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Was ist ein Wasserkopf?

Ein Wasserkopf (Hydrocephalus/Hydrozephalus) entsteht, wenn sich zu viel Flüssigkeit im Gehirn sammelt. Bei einem gesunden Menschen umspült der sogenannte Liquor (Liquor cerebrospinalis) Gehirn und Rückenmark, um sie zu reinigen, zu nähren und vor Infekten und Stößen zu schützen. Die Bildung des Liquors und die Wiederabgabe in den Blutstrom halten sich die Waage. Ist dieses Gleichgewicht gestört, nimmt das Volumen des Hirnwassers zu. Die Hirnkammern (Ventrikel) dehnen sich aus. Dadurch geraten auch die anderen Gehirnteile unter Druck. Sie haben nun zu wenig Platz und streben nach außen. Da die Schädelknochen bei Babys noch nicht zusammengewachsen sind, führt der Platzmangel dazu, dass sich der Schädel stark ausdehnt. Kommt die Behandlung zu spät, kann das Gehirn nachhaltig geschädigt werden.
Übrigens: Heute benutzt man eher den korrekten medizinischen Begriff Hydrocephalus. Die Bezeichnung Wasserkopf ist im allgemeinen Sprachgebrauch aber immer noch zu finden. Wir haben uns in der Redaktion entschieden, beide Begrifflichkeiten zu verwenden.
Wer ist betroffen?

Ein Wasserkopf kommt sowohl bei Säuglingen als auch bei Erwachsenen vor. Jedes 1000ste Baby ist bereits bei der Geburt betroffen. Die Erkrankung kann aber auch durch Infektionen oder Hirntumore entstehen. Besonders Frühchen haben ein erhöhtes Risiko. Sie sind aufgrund der Unreife ihres Gehirns und bestimmter Stressfaktoren nach der Geburt besonders anfällig für Hirnblutungen, die Auslöser für einen Wasserkopf sein können.
Die Krankheit tritt zu 80 Prozent in Zusammenhang mit einem spina bifida auf. Aber auch andere angeborene Krankheiten begünstigen die Entstehung. Dazu gehören zum Beispiel die Monosomie 4p, die Arnold-Chiari-Malformation oder das Dandy-Walker-Syndrom.
Welche Ursachen hat ein Wasserkopf?

Bei einem Wasserkopf ist der Flüssigkeitshaushalt von Gehirn und Rückenmark aus dem Gleichgewicht. Es kommt zu einem Stau. Die Ursachen dafür sind vielfältig:
Hydrocephalus occlusus
Der Hydrocephalus occlusus kommt mit 60 Prozent am häufigsten vor. Hier ist der Abfluss des Liquors blockiert. Ist dies die Folge von Blutungen, Entzündungen, Tumoren, veränderten Blutgefäßen oder einem Schädel-Hirn-Trauma, spricht man auch von einem sekundären oder erworbenen Hydrocephalus. Als primäre Form kommt der Hydrocephalus occlusus weitaus seltener vor. Dann behindern erbliche Fehlbildungen von Teilen des Ventrikelsystems die Balance im Flüssigkeitshaushalt des Gehirns.
Hydrocephalus nonresorptivus
In 30 Prozent der Fälle ist der Wasserkopf vermutlich eine Folge von Entzündungen oder Blutungen in den Hirnhäuten. Bei einem Hydrocephalus nonresorptivus können die Hirnhäute die Flüssigkeit nicht wieder aufnehmen und das Liquorvolumen nimmt zu.
Hydrocephalus hypersecretorius
Seltener liegen die Ursachen für einen Wasserkopf auch in einer vermehrten Liquorproduktion. Zu einem Hydrocephalus hypersecretorius kann es durch Vergiftungen (Kohlenmonoxid, Quecksilber) oder Gehirnentzündungen kommen.
Hydrocephalus e vacuo
Bei einem Hydrocephalus e vacuo ist eine angeborene Fehlbildung des Gehirns die Ursache. Alle Liquorräume sind von Geburt an erweitert und füllen sich in der Folge mit mehr Hirn-Rückenmarks-Flüssigkeit.
Formen des Hydrocephalus nach betroffenen Regionen
Bezeichnung |
|
Hydrocephalus internus | Erweiterung der Ventrikel (Hirnkammern) |
Hydrocephalus externus | Erweiterung des Subarachnoidalraums (spaltförmiger Raum zwischen den Hirnhäuten) |
Hydrocephalus externus und internus (auch communicans) | Innere und äußere Liquorräume sind betroffen |
Typische Symptome
Bei einem Säugling sind die Symptome eines unbehandelten Wasserkopfs auch für einen Laien zu erkennen. Der Umfang des Kopfes ist überproportional vergrößert. Die noch nicht geschlossene Schädeldecke gibt dem erhöhten Gehirndruck nach, Fontanelle und Schädelnähte sind vorgewölbt, die Schädelvenen gestaut. Neben dem großen Kopf sind bei einigen Kindern das teilweise Verschwinden der Augenhornhaut hinter dem unteren Augenlid ("Sonnenuntergangsphänomen") sowie eine vorgewölbte Stirn weitere Symptome. Hinzu kommen Erbrechen, Teilnahmslosigkeit, Reizbarkeit, Krampfanfälle, Schreiphasen und Trinkschwäche.
Die ballonartige Vergrößerung des Kopfes schützt das Gehirn bis zu einem gewissen Grad vor einer dauerhaften Schädigung. Von diesem Effekt können erwachsene Betroffene nicht profitieren. Der Liqour nimmt den anderen Teilen des Hirngewebes den Platz weg, staucht sie und schädigt sie damit schwer. Die folgenden Symptome treten vor allem bei älteren Kindern und Erwachsenen auf:
- Nüchternerbrechen
- starke Kopfschmerzen
- Lethargie
- Krampfanfälle
- Epileptische Anfälle
- Sehstörungen (Doppelbilder)
- Bewusstseinstrübungen bis hin zum Koma
- schlechte Konzentrationsfähigkeit
- Gangstörungen
- eingeschränkte Gedächtnisfunktion/Demenz
- Harninkontinenz
So wird die ärztliche Diagnose gestellt
Um den Befund anhand der auf den ersten Blick sichtbaren Symptome zu bestätigen, wird bei einem Baby in der Regel ein Ultraschall gemacht. Bei älteren Patienten sind bildgebende Verfahren wie die Computertomografie, die Magnetresonanztomografie (MRT) und die Messung der Druckverhältnisse im Gehirn weitere diagnostische Mittel. Mit ihnen versuchen die Ärzte nicht nur die Diagnose zu bestätigen, sondern auch der Ursache auf die Spur zu kommen. Denn nach dem Auslöser richtet sich die anschließende Therapie.
Dass die Gefahr eines Wasserkopfs besteht, wissen Eltern in einigen Fällen schon während er Schwangerschaft. Pränataldiagnostische Untersuchungen können bereits Aufschluss über erweiterte Ventrikel geben. Teilweise ist es sogar möglich, den Fötus schon im Bauch der Mutter zu behandeln.
Therapie eines Hydrocephalus

