Eltern.de: Liebe Evelyn, als wir und das letzte Mal gesprochen haben, war deine kleinste Tochter etwa ein halbes Jahr alt, die größere anderthalb. Ich erinnere mich noch, dass es ein großes Thema war, die Bedürfnisse von Baby und Kleinkind unter einen Hut zu bekommen. Wie läuft es aktuell?
Evelyn Weigert: Es ist so viel besser und ich bin wirklich froh, dass die Kinder jetzt ein wenig größer sind. Die Kleine ist anderthalb und die Große drei Jahre alt. Das macht einen Riesenunterschied, vieles wird einfacher und macht richtig Spaß. Natürlich ist es trotzdem anstrengend und man kommt an seine Grenzen. Mit zwei kleinen Kindern ist es schon echt hart, wenn man das zwischendurch immer mal wieder alleine wuppen muss.
Gehen beide in die Kita?
Ja, die zweite ist jetzt mit 14 Monaten in die Kita gekommen und das ist voll der Lifechanger, wenn man wieder in Ruhe arbeiten und Sachen erledigen kann, ohne dabei auf kleine Kinder aufpassen zu müssen.
Was sind die Themen, die dich als Mama gerade beschäftigen?
Eigentlich gibt es da gerade nicht wirklich etwas, das mir Kopfzerbrechen macht. Aktuell läuft es super. Die Kinder sind happy und wir Eltern auch.
Und als Frau?
Als Frau… Ja, das ist schon verrückt, wie man sich bei manchen Gedanken ertappt. Mein Mann und ich waren letztens zwei Tage im Urlaub und im Spa und da dachte ich, wie unfair das ist, dass sich der Körper meines Mannes einfach Null verändert hat und meiner total. Ich kann das zwar immer besser akzeptieren, aber ich musste mich jetzt auch erstmal wieder finden.
Ist das für ihn ein Thema?
Nein, dem ist das absolut egal und er holt mich auch immer total gut ab. Ich denke, wenn es andersherum wäre, würde ich das bei ihm auch nicht schlimm finden, aber man selbst sieht sich ja ganz anders, als es andere tun und fühlt es auch ganz anders. Man muss neu Freundschaft schließen – auch mit seinem Ich. Ich bin auch nicht mehr so entspannt wie früher und würde in manchen Situationen gern cooler sein, aber ich lerne, dass ich das nicht erzwingen kann. Wenn ich Ängste und Sorgen im Kopf habe, muss ich die annehmen und dann ist das eben gerade so. Es kommen auch wieder andere Zeiten.
Radikale Akzeptanz also im Umgang mit Body Issues und Selbstwertproblemen?
Es bringt nichts, sich immer wieder zurückzusehnen und sich zu wünschen, man wäre entspannter und hätte wieder den Körper von früher. Das Leben hat sich mit Kindern um 180 Grad gedreht und da hilft nur, das anzunehmen und zu akzeptieren, wie man sich selbst verändert hat.
Bald startet passend dazu deine neue Doku. Dafür hast du mit deinen Mama-Freundinnen und deiner Familie über das Mamasein gesprochen. Worum geht es da?
Es geht darum, wie man sich als Frau verändert, wie man sich als Paar verändert, wie sich das ganze Leben verändert (lacht). Es geht darum, wie die Aufteilungen zwischen den Elternteilen stattfinden, um Streit, um Erziehung. Wir sprechen da ganz ehrlich und auf eine unterhaltsame Art drüber.
Struggeln alle mit den gleichen Problemen? Wenn man dir auf Instagram folgt, sieht alles immer so easy aus.
Voll! Mein Mann Alex und ich haben auch unsere Streits und unsere Diskussionen. Trotzdem haben wir eine unfassbar innige Liebe füreinander und sehr viel Spaß. Im Grunde sind Streitereien auch gut, weil man daraus lernt und sich als Paar weiterentwickelt. Ich glaube, es ist total wichtig zu wissen, dass es dazugehört und einfach normal ist.
