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Erziehungsstile Alle Erziehungsstile und ihre Auswirkungen im Überblick

Erziehungsstile: Mann und kleines Kind umarmen sich
© fizkes / Adobe Stock
Als Erziehungsstil wird die Art und Weise, wie Kinder erzogen werden, bezeichnet. Es ist eine Mischung aus Einstellungen, Werten und Verhaltensweisen, die das Verhalten des Kindes beeinflussen. Hier erfahrt ihr, welche Erziehungsmethoden unterschieden werden.

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Die Erziehung eines Kindes wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst: gesellschaftliche Normen und Erwartungen, kulturelle Hintergründe sowie individuelle Überzeugungen der Erziehungsberechtigten. Zusammengefasst ergeben sich aus diesen Faktoren unterschiedliche Erziehungsstile: Diese Klassifikationen fassen zusammen, wie – also auf welche Art – erzogen wird. Das Ziel bleibt bei jedem Stil dasselbe: die körperliche, emotionale, intellektuelle und soziale Entwicklung des Kindes durch eine bestimmte Erziehungsform zu fördern und zu formen. Im Idealfall werden dem Kind dabei nicht nur Wissen und Fähigkeiten, sondern auch Werte wie Respekt, Empathie und Verantwortung vermittelt – um es so auf ein eigenständiges Leben vorzubereiten. Es gibt aber auch Erziehungsstile, die Kinder in ihrer Entwicklung schaden können. Hier erfahrt ihr, welche Erziehungsmethoden zu empfehlen sind – und von welchem Stil ihr besserer Abstand nehmt.

Erziehung – was ist das?

Den Begriff „Erziehung“ zu definieren, ist gar nicht so einfach. Viele Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen haben sich daran versucht und eigene Konzepte zu Erziehungsformen und Erziehungsmethoden entwickelt – je nach Forschungsdisziplin kamen andere Ergebnisse dabei heraus. Grundlegend ähnlich ist jedoch immer die Annahme, dass Erziehung darauf abzielt, eine bestimmte Richtungslenkung vorzunehmen. Das kann – auf gesellschaftlicher Ebene – die Erziehung zu einer demokratischen Grundhaltung sein. Oder – in Bezug auf unsere Kinder – der Versuch, durch ein Erziehungsverhalten einen Einfluss auf die Persönlichkeit, die Entwicklung und das Verhalten unseres Nachwuchses zu nehmen. Dabei fördert die Kindererziehung gewünschtes Verhalten und missbilligt unerwünschtes. Das Ziel: das Kind in eine bestimmte Richtung lenken.

Eine der bekanntesten Definitionen von Erziehung ist die des Soziologen Klaus Hurrelmann:

„Erziehung ist die soziale Interaktion zwischen Menschen, bei der ein Erwachsener planvoll und zielgerichtet versucht, bei einem Kind unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und der persönlichen Eigenart des Kindes erwünschtes Verhalten zu entfalten oder zu stärken (…) – mit dem Ziel, sie zu selbstständigen, leistungsfähigen und verantwortungsvollen Menschen zu bilden.“

Mit dieser Definition können viele etwas anfangen; sie berücksichtigt die Bedürfnisse und die Persönlichkeit des Kindes. Dennoch zielt die Kindererziehung auch hier auf das Fördern von „erwünschtem Verhalten“ ab – ein Aspekt, dem vor allem die Unerzogen-Bewegung skeptisch gegenübersteht. Obwohl Eltern laut deutschem Grundgesetz, Artikel 6, nicht nur ein Recht, sondern eine Pflicht zum Erziehen haben, lehnen Vertreter:innen dieses Konzepts „Erziehung“ und Erziehungspraktiken per se ab.

Lese-Tipp:Erziehen ist Gewalt“ – was steckt hinter der Unerzogen-Bewegung?

Was ist ein Erziehungsstil?

Obwohl das Grundgesetz uns Eltern in die Pflicht nimmt: Wie genau die Erziehung unserer Kinder aussehen soll, steht in keinem Gesetzestext – abgesehen davon, dass Kinder seit 2001 laut BGB ein Anrecht auf gewaltfreie Erziehungspraktiken haben (was hoffentlich für jeden und jede selbstverständlich ist!).

