Wie stehen Sie dem Thema gegenüber? Machen Sie mit bei unserer Umfrage und sehen Sie, wie andere Eltern über dieses Thema denken.
Was sagen die Experten?
Wir haben Fachleute aus unterschiedlichsten Bereichen nach ihrer Meinung gefragt:
Lernforscherin
Professorin Elsbeth Stern, Lernforscherin, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
"Auch das Einzelkind einer Professorenfamilie kann zu Hause nicht so vielfältig gefördert werden wie in einem guten Kindergarten. Deswegen kann ich mir ein verpflichtendes Kindergartenjahr gut vorstellen."
Familienministerin
Ursula von der Leyen, Bundesfamilienministerin
"Mittelfristig kann es sinnvoll sein, das letzte Kindergartenjahr verpflichtend zu machen. Die Entscheidung liegt allerdings bei den Ländern."
Ministerpräsident Baden-Württemberg
Günther Oettinger, Ministerpräsident Baden-Württemberg
"Ich halte ein Pflichtjahr im Kindergarten grundsätzlich für sinnvoll. Die Prüfung rechtlicher und finanzieller Fragen wird allerdings noch mindestens drei Jahre dauern."
Jurist für Kinder- und Jugendhilfe
Professor Josef Hoffmann, Kinder- und Jugendhilferechtler, Fachhochschule Frankfurt/Main
"Es wäre ein Signal für mehr Chancengerechtigkeit! Die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten lassen sich überwinden: Entweder gestalten wir die Kindergartenpflicht als vorverlegte Schulpflicht aus. Oder wir ergänzen Artikel 6 des Grundgesetzes, um den Eingriff in das Elternrecht zu legitimieren. Dieser Lösung würde ich den Vorzug geben."
Deutsches Jugendinstitut
Professor Thomas Rauschenbach, Leiter Deutsches Jugendinstitut München (DJI)
"Von den zehn Prozent der Kinder, die gar nicht in den Kindergarten gehen, stammt nur ein gutes Viertel aus Familien, bei denen eine Förderung besonders notwendig wäre. Diese geringe Zahl rechtfertigt keine Kindergartenpflicht. Was wir brauchen sind ein Anreizsystem und offensive Werbung für die Kindergärten."
Kinderpsychologe
Wolfgang Bergmann, Kinderpsychologe, Hannover
"Ich habe etwas dagegen, dass die Kindheit immer weiter technokratisiert wird. Wir müssen viel mehr daran arbeiten, die natürliche Bindung zwischen Eltern und Kind in den ersten Lebensjahren zu stärken. Das heißt: den Status von Familien verbessern, sie besser unterstützen, ihren Wert anerkennen."
Pädagoge
Professor Matthias Rath, Pädagogische Hochschule Ludwigsburg
"Eine Bildungsoffensive mit Sanktionen gegen die Eltern der vor allem betroffenen Kinder aus bildungsfernen Milieus und mit Migrationshintergrund ist nicht nur wirkungslos. Sie führt auch zu Konflikten für die Kinder. Ich plädiere für Aufklärung statt Druck."
Sozialwissenschaftler
Klaus Hurrelmann, Professor für Sozial- und Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit"
"Ich bin für ein verbindliches drittes Kindergartenjahr und rate dringend zu einer Wiederbelebung der Mütterberatungsstellen. Höchstens 20 Prozent der Mütter werden nach der Entbindung in Pflege- und Erziehungsfragen beraten."
