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Seit dem 8. Mai 2015 streiken die Kita-Mitarbeiter. Es geht um die Aufwertung des Erzieherberufs. Um mehr Gehalt, damit Erzieher nicht auf Zweitjobs angewiesen sind. Überall wird nach einem höheren Personalschlüssel gerufen, insbesondere im Krippenbereich, aber das ist auch nur realistisch umzusetzen, wenn der Beruf des Erziehers attraktiver wird. Also endlich auch Männer in Kitas arbeiten wollen und sich mehr Jugendliche für diese Ausbildung entscheiden.
Soweit stimmen die meisten Eltern den Forderungen zu und zeigen sich solidarisch. Da die bisherigen Verhandlungen zu keinem diskutierbaren Angebot geführt haben, zieht sich der Streik nun seit Wochen.
UPDATE: Schlichtung - Was heißt das?
Die Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern sind ohne Ergebnis gescheitert. Seit Donnerstag 4. Juni 2015 haben sich beide Parteien auf eine Schlichtung geeinigt.
Eltern können vorerst aufatmen
Während der Schlichtungsphase herrscht Friedenspflicht. Ab Montag 8. Juni sind die Kitas wieder geöffnet. Aber wie lange?
So geht es weiter
Bis zum 11. Juni muss die Schlichtungskommission zusammentreten. Eine Einigungsempfehlung muss bis zum 18. Juni vorliegen. Darüber entscheidet dann die Kommission mit einfacher Mehrheit. Die Einigungsempfehlung ist allerdings nicht bindend. Am dritten Werktag nach Erhalt der Empfehlung, also am 23.06, werden die Tarifverhandlungen wieder aufgenommen. Auch während der Tarifverhandlungen besteht weiter Friedenspflicht. Diese endet erst, wenn keine Einigung in den Tarifverhandlungen erreicht wird. Dann droht die Wiederaufnahme des Streiks.
Leidtragende sind Kinder und Eltern
Was das ganz konkret heißt, bekommen vor allem die Kinder und Eltern in den letzten Wochen deutlich zu spüren. Viele Kitas bleiben geschlossen: Es wird gestreikt. Aber wohin mit den Kindern? Gerade Krippenkinder sind auf ihre Bezugserzieherinnen angewiesen und lassen sich nicht mal eben bei der freundlichen Nachbarin parken, die ihre Hilfe angeboten hat. Geschweige denn Integrationskinder, die eine professionelle Betreuung benötigen.
Stimmen aus der Elternschaft verändern sich
Wenn Gewerkschaftsmitglieder streiken, zahlt der Arbeitgeber zwar keinen Lohn mehr, aber sie erhalten Streikgeld. Leider müssen Eltern selbst einen Weg finden, mit der ungelösten Betreuungssituation klar zu kommen.
So sehr sich Eltern auch solidarisch mit den Forderungen der Erzieher zeigen wollen, allmählich laufen alle auf dem Zahnfleisch. Der Familienjahresurlaub ist gecancelt, da die Eltern jetzt schon Urlaub nehmen müssen, um die Kinder zu betreuen. Aber was, wenn der Jahresurlaub bereits aufgebraucht ist? Einen Anspruch auf unbezahlten Urlaub gibt es nicht. Das ist Verhandlungssache mit dem Arbeitgeber.
Gerade auch für Mütter, die nach ihrer Elternzeit sich im beruflichen Wiedereinstieg befinden und noch in Probezeit sind, ist die Lage sehr existentiell. Da hört die Solidarität aus verständlichen Gründen auf. Wieso wird das alles auf dem Rücken der Kinder und Eltern ausgetragen?
Was kann man tun?
1. Die Gewerkschaften ver.di und GEW rufen dazu auf, die Kitagebühren zurückzufordern. Dazu gibt es allerdings keine einheitliche Regelung. Je nach Träger der Kita ist dafür ein formloses Schreiben oder auch nur ein Gespräch nötig. Sprechen Sie direkt mit Ihrer Kita-Leitung, was Sie dafür tun müssen. Dabei geht es erst mal nur um kleine Beträge, von denen eine neue Kinderbetreuung leider nicht finanziert werden kann. Wichtig dabei ist, dass an anderen Stellen dadurch Arbeit entsteht. Die Kitaleitung gibt diese Forderungen an die Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) weiter. Nur wenn die Auswirkungen des Streiks dort ankommen, treffen sie die Stellen, die etwas verändern oder den Druck weitergeben können.
