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Joachim Brandl Kindergeschenke aufbewahren!

Joachim Brandl: ein junges Mädchen malt mit grüner Frabe an einem Tisch
© Inna / Adobe Stock
Im Hause Brandl gibt es eine große Schachtel. Da sind die selbst gebastelten Geschenke der Kinder aus den letzten Jahren drin. Auch Komplimente gehören dazu.

Meine Töchter und ich stehen jedes Jahr vor demselben Problem: Was machen wir zum Muttertag? Was wir kochen und unternehmen sollen, ist dabei immer sehr schnell entschieden: Irgendwas, was die Kinder mögen. Beim Geschenk für die beste Mama aller Zeiten wird die Sache ein wenig kniffliger. Weil Kinder im Volksschulalter erstens über wenig Budget verfügen und zweitens meist weder goldschmieden, schneidern oder tischlern können, läuft es immer wieder auf dasselbe hinaus: Wir basteln was.

Das Rätsel. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Selbstverständlich freuen wir Eltern uns über alles, was wir von unseren Töchtern bekommen. Was auch immer es sein mag, es ist wunderschön und grandios, und niemand hätte es besser machen können als der Zwerg, der gerade freudestrahlend vor uns steht. So talentiert aber auch! Doch während wir uns sichtbar über die Hingabe der kleinen Künstler freuen, stellen wir uns auch insgeheim die Frage: Was soll "es" denn eigentlich sein?

In der frühesten Schaffensperiode unserer Mädchen war alles noch recht einfach: Es gab Bilder. Und egal, ob Prinzessinnen drauf sind oder Fantasie-Tiere, Berge, Blumen oder einfach nur bunte Kringel – ein Bild ist ein Bild. Im Notfall sagen wir eben, dass es abstrakt ist. Das geht immer. Und in Galerien wurden schon weniger dekorative Leinwände verkauft. Viel interessanter waren jedoch die Jahre der, nennen wir es, Skulpturen. Nachdem meine Frau den Kindern eine Bastelecke mit jedem erdenkbaren Material eingerichtet hatte, kam dieses Material in anderer Form wieder zu uns zurück. Wir wurden beschenkt mit wahllos verknoteten Wollfäden, Armbändern aus Papierstreifen, zusammengetackerten bunten Federn, bemalten Klopapierrollen und Konstrukten aus Eisstäbchen, Moosgummi und massenhaft Kleber.

Wohin mit den Kunstwerken?

Und natürlich gab es die unvermeidbaren Bügelperlen, mit denen mich eine regelrechte Hassliebe verbindet. Einerseits war es wunderbar zu sehen, mit welcher Engelsgeduld meine Töchter ein simples Quadrat mit Farben füllen. (Natürlich nur, bis eine Tochter aus Versehen das Werk der anderen Tochter zerstörte, dann brach die Hölle los.) Andererseits musste man die Teile selbst bügeln und danach bei der Übergabe des Geschenks so tun, als wäre man völlig überrascht vom Ergebnis.

Das Problem. Der Festtag ist also da, wir haben ein einzigartiges Geschenk bekommen. Wir haben uns erklären lassen, dass die braune Fimo-Kugel eigentlich ein Modell des Planeten Mars ist, und wir haben uns aufrichtig dafür bedankt. Jetzt stehen wir aber vor dem eigentlichen Dilemma. Was machen wir damit? Die beste Mama der Welt hat einst, ohne groß darüber nachzudenken, ein Kunstwerk auf ihr Nachtkästchen gelegt "damit ich es immer anschauen kann". Unsere Jüngere war begeistert und speicherte das Nachtkästchen sofort ab als den Ort, an dem die Mama die Dinge ablegt, die sie wirklich sehr gern mag. Also vorrangig alles, was von ihr kommt: Gänseblümchen, bemalte Kastanien, das Pixi-Buch mit den Einhörnern …

Die Lösung. Dort, auf dem Nachtkästchen, warten die Gänseblümchen und Kastanien mit Gesichtern dann darauf, an ihren endgültigen Bestimmungsort verfrachtet zu werden. Im besten Fall ist es die Erinnerungsbox, im schlechtesten Fall die "Rundablage" – was zwar ein wenig charmanter klingt als Mülleimer, aber genau das bedeutet. So oder so, man muss den richtigen Zeitpunkt wählen. Jedes Teil darf erst dann aus der kindlichen Wahrnehmung verschwinden, wenn es vergessen wurde. Passiert das zu früh, sollte man besser eine gute Erklärung parat haben. Das gilt übrigens auch für den Fall, dass die Kinder die Erinnerungsbox finden.

"Schau mal, Mama, in der Kiste sind alle deine Geschenke!"

"Na so was, wo hast du denn die her?"

"Die war ganz hinten im Schrank versteckt! Warum ist die dort?"

"Weil … das meine Schatzkiste ist. Und die muss versteckt sein. Sonst findet sie ja jeder!"

"Meinst du Piraten?"

"Zum Beispiel."

"Dann lassen wir sie am besten dort."

"Gute Idee."

Die andere Seite. Man ist natürlich versucht, uns Vätern die Schuld in die Schuhe zu schieben. Immerhin könnten wir ja mitbasteln und dafür sorgen, dass etwas Brauchbares dabei rauskommt. Dem möchte ich entgegnen, dass es erstens nicht um unsere Mütter geht; Blumen und Frühstück sollten als unser Beitrag am Muttertag reichen. Und zweitens sieht die Sache beim Vatertag ja nicht viel anders aus. Ich habe noch keine Mutti erlebt, die zu ihren Kindern sagt: "Na, das ist aber nix. Das machen wir jetzt noch mal, nur schöner." Vor zwei Jahren wurde ich mit einem selbst bemalten T-Shirt beglückt. Und obwohl ich es wirklich liebe, stoße ich mich immer wieder an der Farbgestaltung. Gelbe Muster auf weißem Grund wecken unangenehme Assoziationen an Schnee und … das Gelbe im Schnee.

Und dann gibt es hin und wieder ein Geschenk, das uns durch seine Einfachheit überwältigt. Wie ein simples Kompliment. Einmal bekam ich zum Vatertag ein Foto der Tochter, auf dem sie ein Schild hält: "Gut gemacht, Eltern! Ich bin toll geworden". Dafür habe auch ich Platz auf meinem Nachtkästchen gemacht, und dort wird es auch bleiben.

Was es heuer zum Muttertag geben wird, wissen wir übrigens noch immer nicht. Aber wir haben ja noch ein paar Wochen. Und was es auch sein wird, es kommt von Herzen.

Joachim Brandl, 44, lebt mit Frau und zwei Töchtern (Rosa, 6, und Lilli, 9) in Wien und sagt über sich: "Ich bin Vater, Kabarettist und Schreiber – in dieser Reihenfolge. Ich habe keine Haustiere und einige weiße Haare. Aber sonst keine Sorgen. Mir gefällt die Idee, als Töchtervater eine Wechselkolumne mit einer Jungsmutter zu schreiben, weil ich lernen muss, was Teenager-Jungs heute so bewegt. Irgendwann werden die ja wahrscheinlich auch vor meiner Tür stehen."

ELTERN

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