Aber es gibt verschiedene Überlegungen zu Erziehungsstilen und Erziehungsverhalten: Diese fassen in der Psychologie, der Pädagogik und der Soziologie wiederkehrende Verhaltensmuster der Erziehenden in Klassifikationen – also anhand bestimmter Merkmale – zusammen. Der Erziehungsstil bezeichnet demnach die Art und Weise, wie Elternteile oder Erziehungsberechtigte ein Kind erziehen. Er beschreibt die Grundhaltung der erziehenden Person und beruht auf wiederkehrenden Handlungen in bestimmten Situationen. Geprägt wird er durch Einstellungen und Werte, aber auch durch Erfahrungen aus der eigenen Kindheit der Erziehenden. Der Erziehungsstil beeinflusst das Verhalten und die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes und prägt maßgeblich die Beziehung zwischen Eltern und Kind.

Konkret: Das Erziehungsverhalten kann bestimmen, wie Regeln und Grenzen innerhalb der Familie gesetzt oder Konflikte gelöst werden, wie Kommunikation stattfindet und wie viel Freiheit und Selbstständigkeit dem Kind gewährt wird. Unterschieden werden Erziehungsstile zudem von Erziehungskonzepten und Erziehungsphilosophien: Diesen liegen auf pädagogischen Zielen und Werten basierende Verhaltensaufforderungen zugrunde, während Erziehungsstile nicht gezielt eingesetzt und reflektiert werden. So spricht das bedürfnisorientierte Erziehungskonzept klare Handlungsempfehlungen an Eltern aus, ein autoritärer Erziehungsstil bezeichnet hingegen nur das Verhalten der Erziehenden.

Die verschiedenen Erziehungsstile haben jeweils unterschiedliche Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und das Verhalten von Kindern und können von vielen Faktoren wie kulturellen Unterschieden, individuellen Präferenzen und der familiären Situation beeinflusst werden. Möglich ist auch ein inkonsistentes Erziehungsverhalten: Die Erziehenden wechseln dann zwischen einzelnen Stilen; das ist auch innerhalb einer Familie möglich, wenn die Elternteile unterschiedliche Erziehungsstile anwenden.

Welche Erziehungsstile gibt es?

Es gibt verschiedene Erziehungsstile, die von Autorität und Kontrolle bis zu Freiheit und Selbstbestimmung reichen. Die Ausübung eines Stils hängt oft von den persönlichen Überzeugungen und Werten der Eltern sowie von kulturellen und gesellschaftlichen Normen ab. Ein ausgewogener und unterstützender Erziehungsstil, der auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes eingeht, kann eine positive Entwicklung fördern und eine starke Beziehung zwischen Elternteilen und Kind aufbauen. Wir zeigen euch, welche Erziehungsstile in der Forschung unterschieden werden:

Erziehungsstile nach Kurt Lewin

Einer der bedeutendsten Begründer der modernen Erziehungswissenschaften ist der deutsch-amerikanische Sozialpsychologe Kurt Lewin. Er prägte gemeinsam mit Ronald Lippitt und Ralph K. White das Konzept der "sozialen Feldtheorie", die die Interaktion zwischen dem Individuum und seiner Umwelt in den Mittelpunkt rückt und die Bedeutung des sozialen Kontextes für die Persönlichkeitsentwicklung betont. Er gilt als Begründer der Erziehungsstilforschung und hat in den 1930er-Jahren – abgeleitet von seiner Klassifikation verschiedener Führungsstile – drei Erziehungsstile herausgearbeitet:

  • Autoritärer Erziehungsstil: Der autoritäre Erziehungsstil nach Lewin beruht auf klaren Regeln und Erwartungen seitens der Eltern, die von den Kindern befolgt und erfüllt werden müssen. Das Ziel: uneingeschränkter Gehorsam. Alle Entscheidungen liegt bei den Eltern, sie sind die unangefochtenen Autoritätspersonen. Lob, Kritik und Bestrafung sollen gewünschtes Verhalten bestärken und unerwünschtes verhindern. Die Motivation der Kinder, sich so wie erwartet zu verhalten, ist extrinsisch: Sie tun, was ihre autoritären Eltern wollen, um Bestrafungen zu umgehen und Anerkennung zu erhalten.
  • Demokratischer Erziehungsstil: Demokratische Eltern legen laut Lewin Wert auf die Beteiligung ihrer Kinder an Entscheidungsprozessen. Sie berücksichtigen die Meinungen und Wünsche ihrer Kinder und ermutigen sie, an familiären Entscheidungen teilzunehmen. Ein demokratischer Erziehungsstil fördert das Verantwortungsbewusstsein, die Eigeninitiative und das Selbstvertrauen der Kinder.
  • Laissez-faire-Erziehungsstil: Der Begriff Laissez-faire stammt aus dem Französischen und bedeutet so viel wie „machen lassen“ – was gut passt: Beim Laissez-faire-Erziehungsstil überlassen Eltern ihren Kindern weitgehend die Selbstregulierung und alle Entscheidungen; es ist eigentlich eine Nichterziehung. Denn bei diesem Stil gibt es nur wenig oder gar keine Einmischung oder Lenkung seitens der Eltern; diese wollen in erster Linie ihre Ruhe haben und verzichten auf Kontrolle.