CDU/CSU-Politikerin
Ilse Falk, Stv. Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
"Ich bin gegen eine Kindergartenpflicht bereits für drei- oder vierjährige Kinder. Der Staat sollte sich möglichst wenig in die Lebensgestaltung von Familien einmischen, sondern ihnen durch gute Rahmenbedingungen vielfältige Handlungsoptionen für die Lebensgestaltung und die Erziehung ihrer Kinder eröffnen. Gerade für jüngere Kinder brauchen wir z. B. mehr flexible (auch Teilzeit-)Betreuungsangebote, die sowohl den Bedürfnissen der Kinder als auch der Mütter und Väter Rechnung tragen. Eltern wollen und sollen selbst entscheiden, ob und wie sie für die Betreuung ihrer Kinder selbst sorgen oder Betreuungsangebote, z. B. von Tagesmüttern oder Kindergärten nutzen wollen. Wir sollten nicht vergessen, dass gerade auch das Elternhaus wichtiger Ort frühkindlicher Bildung ist und nicht nur der Kindergarten. Wichtige Voraussetzung allerdings hier wie dort: Erziehungskompetenz! Ich weiß, dass es Eltern gibt, die nicht bereit oder in der Lage sind, Erziehungsverantwortung zu übernehmen und für deren Kinder ein möglichst früher Kindergarten- oder Krippenbesuch das Beste ist. Aber hier gibt es andere Antworten als eine Pflicht für alle! Allerdings plädiere ich für verbindliche Sprachtests für alle Kinder im Alter von vier Jahren. Sollten sich dabei Defizite zeigen, müsste für diese Kinder eine Sprachförderung, z. B. im Kindergarten, verpflichtend werden."
FDP-Politikerin
Dr. Silvana Koch-Mehrin, Vorsitzende der FDP im Europaparlament
„"ch begrüße alle Signale, die zeigen: Der Staat findet es richtig, dass jedes Kind in den Kindergarten geht. Deswegen bin ich dafür, den Kindergarten für Eltern kostenfrei zu machen. Mit einer Kindergartenpflicht hätte ich allerdings Schwierigkeiten. Ich halte sie verfassungsrechtlich für bedenklich, weil sie mit Artikel 6 des Grundgesetzes schwer vereinbar ist. Und ich frage mich als Mutter von zwei Kindern, ob sie praktisch so leicht umgesetzt werden kann. Wieviel Fehltage sind zum Beispiel erlaubt? Kann ich mein Kind dann noch einfach mal für eine Woche aus dem Kindergarten nehmen, etwa wenn ich mit ihm Urlaub machen möchte?"
SPD-Politikerin
Christel Humme MdB, jugend- und familienpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion
"Nicht die Höhe von Transfers an Familien entscheidet über soziale Gerechtigkeit, sondern die direkte Förderung von Kindern. Qualitativ hochwertige Betreuungsplätze sorgen für optimale Bildungschancen von Anfang an und zwar unabhängig von der sozialen Herkunft.
Wir haben bereits in der letzten Legislaturperiode mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz und unserem 4-Milliarden-Euro-Ganztagsschulprogramm damit begonnen, den Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten und Ganztagsschulen auch von Bundesseite zu fördern. Trotz aller Fortschritte gibt es noch immer viel zu tun. Bei einer insgesamt hohen Nutzung in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen besuchen Kinder von Eltern mit niedrigem Bildungsabschluss sowie Kinder mit Migrationshintergrund den Kindergarten seltener. Deshalb finde ich es grundsätzlich richtig, nach zusätzlichen Anreizen zu suchen, um auch diese Kinder möglichst früh und umfassend für frühpädagogische Angebote zu gewinnen.
Ein gutes Betreuungsangebot lehnt man nicht leichtfertig ab. Deshalb sind flexible Öffnungszeiten, ein bedarfsdeckendes Angebot an Ganztagsplätzen, eine gute Personalausstattung und gut ausgebildete ErzieherInnen wichtige Anreize für die Inanspruchnahme eines Kindergartenplatzes. Eine umfassende Informationspolitik, die auch Eltern ohne ausreichende deutsche Sprachkenntnisse erreicht, kann Vorbehalte gegen Bildung, Betreuung und Erziehung von Kindern auch außerhalb des Elternhauses beseitigen. Wenn dann – so wie in Berlin, Rheinland Pfalz und im Saarland – die Gebührenfreiheit für Eltern dazu kommt, wird das die Inanspruchnahme von Kindertagesstättenplätzen weiter erhöhen.
Mit aufsuchenden Hilfen muss bereits unmittelbar nach der Geburt in auffällig gewordenen Familien einer Vernachlässigung von Kindern vorgebeugt werden. Dazu bedarf es einer guten Personalausstattung der Jugendämter.
Mit solch umfassenden und zielgenauen Angeboten müssen wir für gleiche Lebens- und Bildungschancen für alle Kinder sorgen – unabhängig von ihrer Herkunft. Die Regelung einer Kindergartenpflicht mit allen damit verbundenen schwierigen Rechts- und Finanzfragen wäre dann meiner Meinung nach nicht erforderlich."
