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Sharing Economy Teilen oder Besitzen?

Sharing Economy: vier Hände halten vier Stücke eines Keks über einem Teller
© Hafiez Razali / Shutterstock
Mit diesem Slogan wirbt die Sharing Economy für nachhaltigen Konsum und ein neues Miteinander. Hilft Sharing wirklich, die Welt zu retten? Ein Überblick.

1 Ist Sharing per se nachhaltig?

Wenn wir Autos, Bohrmaschinen, Raclette-Grills oder Zelte teilen, statt sie zu kaufen, muss insgesamt viel weniger Kram hergestellt werden. Das ist gut für die Umwelt, denn bei vielen Produkten fällt die Produktion aus ökologischer Sicht besonders ins Gewicht. Ob das Sharing am Ende wirklich nachhaltig ist und sich nicht sogar negativ auf die Umwelt auswirkt, hängt aber vor allem von unserem Verhalten ab.

2 Welche negativen Effekte kann Sharing haben?

Häufig ist Teilen und Mieten vergleichsweise günstig. Das verleitet dazu, dass wir Dinge viel häufiger tun als nötig oder von umweltfreundlichen Varianten auf weniger nachhaltige umsteigen. Wenn wir mit wenigen Klicks für kleines Geld eine Mini-Wohnung in Barcelona anmieten können, ist die Verlockung zum Kurztrip mit der Freundin größer als beim teuren Hotel. Aus Umweltsicht sind solche Flugreisen aber Mist. Nutzen wir E-Scooter, statt zu Fuß zu gehen, verschwenden wir zusätzliche Energie.

Ein weiteres Problem: Sharing braucht eine kritische Masse, damit es funktioniert. Carsharing wird nur genutzt, wenn der Weg zum nächsten freien Auto kurz ist. Eine Studie in drei Großstädten zeigte: Nur wenige Carsharing-Nutzer schafften den eigenen Pkw ab. Die Zahl war geringer als die eingesetzte Carsharing-Flotte. Am Ende standen also mehr Autos in der Stadt herum.

3 Carsharing als Familie – funktioniert das?

In vielen großen Städten gibt es inzwischen ein gutes Carsharing-Angebot. Die Autos stehen an festen Stationen oder frei in der Stadt verteilt und können per App gebucht werden. Laut ADAC lohnt sich Carsharing finanziell, wenn man weniger als 10 000 Kilometer pro Jahr zurücklegt und das Auto nur gelegentlich nutzt. Wer also mit dem Rad oder Bus und Bahn zur Arbeit fährt und nur für größere Einkäufe oder Ausflüge ein Auto vermisst, kann mit Carsharing Geld sparen. Mit Kindern gibt es aber einige Hürden: allen voran die fehlenden Kindersitze. Denn sie gehören nicht zur Grundausstattung jedes Carsharing-Autos. Außerdem muss man als Familie überlegen, wie lange kleine Kinderbeine bis zum nächsten Leih-Auto laufen. Wenn Carsharing nur Stress bedeutet, ist es keine Alternative.

4 Sind Leih-E-Scooter umweltfreundliche Fortbewegungsmittel?

Nein, bisher nicht, zeigt eine Studie der Deutschen Energie-Agentur, in der die Ökobilanz anhand der Treibhausgasemissionen untersucht wurde. Als die Scooter an den Start gingen, betrug die Lebensdauer magere sechs Monate, die Roller wurden jede Nacht mit Diesel-Transportern eingesammelt und geladen. Zu dieser Zeit hatten sie sogar eine schlechtere Umweltbilanz als Privat-Autos.

Inzwischen haben einige Anbieter nachjustiert: Ihre Roller halten länger und sind mit Wechsel-Akkus versehen, die per E-Van ausgetauscht werden. Das verbessert die Ökobilanz, die Scooter bleiben aber trotzdem hinter Moped, Bus, U- und S-Bahn zurück. Nur im optimalen Szenario – die Roller fahren zwei Jahre, werden dezentral geladen, sodass nächtliche Service-Fahrten entfallen – schneiden sie besser ab als diese Verkehrsmittel. Fahrrad und E-Bike bleiben aber top.

Erste Untersuchungen aus großen Städten ergaben, dass die Scooter vor allem von Touristen und in der Freizeit genutzt werden – von Menschen also, die sonst wahrscheinlich zu Fuß oder mit dem ÖPNV unterwegs wären. Die Hoffnung, dass Berufspendler ihr Auto stehen lassen und auf dem Weg zur Bahn den E-Scooter nehmen, hat sich bisher nicht erfüllt.

5 Bringt Kleidertausch und Second- Hand-Verkauf übers Netz was?

Im Prinzip ja, denn allein für die Herstellung eines einzelnen weißen T-Shirts werden 2500 Liter Wasser verbraucht. Laut Umweltbundesamt entfallen etwa ein Viertel der weltweit eingesetzten Insektizide auf den Baumwollanbau. Jede Klamotte, die eingespart wird, schont die Umwelt. Das spricht für den Secondhand-Kauf.

Leider verleitet das billige und einfache Shoppen im Internet dazu, dass wir mehr anhäufen, als nötig wäre. Wenn wir dem Kind nicht nur eine, sondern drei Secondhand-Winterjacken kaufen, die alle verpackt und von unterschiedlichen Orten per Lastwagen durch die Republik zu uns nach Hause gekarrt werden, machen wir einen Teil der Umweltvorteile wieder zunichte. Wirklich nachhaltig wäre, eine (!) Jacke beim Kinderbasar um die Ecke zu kaufen.

6 Wie findet man gute Angebote in der Nähe?

Zum Beispiel über das Internet: Forscher haben eine Landkarte mit Initiativen und Organisationen der Sharing Economy erstellt: i-share-economy.org/atlas. Gelistet sind unter anderem Tauschbörsen, Secondhand-Shops und Reparaturwerkstätten, aber auch Online-Plattformen, über die man Übernachtungen buchen oder Alltagskram verleihen kann. Das Problem an den Plattformen: Sie funktionieren nur, wenn genug Menschen mitmachen. Niemand möchte 20 Kilometer weit fahren, um einen Schlitten oder eine Heißklebepistole auszuleihen. Erreichen die Plattformen nicht genügend Mitglieder, verschwinden sie schnell wieder.

7 Wer macht mit?

Natürlich kann man einfach in der Nachbarschaft und bei Bekannten rumfragen, wer was zu verleihen hat. Für alle, die selbst mehr geben möchten, hat die Firma Pumpipumpe aus der Schweiz Motiv-Sticker für Hängematten, Nähmaschinen und viele andere selten gebrauchte Gegenstände entworfen – einfach auf den Briefkasten kleben und den anderen zeigen: Das gibt es bei mir. Die Sticker kann man übrigens gleich für die ganze Nachbarschaft bestellen.

8 Was ist besser: Wohnungstausch oder Hotel?

In eine andere Stadt reisen, vorher im Netz ein Apartment buchen – super Sache mit Kindern. Man hat Platz und eine Küche, um schnell zwischendurch ein paar Nudeln zu kochen. Oft sind die privat angebotenen Apartments auch noch billiger als ein Hotel. Reisen die eigentlichen Bewohner gerade selbst herum oder weichen zu Freunden aus, spricht nichts gegen dieses Modell. Wird die Wohnung aber dauerhaft für Kurzzeit-Touristen freigehalten, fehlt sie auf dem normalen Wohnungsmarkt. Gerade in beliebten Städten sind diese Touristen-Wohnungen ein Riesenproblem.

ELTERN

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