Lese-Tipp: Erfahre hier mehr über autoritäre Erziehung.

Erziehungsstile nach Prof. Glen Elder

Glen Elder, Professor für Soziologie und Psychologie, setzte die Forschungen Lewins in den 1960ern weiter aus – und ergänzte weitere Erziehungsstile. Er prägt mit seiner Arbeit bis heute vor allem die Ausbildung von Lehrkräften; denn auch diese zeigen unterschiedliches Erziehungsverhalten in der Schule:

  • Autokratischer Erziehungsstil: Der autokratische Erziehungsstil nach Elder wird häufig synonym mit dem autoritären Erziehungsstil nach Lewin verwendet, kann aber als Steigerung angesehen werden. Die Erziehenden üben eine starke Kontrolle und Dominanz über ihre Schützlinge aus, sie sind „die starke Hand“, die führen muss. Entscheidungen werden allein getroffen, ohne dass die Meinungen oder Bedürfnisse der Kinder berücksichtigt werden. Der autokratische Erziehungsstil geht oft mit strengen Regeln und Strafen einher; die Kinder werden als unmündig angesehen und haben kein Anrecht auf Meinungsäußerung, während die Eltern als „Alleinherrscher“ fungieren.
  • Egalitärer Erziehungsstil: Der egalitäre Erziehungsstil nach Elder basiert auf dem Prinzip der Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit. Eltern betrachten ihre Kinder als gleichberechtigte Mitglieder der Familie und berücksichtigen ihre Bedürfnisse, Meinungen und Wünsche in gleichem Maße wie die der Erwachsenen. Alle Entscheidungen werden ausdiskutiert; Ziel ist das Beibringen von Eigenverantwortung und Entscheidungskompetenz. Der egalitäre Erziehungsstil ist somit eine Erweiterung des demokratischen Erziehungsstils, bei dem die Erziehenden die Meinung der Kinder zwar berücksichtigen, diese aber nicht als gleichwertig gewichten.
  • Permissiver Erziehungsstil: Permissive Eltern gewähren ihren Kindern große Freiheiten und vermeiden Konflikte, indem sie wenige bis keine Regeln aufstellen oder Grenzen setzen. Entscheidungen sollen die Kinder möglichst in Eigentinitiative treffen; die permissiven Erziehenden halten sich maximal zurück und lassen die Schutzbefohlenen gewähren. Der permissive Erziehungsstil ähnelt damit dem Laissez-faire-Erziehungsstil nach Lewin.
  • Missachtender (negierender) Erziehungsstil: Der missachtende oder negierende Erziehungsstil ist gekennzeichnet durch eine Vernachlässigung der emotionalen und physischen Bedürfnisse der Kinder. Eltern, die diesen Stil anwenden, zeigen wenig Interesse an der elterlichen Pflicht, ihre Kinder zu versorgen und zu unterstützen. Der negierende Erziehungsstil ist eine extreme Ausprägung des Laissez-faire-Erziehungsstils.

Erziehungsstile nach Diana Baumrind

Beinahe zeitgleich zu Elder befasste sich auch die amerikanische Entwicklungspsychologin Diana Baumrind mit einer Klassifizierung unterschiedlicher Erziehungsstile. Neben den bereits von Lewin und Elder bekannten Stilen der autoritären und permissiven Erziehung, ergänzte Baumrind den autoritativen Erziehungsstil:

  • Autoritativer Erziehungsstil: Der autoritative Erziehungsstil nach Baumrind ist geprägt von einer ausgewogenen Herangehensweise: Eltern (oder Erziehende) stellen klare Erwartungen und Regeln auf, zeigen jedoch auch liebevolle Unterstützung und ein offenes Ohr für die Bedürfnisse ihrer Kinder. Die Kommunikation ist respektvoll und die Kinder werden ermutigt, Verantwortung zu übernehmen und ihre Meinungen zu äußern.

Die Psychologin Eleanor Maccoby und ihr Kollege John Martin erweiterten Baumrinds Arbeit zur Erziehungsstilforschung in den 19080er-Jahren.

Lese-Tipp: Ein autoritativer Erziehungsstil gilt als besonders vorteilhaft – hier erfährst du mehr darüber!

