich beim eigenen Tier anzustecken?
Regelmäßiges Impfen und Entwurmen ist wichtig. Aber mindestens ebenso wichtig ist das Händewaschen nach Kontakt. Kindern sollte es in Fleisch und Blut übergehen, nach jedem Kontakt mit dem Tier die Hände zu waschen.
Reicht ganz normales Händewaschen?
Ja. Die Hände mit Seife zu waschen, reduziert die Keimzahl auf der Haut ganz erheblich. Und wenn ein Kind das Tier nicht mit ins Bett nimmt und sich nicht abbusseln lässt, ist die Infektionsgefahr sehr gering. Dass ein Hund zur Begrüßung mal hochspringt und die Zunge durchs Gesicht zieht, ist nicht immer zu vermeiden. Aber davon bekommt man nicht gleich eine Infektion. Wir sprechen hier von normal geführten Haushalten. Statistisch gesehen sind Menschen, die Haustiere haben, nicht häufiger krank als die Zeitgenossen ohne Tiere.
Diskutieren Sie mit!
Sollte ein Haustier nur ein Spielgefährte sein oder auch Schmusetier? Welche Regeln sollten Ihrer Meinung nach im Umgang mit Tieren gelten? Diskutieren Sie in unserem Forum.