So werden Kinder Ängste los
Kinder müssen sich mit Ängsten verschiedenster Art herumplagen: Schulangst, Trennungsangst, Angst im Dunkeln oder vor dem Alleinsein.
Wir haben die besten Tipps und Bücher für ängstliche Kinder zusammengestellt – die helfen garantiert gegen Monster unterm Bett, Schüchternheit in der Schule und alle anderen Kinderängste!
Eine Kindheit ohne Angst? Nein, die ist nicht erstrebenswert. Weil Angst vor zu großen Risiken schützt. Und weil sie meistens dann kommt, wenn dein Kind in eine neue Entwicklungsphase eintritt, also Unbekanntes, Ungewohntes auftaucht. Angst hat folglich mit Fortschritt zu tun. Wie stark die Angst ausgeprägt ist, hängt vom Charakter des Kindes ab – aber auch von den Menschen, mit denen es lebt: "Große Ängstlichkeit und Überhütung der Eltern können sich im Verhalten eines Kindes widerspiegeln", sagt die Heidelberger Entwicklungspsychologin Professor Sabina Pauen. "Im Umkehrschluss schaffen viele gute Erfahrungen mit anderen Menschen und neuen Situationen bei Kindern aber auch viel Zuversicht."
Hier deshalb unser kleiner Grundkurs für angehende Angstbegleiter:
Kontaktverlustangst (von Geburt an)
So äußert sie sich: Hilflose Säuglinge sind darauf angewiesen, dass sich "ihre" Erwachsenen gut um sie kümmern, körperlich wie seelisch. Nicht allein und damit der Kälte ausgesetzt zu sein, war vor allem vor der Erfindung der Zentralheizung überlebensnotwendig. Weil kleine Babys nun mal kein anderes Ausdrucksmittel haben, protestieren sie also lauthals, wenn man sie zu einem für sie falschen Zeitpunkt in ihr Bettchen legt und sich von ihnen entfernt.
Das hilft: Wenn dein Baby schreit, weil es nicht allein sein will, dann ist das beste und einfachste Gegenmittel: auf den Arm nehmen. Oder zumindest bei ihm bleiben, es streicheln, leise mit ihm reden, bis es sich wieder beruhigt hat.
Umweltangst (nach ein paar Monaten)
So äußert sie sich: Was man noch nicht kennt, macht Angst – das geht auch uns Erwachsenen so. Kleine Kinder fürchten sich zum Beispiel oft vor unbekannten Geräuschen (Wasserspülung, das Rascheln der Zeitung) oder einer veränderten Umgebung (etwa nach einem Umzug). Angst vor Gewitter und Feuer hingegen zählt man zu den Urängsten: Sie bleiben uns ein Leben lang.
Das hilft: Du entwickelst ein Gespür dafür, in welchem Tempo und in welcher Menge dein Baby neue Eindrücke verarbeiten kann. Mit kleinen Pausen sorgst du für Entspannung, wenn es überfordert ist. Kindergartenkindern, die Angst vor Unbekanntem haben, helfen Rollenspiele und Bücher. Wenn man mit Papa und den Stofftieren durchgespielt hat, wie ein Tag im Kindergarten ablaufen könnte, ist einem vielleicht weniger bange (zum Beispiel: "Conni kommt in den Kindergarten", Carlsen, 3,90 Euro). Und bei Gewitterangst tröstet ein schönes Ritual: zum Beispiel eine Donner-Beschwörungsformel oder ein beschützender Talisman.
Fremdeln (etwa ab dem achten Lebensmonat)
So äußert es sich: Die sogenannte "Achtmonatsangst" zeigt, dass das Baby nun deutlich zwischen vertrauten und nicht vertrauten Menschen unterscheiden kann: Es reagiert ängstlich, wenn ein fremder Erwachsener es auf den Arm nehmen will.
Das hilft: Du kannst das Fremdeln abmildern, indem du dein Baby schon in den ersten Monaten an weitere zuverlässige Menschen gewöhnst, die es ab und zu betreuen: Oma zum Beispiel, eine Tante, eine Babysitterin. Dieser kleine Kreis (höchstens drei Personen) sollte möglichst konstant bleiben.
