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Paul läuft allein, Elsi zieht sich hoch und wackelt noch gestützt auf eine Hand an der Wand entlang. Nichts ist mehr sicher vor den beiden. Elsi liebt die Schublade mit den bunten Servietten, kann sie schon aufziehen und wirft den Inhalt auf den Boden. Paul ist Technik-Fan. Er liebt die Tasten des DVD-Spielers. Und manchmal, wenn eine CD im Laufwerk liegt, gelingt es ihm sogar, sie zu starten. Die beiden Zwerge sind gerade in der Entdeckungsphase "Ursache und Wirkung". Damit haben sie zwar schon vor einigen Monaten begonnen. Aber mit ihren wachsenden Fähigkeiten sind die Erfolge natürlich gigantisch. Sie probieren unentwegt aus: Was passiert, wenn ich an der Tischdecke ziehe? Was versteckt sich im Inneren der Bodenvase?
Für Eltern eine atemberaubende Zeit. Doch die kleinen Leute brauchen Futter für ihre Hirnzellen. Immerhin können die bis zu 300 neue Informationen pro Tag verarbeiten. Und wirklich weiter kommen Kinder in ihrer geistigen Entwicklung nur, wenn sie die meisten Probleme, auf die sie stoßen, selbst lösen dürfen.

Selbst ist das Kind
"Allein machen" - das ist jetzt das Thema. Elsis und Pauls Gehirne sind nun auf Autonomie programmiert. "Wird dieses Bedürfnis nicht erfüllt", so Hirnforscher Hüther, "drohen ernsthafte Störungen in der Entwicklung". Entsprechend heftig kämpfen die Kleinen auch um ihre Selbständigkeit. Deshalb übt Elsi minutenlang, den Gummistiefel über den rechten Fuß zu ziehen oder die Mütze aufzusetzen, und bricht in Gebrüll aus, wenn Mama ihr dabei helfen will. Eine Geduldsprobe - zugegeben. Und Eltern müssen in dieser Entwicklungsphase immer wieder neu entscheiden, wann sie die zeitraubenden Autonomiebestrebungen ihres Kindes fördern oder bremsen wollen.
Basics trainieren
Der Druck selbständig zu werden hat einen wichtigen Sinn. Durch ihn übt das Kind komplizierte Handlungsmuster, die als komplettes Paket in seinem Gehirn gespeichert und bei Bedarf abgerufen werden können. Beispiel Paul: Er besteht darauf, den Griesbrei allein zu essen. Am Anfang eine riesige Schmiererei. Aber für Eltern wichtig zu wissen: Nur so wird er in einigen Monaten, ohne nachzudenken, automatisch seine Suppe löffeln.
Fremde Gefühle lesen lernen
Mit 18 Monaten beginnt der Wortschatz der Kleinen oft regelrecht zu explodieren. Trotzdem orientieren sie sich noch weniger an Worten. Über Mimik, Gesten und Tonfall der Erwachsenen versuchen sie nicht mehr nur (wie im ersten Lebensjahr) Gefühle zu erkennen, sondern auch, welche Absicht sich dahinter verbirgt. Das ist ein großer Schritt auf dem Weg zum "Ich und Du". Das Kind weiß nun, wenn es in den Spiegel schaut, dass es sich selbst sieht.
Die frontalen Hirnstrukturen, die Stirnlappen, bilden sich jetzt stärker aus. Ein Bereich, in dem Informationen aus anderen Hirnbereichen zusammenfließen. Hier schmieden Elsi und Paul ihre Pläne, wohnen Mitgefühl, Selbstbeherrschung, Geduld und Zuversicht. Fähigkeiten, die sich erst entwickeln müssen, aber aus Paul und Elsi später einmal sozial verträgliche Zeitgenossen machen.
So unterstützen Sie Ihr Kind im 2. Lebensjahr
- Nehmen Sie sich mehrmals täglich eine Viertelstunde Zeit, in der Sie sich nur mit Ihrem Kind beschäftigen.
- Schaffen Sie Möglichkeiten mit Wasser, Sand, Creme etc. zu experimentieren (z. B. im Bad).
- Sorgen Sie dafür, dass sich Ihr Kind in der Wohnung bewegen und gefahrlos austoben kann.
- Lassen Sie sich im Haushalt helfen, beim Wäscheaufhängen, Putzen etc.
- Richten Sie Schubladen ein, die Ihr Kind ein- und ausräumen darf.
- Geben Sie ihm Spielzeug, mit dem es experimentieren kann - Becher, die ineinander passen, Bauklötze, (nicht zu leichte) Puzzlespiele.
- Schauen Sie gemeinsam Bilderbücher an, und lassen Sie Ihr Kind Gegenstände benennen.
- Spielen Sie Verstecken mit ihm.