Über Beziehungsprobleme wird oft nicht gesprochen. Viele wahren da lieber nach außen den Schein. Es ist im Grunde natürlich auch ein intimes Thema.
Ich habe das Glück, dass meine Freunde und mein Umfeld sich da öffnen, unheimlich ehrlich sind und Dinge teilen, die echt nicht geil waren. Es tut einfach gut, zu wissen, dass sich andere auch mal streiten und dass auch andere ihre Themen haben.
Du und dein Mann habt auch eine Paartherapie gemacht. Inwiefern hat euch das geholfen?
Das war so gut, dass wir das gemacht haben und vor allem haben wir sehr früh damit begonnen, weil uns beiden klar war, dass diese Familie, die wir haben, das Schönste für uns auf der ganzen Welt ist. Dadurch, dass wir zwei Kinder relativ kurz nacheinander bekommen haben, wir beide keine Elternzeit genommen haben, uns zwischen Kindern und Arbeit abgewechselt haben, sind wir so an unsere Grenzen gekommen, dass wir keine Kapazitäten mehr hatten. Es war die beste Entscheidung, da hinzugehen, weil wir dort einen Werkzeugkasten mitbekommen haben, wie man Diskussionen gut führt. Ich kann nur empfehlen, das zu machen, bevor es richtig schlimm wird. Einen Garten pflegt man, das Auto wäscht man, aber Beziehungen werden oft als selbstverständlich angesehen, dabei ist das auch Arbeit.
Woran erkennt man deiner Meinung nach, dass man vielleicht schon mal präventiv intervenieren sollte, damit die Beziehung nicht in die Brüche geht?
Ich glaube, wenn man merkt, dass man die andere Person nicht mehr sieht, nur in seinem eigenen Kram hängt und das Gefühl hat, man macht alles allein und wird nicht gesehen. Wenn man so verbittert wird und so ein Groll herrscht. Da hilft es, zu gucken, was hinter den Streitereien steckt. Meist ist es nicht der Müll, der nicht rausgebracht wurde oder die Teller, die sich in der Küche stapeln. Es tut gut, wenn jemand von außen draufguckt und vermittelt.
Ihr seid beide beruflich viel unterwegs, wie teilt ihr euch da als Eltern auf?
Wir müssen uns sehr absprechen und kriegen uns da auch öfter mal in die Haare, wenn eine:r vergessen hat, einen Termin in den Kalender einzutragen. Aber ich habe großes Glück mit meinen Eltern, die uns im Notfall unterstützen, und bei denen fällt es mir auch leicht, abzugeben.
Abgeben fiel dir eine Zeit lang gar nicht so leicht. Ist das inzwischen anders?
Darüber habe ich mir damals viele Gedanken gemacht und mich auch oft geärgert, weil es immer so dargestellt wurde, als könnte ich nicht abgeben und ich sollte doch mal was allein machen und mich nicht so anstellen. Im Nachhinein betrachtet denke ich aber: Es war einfach mein Bedürfnis als Mama, bei meinem Baby zu sein. Ich weiß am besten, was es braucht. Es war mein Instinkt, dem ich gefolgt bin und ich wollte das so. Ich habe mich viel zu oft dafür gerechtfertigt und mich unter Druck setzen lassen. Jetzt, wo die Kinder ein wenig älter sind und selbst sagen können, was sie möchten, fällt es mir viel leichter, mich zu lösen. Sie brauchen diese Zuwendung nicht mehr, die sie brauchen, wenn sie ganz klein sind. Aber auch so bin ich eine Mama, die 24/7 bei ihren Kindern sein will. Andere Mütter brauchen Freiraum und Zeit für sich – das ist bei mir nicht so sehr. Beides ist vollkommen okay.
Gibt es etwas, dass dich am Mamasein nervt?