2. Sie können sich auch an die Stadt, die Behörden oder die Politiker mit einem Schreiben wenden, um sich zu erkunden, wie sie den Rechtsanspruch einer Kinderbetreuung so nachkommen wollen.
3. Sie können sich solidarisch zeigen, in dem sie an Demonstrationen der Gewerkschaften teilnehmen oder auch die Aufwertungskampagne mit Ihrer Unterschrift unterstützen:
Soziale Berufe aufwerten - Eine Kampagne von ver.di
Online-Petition - Wir sind solidarisch
Wo soll ich meine Kinder lassen?
Manche Kitas bieten eine Notbetreuung an. Die steht nur wenigen Kindern zur Verfügung. Je nach Dringlichkeitsgrad können dort Kinder betreut werden. Alleinerziehende und Berufstägige haben einen hohen Dringlichkeitsgrad. Aber was tuen die Eltern, die keinen Platz dort bekommen?
- Großeltern: Die wohl angenehmste Lösung sind die Großeltern. Wenn sie in der Nähe wohnen und sich bereitwillig zeigen, können die Kinder Urlaub bei Oma und Opa machen. Aber nicht immer ist das möglich.
- Eltern organisieren Notbetreuung: Fragen Sie in Ihrer Kita nach, ob sie Ihnen einen Teil der Räumlichkeiten der Kita zur Verfügung stellt, damit engagierte Eltern eine Betreuung der Kinder organisieren können. Hierbei entsteht aber schnell Unsicherheit über die Versicherungsfrage. Auch hierzu kann Ihnen Ihre Kitaleitung Auskunft geben. Eine private Haftpflichtversicherung sichert die Eltern zusätzlich ab.
- Unbezahlter Urlaub: Sofern Sie Ihren Jahresurlaub schon genommen haben, besprechen Sie sich mit Ihrem Arbeitsgeber, ob Sie unbezahlten Urlaub nehmen können. Dies ist nur eine Option, wenn beide Elternteile arbeiten und so finanziell durch das Gehalt des Partners abgesichert sind. Sofern Überstunden existieren, können diese abgebaut werden oder nach Rücksprache mit dem Chef Minus-Stunden aufgebaut werden.
- Homeoffice: Je nach Beruf besteht vielleicht die Möglichkeit vorrübergehend im Homeoffice zu arbeiten.
- Kinder mit zur Arbeit: Auch dieser Vorschlag ist von Ihrem Beruf abhängig. Können Sie Ihre Kinder zur Not mit zur Arbeit nehmen? Gibt es mehrere Kollegen, die mit der gleichen Problematik konfrontiert sind? Kann Ihnen Ihr Arbeitgeber vielleicht ein Zimmer zur Kinderbetreuung zur Verfügung stellen?
- Notfallmamas: Bestimmt keine Lösung für Alleinerziehende/-verdiener, die „Notfallmamas“. Innerhalb von 2-3 Stunden nach Auftragserteilung können die Notfallmamas am Einsatzort, dem Zuhause des Kindes sein. Die Abrechnung erfolgt auf Stundenbasis (Privatpersonen 29,75 €/ Stunde, für Unternehmen gelten gesonderte Preise). Zu zwei Dritteln können die Betreuungskosten als Sonderausgaben bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden.
- Leihoma: Wenn die eigenen Großeltern nicht in der Stadt wohnen, kann eine Leihoma aus der gleichen Stadt gesucht werden. In Zeiten des Streiks vielleicht eine Möglichkeit, die Kinder betreuen zu lassen, aber auch nach dem Streik eine Unterstützung am Nachmittag beim Spielen oder den Junior zum Trompetenunterricht begleiten. Granny als nanny , Leih-Oma.