Mein Sohn kam vor zwei Jahren zur Welt. Da waren Mütter (in Deutschland) bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 30,1 Jahre alt. Neun Jahre älter als ich, denn ich war 21 – und das sah man mir auch an.
Die Reaktionen auf meine Schwangerschaft waren nicht das, was ich erwartet hatte. Freunde und Bekannte gaben sich geschockt oder dachten, ich wolle mir einen Scherz erlauben. Meine Familie meinte eher: "Das kriegen wir schon hin." Aber die große Freude, Umarmungen und Glückwünsche blieben aus. Wieso eigentlich?
Unerfahren, naiv, kein Ehrgeiz, keine Berufsausbildung, geschweige denn ein gesichertes Einkommen – so stellen sich viele eine junge Mutter vor. Selbst gerade erst aus dem Kindesalter heraus! Unfähig, Verantwortung für ein Baby zu übernehmen!! Bei 30-Jährigen stellt niemand infrage, ob sie reif genug für die Familiengründung sind. Ob das Kind geplant war. Aber wenn du schon mit Mitte 20 schwanger wirst, hast du nicht nur selbst Zweifel, dann zweifelt auch die Gesellschaft.
Man muss sich also beweisen: Ich bin eine gute Mutter, obwohl ich jung bin. Ob beim Frauenarzt, im Geburtsvorbereitungskurs oder dann in der Klinik – du fällst auf. Und sobald das Baby da ist, scheint eines klar: Das kann doch nicht die Mutter sein! Man hält uns für den Babysitter, fürs Au-pair und manchmal sogar die große Schwester. Es fällt einem schwer, das als Kompliment zu sehen. Eigentlich wollen wir nur eines: als Mütter unserer Kinder ernst genommen werden.
Unsere Eltern und Großeltern hatten das Problem eher nicht: Noch 1965 lag das Durchschnittsalter erstgebärender Frauen bei 24,9 Jahren (im Westen), in Ostdeutschland sogar bei 23,2. Da war es völlig normal, mit 21 ein Kind zu bekommen.
Warum auch nicht, schließlich sind Frauen zwischen 20 und 25 am fruchtbarsten. Auch die Wahrscheinlichkeit für eine gesunde Schwangerschaft ohne Komplikationen ist in diesem Alter am höchsten. Unsere Körper sind also bereit – warum ist die Gesellschaft es nicht mehr?
Lena, 22, schwanger in der 32. Woche, und Moritz, 25, mit Liam, 1 ½
Um eine gute Mutter zu sein, muss man kein bestimmtes Alter haben
Ich wollte immer jung Mutter werden, wobei "jung" in meiner Vorstellung 25 bedeutete und nicht 20. Deswegen war es schon eine Überraschung, als ich mit 19 schwanger wurde – aber gefreut haben wir uns sofort.
Das erste Semester meines Lehramtsstudiums konnte ich noch abschließen. Nun wartet es, in spätestens eineinhalb Jahren will ich es wieder aufnehmen. Mein Freund hat seine Ausbildung glücklicherweise schon vor drei Jahren beendet und arbeitet Vollzeit als Ingenieur. Bald kommt unser zweites Wunder zur Welt – diesmal geplant. Wir wollten immer zwei Kinder möglichst nah beieinander. Mein Bruder und ich haben eine sehr innige Beziehung, das wünsche ich mir auch für meine Kinder.
Jung mit Kind und Babybauch – vor allem älteren Menschen kann man die Gedanken dann förmlich vom Gesicht ablesen. Da stehe ich mittlerweile drüber. Unangenehm ist es nur, wenn er unterwegs mal anfängt zu weinen. Bei mir schauen die Leute viel schneller kritisch als bei anderen Mamas: "Ach, so eine junge Mutter. Die hat ihr Kind nicht im Griff!"
Angst, etwas zu verpassen, habe ich nicht
Ich habe oft das Gefühl, dass ich meinem Sohn mehr zu- und vertraue als ältere Mütter. Dass ich als junge Mutter vieles deutlich entspannter sehe. Körperlich bin ich "in meinen besten Jahren", verkrafte die schlaflosen Nächte auch noch relativ gut.