Trennungsangst (besonders zwischen sechs Monaten und vier Jahren)
So äußert sie sich: Was Trennungsangst ist, weiß jeder, der sein Kind schon einmal brüllend in den Armen einer Erzieherin zurücklassen musste. Das ist furchtbar – nach Ansicht von Kinderpsychologen aber für allem für die Eltern. Solange die Trennung nur wenige Stunden dauert und das Kind sicher gebunden ist, wirkt so ein Ausbruch dramatischer, als er ist. Fachleute wie der Psychiater Reinmar du Bois ("Kinderängste", C. H. Beck, 12,90 Euro) sprechen deshalb auch vom kindlichen "Protest" gegen die Trennung: Durch seine wütende Reaktion fühle sich das Kind noch immer mit der abwesenden Person verbunden.
Das hilft: Damit sich dein Kind an andere Betreuungspersonen gewöhnen kann, sollte die Eingewöhnungsphase in der Kita oder bei der Tagesmutter im individuellen Tempo des Kindes ablaufen; die Dauer der Trennung sollte sich allmählich steigern. Bei älteren Kindern, die auch Jahre nach dem Kindergartenstart noch mal unter Trennungsangst leiden können, hilft es, verlässliche Verabredungen zu treffen. Etwa: "Wenn der Zeiger unten ist, hole ich dich wieder." Oder: "Nach dem Mittagsschlaf."
Nachtangst (ab dem zweiten Lebensjahr)
So äußert sie sich: Die Angst vor dem Dunkeln und dem, was es verbergen könnte, ist ebenfalls eine Urangst des Menschen. Kinder fürchten sich oft vor dem Einschlafen und der damit verbundenen Trennung von Mama und Papa sowie vor Albträumen.
Das hilft: Ein liebevolles und verlässliches Bettgeh-Ritual gibt Sicherheit für die Nacht. Kinder, die Angst im Dunkeln haben, schlafen besser mit einem kleinen Nachtlämpchen oder mit angelehnter Tür ein. Wenn dein Kind nachts aus einem Albtraum aufschreckt, mach keine große Sache daraus. Deine Anwesenheit und das Mantra "Ich bin bei dir" beruhigen am besten. Älteren Kinder, die abends sehr ängstlich sind, hilft vielleicht eine abendliche Entspannungsreise zum Anhören (zum Beispiel "Träumen auf der Mondschaukel", Kösel, 15,95 Euro).
Die "Magische Phase" (ab dem dritten Lebensjahr)
So äußert sie sich: Das Monster unter dem Bett, der Skelett-Mann im Schrank, der Einbrecher draußen auf dem Balkon – diese Vorstellungen entstehen vor allem in der "magischen Phase", in der sich das Kind vor Fantasiewesen fürchtet oder vor Gestalten, die es vielleicht in einem Buch oder im Fernsehen gesehen hat. Kinder beschwören manchmal auch selbst unheimliche Fantasien herauf – diese "Angstlust" hilft ihnen, Spannungen des aufregenden Tages abzubauen.
Das hilft: Kinder haben bei diesen irrationalen Ängsten oft selbst die besten Ideen, wie man gegen die Gruselwesen vorgehen kann. Zum Beispiel: Die Hexe mit grünen Gummibärchen bestechen, damit sie ihren Platz hinter dem Vorhang aufgibt. Oder ein Ungeheuer mit großem Besen malen, das das Monster aus dem Kleiderschrank in die Flucht schlägt – oft hilft es schon, den diffusen Ängsten auf Zeichenpapier ein Gesicht zu geben. Lasse dein Kind außerdem nicht unbedingt allein fernsehen. Wenn es etwas Beängstigendes sieht, wirkt deine Nähe nämlich beruhigend oder dass du anschließend ein "Heilendes Märchen" (Südwest, 9,95 Euro) vorlesen.