Vielleicht, dass man im Kopf nie so richtig frei ist, sondern immer mit dem Gedanken bei einem Kind. Ich bin viel gestresster als früher, weil der Mental Load ein ganz anderer ist. Wenn mir dann die Kraft ausgeht, werde ich leider zu einem uncoolen, gestressten Lauch und ärgere mich dann über mich, wenn ich dann einen blöden Ton draufhabe.
Hast du sehr hohe Erwartungen an dich als Mutter?
Ich bin überhaupt keine Perfektionistin. Also, die Wohnung sieht bei uns teilweise wirklich schlimm aus und es geht drunter und drüber. Für mich sind andere Dinge viel wichtiger, wie bedingungslose Liebe und eine gute Zeit mit den Kindern zu haben.
Du hast gerade schon erzählt, wie du dich als Mutter unter Druck gesetzt gefühlt hast. Kennt dein Mann das in seiner Vaterrolle auch?
Nein, überhaupt nicht. Ich glaube, das ist ein absolutes Frauenthema. Das fängt schon in der Schwangerschaft an und geht bei der Geburt und dem Stillen weiter. Wenn etwas nicht klappt, wie es von der Gesellschaft erwartet wird, fühlen sich viele Frauen schlecht, weil so viel Druck auf diesen Themen ist. Das ist so ungerecht und unnötig. Egal, wie du es machst, eine:r hat immer was zu meckern, du kannst es nicht richtig machen.
Wie gehst du damit um?
Das Beste ist, bei sich zu bleiben und es so zu machen, wie es sich für einen selbst richtig anfühlt. Man wird es nie allen recht machen können und das muss man auch nicht.
Was ist deine größte Schwäche als Mutter?
Ich bin nicht unbedingt die Konsequenteste. Das fällt mir schon manchmal schwer. Ich knicke gerne mal ein. Da hilft mein Mann mir immer sehr.
Apropos dein Mann. In der Doku geht es auch um das Thema Elternsex …
Ich glaube, dass ist ein Riesenthema, über das ganz wenige sprechen. Manche wollen keinen, andere können nicht, weil ständig ein Kind im Schlafzimmer steht oder sie sich nicht entspannen können. Es gibt manchmal Phasen, wo man einfach wenig Sex hat. Mich hat letztens ein Freund gefragt, wie oft wir Sex hätten, weil die beiden gerade nur einmal im Monat miteinander schlafen. Ich habe dann gefragt, ob sie glücklich sind und er sagte ja. Dann ist es eben einfach gerade so und wenn beide happy sind, ist das doch okay.
Was hilft, wenn man nicht glücklich damit ist und aus diesem Kreislauf ausbrechen will?
Sich Zeit zu nehmen. Gerade nach einer Geburtsverletzung braucht es manchmal einfach etwas, bis alles verheilt ist. Aber wenn dann alles wieder gut ist, gebt euch auch einfach mal einen Ruck. Da hilft es dann wirklich, es einfach mal zu machen. Ich muss sagen, ich habe es nie bereut.
Evelyn Weigert ist zweifache Mama und in Regensburg geboren und aufgewachsen. Am Music College Regensburg studierte sie Gesang. Nach dem Studium nahm sie an der Frank-Elstner-Masterclass der Axel-Springer-Akademie in Berlin teil. Schnell gelang ihr der Sprung ins Fernsehen: Sie moderiert zahlreiche erfolgreiche TV-Formate für ProSieben, ARD, NDR und Sky. Seit Anfang 2019 spricht Evelyn Weigert mit Basti Heinlein in dem Podcast "HEINLEIN & WEIGERT – sagt JA zum Leben!" über die positiven Seiten des Lebens und in "Hoppe Hoppe Scheitern" über den alltäglichen Wahnsinn des Elternseins. Mit Bild und Ton gibt es das außerdem auch in der ARD Mediathek zu sehen. Die dreiteilige NDR Reihe „Oh Baby! Sowas von Mama“ gibt es dort ab 28. März.