Melanie Faulhaber ist Medienpädagogin und entwickelt mit ihrem Team Spiele beim Wiener Verlag Piatnik. Dazu gehören auch Testspiele und gründliche Regelchecks. Mit ihrer Hilfe haben wir uns hier eine Spielanleitung der ganz besonderen Art ausgedacht:
Das Spiel der Spiele
Ziel des Spiels: Verlieren lernen ohne Tränen – gewinnen ohne Schadenfreude.
Spielvorbereitung: Einen vernünftigen Rahmen schaffen. Spielen soll nämlich vor allem eines – Spaß machen. Denn wenn man ganz bei der Sache ist, sich über Hase, Fuchs, Rennschnecken amüsiert, ist die Sache mit dem Gewinnen und Verlieren halb so wichtig. Im Klartext: alle satt, alle wach, alle glücklich? Wer im Kindergarten Stress hatte, ärgert sich doppelt, wenn er vom Spielfeld gekegelt wird. Außerdem: am besten zusammen entscheiden, was gespielt wird – und das Kind nicht überfordern, am Anfang die Regeln lieber vereinfachen.
Spielablauf: Kinder wollen beim Spielen sagen, wo’s langgeht, die Erwachsenen sind ja sonst schon immer die Bestimmer. Perfekt für Anfänger sind deshalb Spiele, die eine Solovariante anbieten – gegen sich selbst zu verlieren ist so viel einfacher, denn der Ablauf wurde schließlich auch selbst bestimmt.
Kinder gewinnen lassen sollte eine Ausnahme sein
Stufe zwei: kooperative Spiele wie "Speedy Roll" oder "Obstgarten" – wichtig ist, gemeinsam einen Weg zu finden und nicht zu meckern, wenn ein Mitspieler patzt. Es verliert sich entspannter im Team, weil nicht einer allein den schwarzen Peter hat, sondern alle zusammen. Und auch das Gewinnen kann man als Mannschaft hemmungsloser feiern gegen einen imaginären Gegner, weil der nicht mit den Tränen kämpft.
Variante drei ist die Königsklasse: Jetzt spielt jeder gegen jeden. Und weil ja auch in Schachturnieren nicht der Großmeister auf den Anfänger losgelassen wird, lohnt es sich, die Spieler klug zusammenzusetzen. Gegen wen kann der Zwerg verlieren, ohne das Gesicht zu verlieren? Lieber gegen die Oma als gegen die neunmalkluge große Schwester? Kleine Runden sind am Anfang auch besser als große, weil sie sich leichter moderieren lassen. Und weil es weniger wehtut, nur gegen einen zu verlieren als gegen eine ganze Mannschaft.
Kinder gewinnen lassen? Kann man machen, wenn die Bettgehzeit unmittelbar bevorsteht und die Stimmung am Kippen ist. Trotzdem: Es muss die Ausnahme bleiben. Weil es Kinder erstens merken, wenn wir sie dauerhaft übervorteilen, sich zweitens darüber ärgern, dass sie es nicht aus eigener Kraft schaffen, und es drittens ja genau darum geht: spielerisch zu lernen, wie man mit Frust und Niederlagen umgeht. Dass Würfel an die Wand werfen keine gute Idee ist, wissen Kinder auch ohne Belehrung, aber manchmal braucht die Wut ein Ventil und kleine Verlierer eine Extraportion Verständnis.
Spielende: Zum Glück schraubt man an den Gewinner- und Verlierer-Skills ein Leben lang. Indem man spielt, würfelt, gewinnt, verliert, sich manchmal ärgert und sich dafür das nächste Mal einfach mit den anderen freut.