Außerdem bin ich in meinem Alltag weniger eingefahren. Für viele Bekannte, die mit Mitte 30 ihr erstes Kind bekommen haben, wurde auf einmal alles auf den Kopf gestellt, für das sie die letzten zehn Jahre gearbeitet hatten. Und ohne jemanden angreifen zu wollen: Oft erlebe ich, dass "späte Mütter" versuchen, bei der Entwicklung oder Erziehung ihres Kindes einem Plan zu folgen. Aber Kinder und Pläne – das passt nicht gut zusammen.
Was uns jungen Eltern natürlich auch noch zugutekommt, sind die Großeltern. Unsere sind alle fit und können richtig toll mit Liam spielen. Hinzu kommen noch vier Urgroßeltern, die er regelmäßig sehen kann. Dieses große Umfeld an Unterstützung ist viel wert. Angst, etwas zu verpassen, habe ich nicht. Natürlich sind andere in meinem Alter noch ungebunden, können spontan mehr unternehmen. Aber wenn mein Kind 20 und vielleicht schon ausgezogen ist, bin ich gerade einmal 40. Da habe ich noch genug Zeit. Um eine gute Mutter zu sein, muss man kein bestimmtes Alter haben. Es interessiert Kinder nicht, wie viel Geld du verdienst oder was du arbeitest. Alles, was es wirklich braucht, bist du.
Laura, 22, mit Sohn, 4, und Tochter, 2
Wenn ich schon Mutter werde, dann richtig!
Ich werde oft auf Ende zwanzig geschätzt. Wahrscheinlich, weil die meisten denken: "Viel jünger kann eine selbstbewusste Frau mit zwei Kindern doch nicht sein." Dass ich mit 17 schwanger wurde, war auch nicht geplant. Plötzlich hielt ich in einer Phase meines Lebens, in der ich selbst nicht wusste, wohin ich will, diesen positiven Test in der Hand. Das war emotional herausfordernd.
Denn natürlich habe ich mich gefragt, ob ich mir das zutrauen kann. Ich bin in einer großen Familie aufgewachsen und wusste, was es bedeutet, sich um ein Kind zu kümmern. Abtreibung war für mich allerdings keine Option. Mein Partner und unsere Familien standen glücklicherweise auch hinter mir. Und als ich dann die ersten Tritte im Bauch spürte, habe ich mich nur noch gefreut.
Ich begann, mich damit abzufinden, in erster Linie Mutter zu sein und zunächst keine Ausbildung oder einen Schulabschluss zu verfolgen. Im Vordergrund stand dann die Ausbildung meines Partners. Ich dachte mir: "Wenn ich schon Mutter werde, dann richtig!" Ich wollte mein Kind selbst betreuen, ohne Kindergarten. Als schwangere Minderjährige war ich allerdings gezwungen, mich beim Jugendamt zu melden und beraten zu lassen. Die fragten sofort: Wie stellen Sie sich das vor mit der Arbeitswelt? Was ist mit einer Ausbildung und Ihrem Schulabschluss?
Ich habe das Gefühl, junge Mütter verlassen sich mehr auf ihr Bauchgefühl
Innerlich hatte ich Zuversicht und Vertrauen – die Unsicherheit kam eher von außen auf mich zu. Die anderen schienen nur eins im Blick zu haben: meine berufliche Zukunft. Ich kam mir minderwertig und dumm vor, zu allen wichtigen Terminen musste meine Mutter mit. Ich wurde selber Mutter, aber durfte selbst praktisch nichts entscheiden.
Überrascht haben mich auch die anderen Mütter, die oft um einiges älter waren als ich und offenbar zwangsläufig annehmen, dass ich es nicht so gut weiß wie sie. Ungebetene Ratschläge kamen und kommen auch deshalb oft, weil ich viel intuitiver bin. Ich habe das Gefühl, junge Mütter verlassen sich mehr auf ihr Bauchgefühl. Viele Ältere denken vieles kaputt, sind ängstlicher und auch kontrollierender. Aber Muttersein bedeutet für mich: Du hast keine Kontrolle, du bildest es dir nur ein. Natürlich gibt es Menschen, die dem mit 17 nicht gewachsen sind. Aber ich war so weit.