Kein Erziehungsstil: Die antiautoritäre Erziehung

Häufig falsch als Erziehungsstil eingeordnet wird die antiautoritäre Erziehung. Denn hierbei handelt es sich nicht um einen Stil, sondern um einen Sammelbegriff für Erziehungskonzepte, die sich von autoritärer Erziehung abgrenzen wollen. Entstanden in den 1960er- und 1970er-Jahren, beruht antiautoritäre Erziehung auf unterschiedlichen pädagogischen Normen und Werten. Die theoretischen Grundlagen und Leitbilder variieren hierbei je nach Ziel des Erziehungskonzeptes. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass antiautoritäre Erziehung den Kindern möglichst viel Freiraum lassen will und Regeln sowie Vorschriften eher eine untergeordnete Rolle spielen.

Lese-Tipp: Erfahre hier mehr über die antiautoritäre Erziehung!

Was ist der beste Erziehungsstil?

Um die Frage nach dem „richtigen“ oder „besten“ Erziehungsstil wird seit Generationen gerungen – in der Forschung genauso wie innerhalb von Familien oder der Gesellschaft als Ganzes. Aussagen wie „Die Jugend ist verweichlicht“ oder „Das hat uns früher auch nicht geschadet“ zeigen: Viele Erziehungsstile sind auch ein Produkt ihrer Zeit und was früher als „gut“ galt, tut es heute längst nicht mehr. Während vor einigen Jahrzehnten – oft unter Gewaltanwendung – von Kindern hauptsächlich Disziplin, Folgsamkeit und Gehorsam eingefordert wurden, haben kindliche Bedürfnisse und liebevolle Fürsorge heute einen hohen Stellenwert in der Erziehung.

Dass das ein guter Weg ist, zeigen verschiedene Untersuchungen, die dem autoritativen (und in Teilen auch dem permissiven) Erziehungsstil eher förderliche Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung bescheinigen. Kinder, die eine gesunde Balance zwischen Fürsorge und klaren Grenzen erfahren, haben demnach ein höheres Selbstwertgefühl, zeigen bessere Schulleistungen und sind allgemein zufriedener.

Der Laissez-faire-Erziehungsstil sowie autokratische, autoritäre und vor allem vernachlässigend-negierend Erziehung schneiden hingehen nicht sonderlich gut ab: Erfährt ein Kind keine Liebe, Geborgenheit oder Wärme und wächst es völlig frei von Regeln oder in engen Grenzen auf, kann dies in einem geringen Selbstbewusstsein und Problemen, die eigenen Gefühle zu regulieren, münden. Und auch ein gesteigertes Aggressionspotential steht im Zusammenhang mit übermäßig strengen Regeln oder dem kompletten Fehlen von Grenzen.

Wie kann man den eigenen Erziehungsstil verändern?

Auch wenn Erziehungsstile oft tief in uns verwurzelt sind und wir uns nicht bewusst oder reflektiert für sie entscheiden, kann man sich von ihnen abkehren oder versuchen, Dinge zu ändern. Hierzu ist aber eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Handeln nötig – nur so können möglicherweise negative Verhaltensmuster erkannt und durch förderliche ersetzt werden. Mit diesen Tipps kann das gelingen:

  • Selbsteinschätzung: Reflektiere deine eigenen Werte, Überzeugungen und Erziehungsziele. Berücksichtige dabei auch den Erziehungsstil aus deiner eigenen Kindheit. Was möchtest du besser oder anders machen? Wo erkennst du möglicherweise negatives Verhalten in deiner Erziehung?
  • Information: Lerne verschiedene Erziehungsstile, Erziehungskonzepte, Erziehungsmethoden und Erziehungsphilosophien kennen und versuche zu verstehen, wie sich diese auf die Entwicklung deines Kindes auswirken. Hilfreich hierbei können auch Erziehungsratgeber sein.
  • Beobachtung: Achte auf die Bedürfnisse und die Persönlichkeit deines Kindes, aber auch auf deine eigenen. Stehen diese sich manchmal gegenseitig im Weg, frage dich, was du dagegen tun kannst.

Ein liebevoller und unterstützender Ansatz, der klare Regeln und Strukturen bietet, kann eine solide Grundlage für eine gesunde Entwicklung deines Kindes schaffen. Doch Eltern sind keine Maschinen und es passiert uns allen: Wir werden laut, wo wir es nicht wollten, oder drohen doch mit dem Fernsehverbot. Geht davon direkt die Kindesentwicklung den Bach hinunter? Nein! Solange wir uns bewusst mit unserem Erziehungsverhalten auseinandersetzen und unseren Kindern zuhören, uns Fehler eingestehen und darüber ins Gespräch kommen, können wir unsere Kinder auf ihrem Weg zu selbstbewussten und eigenständigen Individuen bestmöglich begleiten.

Quellen:

ELTERN

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