Die Krankheit selbst ist nicht heilbar. Aber die Symptome des Patienten können gelindert werden. Wie erfolgreich die Therapie ist, hängt vor allem davon ab, ob die Ursache geklärt und im besten Fall beseitigt werden kann. Etwa bei einem Tumor oder einer Zyste. Um die Kopfschmerzen und andere Symptome zu behandeln, können kurzfristig Medikamente eingesetzt werden.
Das Wichtigste ist, den Druck aus dem Gehirn zu nehmen. Das geschieht meistens mit einem sogenannten Shunt. Dazu wird in einer Operation ein kleines Loch in den Schädel des Patienten gebohrt und dann ein Katheter mit einem sehr dünnen Silikonschlauch vom Gehirn unter der Haut bis in den Bauchraum geführt. Dort kann nun die überschüssige Flüssigkeit vom Körper abgebaut werden. Ein Ventil hinter dem Ohr des Patienten passt sich automatisch dem Druck im Ventrikel an und gleicht ihn durch die Ableitung der Flüssigkeit aus. Da der Shunt zu Entzündungen und anderen Nebenwirkungen führen kann, ist es möglich, dass er in weiteren Operationen mehrmals ausgetauscht werden muss.
Eine andere Therapie kann zum Einsatz kommen, wenn eine Abflussstörung von den inneren zu den äußeren Liquorräumen vorliegt. Bei einer endoskopischen Ventrikulostomie (ETV) wird ein winziges Loch in die Wand der Hirnkammer gebohrt. Ziel ist es, einen Umgehungskreislauf zu schaffen. Dieser ermöglicht nach einer erfolgreichen OP den Abfluss des Hirnwassers in die äußeren Liquorräume und zwischen die Hirnhäute.
Welche Prognose haben die betroffenen Kinder?
Wurde bei Säuglingen und Kindern schon frühzeitig ein Shunt eingesetzt, können sich die kleinen Patienten – in Abhängigkeit von der Grunderkrankung – in der Folgezeit ganz normal entwickeln. Auch der Kopfumfang wird wieder zurückgehen und ein normales Maß erreichen. Wenn durch den Shunt sogar zu viel Liquor abgeleitet wird, kann der Kopfumfang durch ein zu frühes Verschließen der Schädelnähte auch unter der Norm liegen. Noch positiver ist die Prognose, wenn die Ursache – z.B. ein Tumor oder eine Zyste – beseitigt werden konnte. Nur dann ist eine langfristige Normalisierung des Flüssigkeitshaushalts in Hirn und Rückenmark zu erwarten.
Wurde die Diagnose aber zu spät gestellt, kann die Entwicklung des Kindes durch die Hirnschädigung verzögert oder auch stark beeinträchtigt sein. Bei einer angeborenen Form ist eine geistige Behinderung wahrscheinlich. Ohne Behandlung können die Hirnschädigungen auch zum Tod führen.