Lisa, 24, mit Eleni, 15 Monate
Nur wenige wussten von unserem frühen Kinderwunsch
Meine Eltern gehörten mit Ende 30 und Anfang 40 eher zu den "späten Eltern". Mir war deswegen schon früh bewusst, dass ich nicht so lange warten möchte. Ich war 22 und mit meinem Freund gerade zurück in meine Heimatstadt gezogen, als mir klar wurde: "Ich wünsche mir ein Kind."
Mein Freund war anfangs noch zurückhaltend, machte sich mehr Gedanken um Geld und unsere Lebensumstände. Er baut seine eigene Firma auf – ich startete gerade eine Ausbildung. Eine Situation, in der die meisten Paare nicht ans Kinderkriegen denken. Aber wir wollten nicht mehr warten, nach sechs Jahren Beziehung fühlten wir uns bereit dafür. Nur wenige wussten von unserem frühen Kinderwunsch. Meine eigene Mutter war auf Anhieb begeistert, für den Rest der Familie war es allerdings auch keine große Überraschung mehr – so viel wie wir übers Kinderkriegen gesprochen hatten.
Überrascht hat uns, dass es gleich im ersten Zyklus klappte. Auch weil die Frauenärztin noch meinte, das dauere oft einige Monate. Wir haben uns einfach nicht unter Druck gesetzt. Das ist der Vorteil, wenn man früh beginnt, es zu probieren – die biologische Uhr tickt noch sehr leise.
Es gibt nie einen perfekten Zeitpunkt zum Kinderkriegen
Als wir es endlich allen Freunden und Bekannten verkünden konnten, waren die meisten jedoch eher erschrocken. Einige gingen davon aus, dass diese Schwangerschaft ein Versehen sein müsse. Das Kind ist geplant und gewünscht? Konnten sie sich nicht vorstellen. Dabei empfinde ich mein Alter nicht als etwas Besonderes. Meine Großmutter war schließlich im selben Alter, als ihr erstes Kind kam – auch wenn sie keine Ausbildung hatte, die sie gleichzeitig absolvieren wollte.
Für mich stand trotzdem von Beginn an fest, dass ich das auch mit Kind schaffen kann. Ich nehme mir einfach die Zeit, die ich brauche. Aber ich nutze sie auch effektiver und denke mir oft: "Jetzt habe ich Zeit, jetzt muss ich es machen.“"Dinge aufzuschieben ist ein Luxus, den ich nicht mehr habe.
Zeit generell ist etwas so Wertvolles. Während andere sagen: "Ich will meinen Kindern etwas bieten können", wobei sie sich meist auf Materielles wie ein Haus, Urlaub oder Geschenke beziehen, ist für mich das Wichtigste die Zeit, die ich meiner Tochter gerade bieten kann. Meine Ausbildung mache ich nebenbei, so kann ich viel mehr Zeit mit ihr verbringen, als es beispielsweise mit Vollzeitjob der Fall wäre.
Es gibt nicht den perfekten Zeitpunkt zum Kinderkriegen, kein "Jetzt genau passt es". Wenn man es sich wirklich wünscht, dann macht man, dass es passt. Und darf sich nicht verunsichern lassen von Aussagen wie "Leb erst einmal dein Leben". Das Leben ist mit Kindern doch nicht vorbei!
Beratung und Hilfe
Sich bei einer ungeplanten Schwangerschaft beraten zu lassen ist kein Zeichen von Schwäche. Beratungsstellen wie pro familia helfen bei jeglichen Konflikten und informieren auch über finanzielle oder soziale Hilfen – selbstverständlich unabhängig vom Alter. Die Beraterinnen und Berater unterliegen der gesetzlichen Schweigepflicht. Auch als Online-Beratung verfügbar unter www.profamilia.de.