Letztens wieder, in der Fußgängerzone. Es ist kalt, wird langsam dunkel. Eine Mutter, schwer beladen mit Tüten. Und ein etwa dreijähriges Kind, zwei Meter von ihr entfernt, brüllend, rot im Gesicht, Rotz läuft aus der Nase. Die Mutter will nach Hause - das Kind nicht.
Ich beobachte, wie die Mutter versucht, das Kind zum Weitergehen zu animieren. Sie bleibt ruhig, verständnisvoll und trotzdem bestimmt.
Alle gehen vorbei, keiner sagt etwas
Ich gehe zum Bäcker, als ich wieder rauskomme, haben sich die beiden immer noch nicht vom Fleck bewegt. Das Kind schreit seiner Mutter inzwischen Schimpfworte an den Kopf. Leute gehen vorbei, manche schütteln mit dem Kopf.
Mir tut die Frau leid, weil ich genau weiß, wie sie sich fühlt. Wie sehr sie sich zusammenreißen muss, um nicht selbst herumzubrüllen. Wie peinlich ihr das ist. Wie angespannt sich ihr Körper jetzt anfühlt, wie ihre Nervenenden britzeln.
Gleichzeitig bewundere ich sie. Weil sie so geduldig und ruhig bleibt.
Ich weiß nicht, wie die beiden nach Hause gekommen sind – ich bin vorher gegangen. Und habe mich hinterher geärgert, dass ich mein Verständnis nur gedacht, aber nicht gezeigt habe. Denn ein bisschen Zuspruch wäre genau das gewesen, was sie gerade gebraucht hätte!
Das nächste Mal, wenn ich eine Mutter mit Wutkind sehe, werde ich meinen Mund aufmachen – und einen dieser Sätze sagen. Ihr vielleicht auch?
Dieser Artikel ist zuerst erschienen bei BRIGITTE.de.