Bündnis 90/Die Grünen
Özcan Mutlu, bildungspolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen
"Die immer wieder aufgewärmte Debatte um die Einführung einer Kita-Pflicht wäre unnötig, wenn die politisch Verantwortlichen den Kita-Besuch wirklich offensiv fördern, Anreize für den Kita-Besuch bieten und bestehende Hürden aus dem Weg räumen würden. Dazu gehört es, die Kitas endlich als Bildungseinrichtungen zu etablieren und die gezielte Ansprache der bildungsferneren Schichten, die Vereinfachung des Antragverfahrens, die Anerkennung der von den Eltern beantragten Betreuungszeiten und - als ersten Schritt - die Abschaffung der Kitagebühren im letzten Jahr vor der Schule. Bildung und Sprachförderung brauchen aber Zeit und ausreichend qualifiziertes Personal. Das jedoch steht den Einrichtungen oft nicht zur Verfügung."
Offizielle Stellungnahme der FDP
"Die Einführung eines Kindergartenpflichtjahres während des 5. Lebensjahres erscheint im Hinblick auf das elterliche Grundrecht auf Erziehung des Kindes verfassungsrechtlich bedenklich. Der Staat sieht nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 GG zwar die Pflicht und das Recht, die Erziehung und Bildung der Kinder zu fördern und zu unterstützen. Allerdings muss dieses staatliche Angebot hinter dem vorrangigen Erziehungsrecht der Eltern zurücktreten. Die Pflicht für jedes Kind zum Besuch eines Kindergartens würde in erheblicher Weise das Recht der Eltern beeinträchtigen, da ihnen nicht länger ein Wahlrecht zusteht, in welcher Weise sie ihr Kind vor Erreichen der Schulpflicht erziehen wollen. Damit nicht vergleichbar ist die Regelung einer Schulpflicht, die gleichfalls in die Erziehungsrechte der Eltern eingreift.
Ein Kindergarten gehört nicht zum Schulwesen, sondern als Teil der Kinder- und Jugendhilfe zum Bereich der öffentlichen Fürsorge. Demzufolge ist das Recht, eine Schulpflicht zu regeln, auch nicht auf den Kindergarten übertragbar. Deshalb gelten aus Sicht der Liberalen folgende Ansprüche an die künftige Gestaltung der Kinderbetreuung:
Wir wollen den bedarfsgerechten Ausbau des Betreuungsangebotes ab Ende des Mutterschutzes. Dabei müssen auch für Kinder unter drei Jahren hohe Anforderungen an die pädagogische Qualität der Betreuung mit bundeseinheitlichen Mindeststandards definiert und erfüllt werden. Mittelfristig soll ein bundesweiter Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder bereits im dritten Lebensjahr geschaffen werden.
Die Tagespflege, also die Betreuung von Kindern durch Tagesmütter und -väter, ist als qualitativ hochwertiges und dabei kostengünstigeres Kinderbetreuungsangebot gleichrangig neben den so genannten institutionellen Betreuung in Krippen staatlich zu fördern.
Der bedarfsgerechte Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren ist mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz vorgeschrieben worden und wird auch von den Liberalen unterstützt. Allerdings ist die Finanzierung dafür derzeit nicht gesichert. Deshalb müssen die Mittel für die Kleinkinderbetreuung den Kommunen dauerhaft bei der Neuregelung der Finanzen im Zuge der Föderalismusreform zugedacht werden.
Ein Halbtagskindergarten- bzw. Kita-Platz soll ab dem vierten Lebensjahr nach und nach für die Eltern entgeltfrei werden. Wir wollen den Ausbau von Betreuungsplätzen vor allem im Hinblick auf regionale Unterversorgungen. Ganztagsbetreuungsangebote sind auszuweiten, wo bei die verbleibenden Halbtagsbetreuungsangebote bedarfsgerecht zu "vollen Halbtagsplätzen" erweitert werden sollen.
Betreuung heißt für uns nicht Verwahrung, sondern Förderung des Kindes. Schon der Kindergarten hat einen Erziehungs- und Bildungsauftrag. So können Benachteiligungen aufgrund der sozialen Herkunft ausgeglichen und Chancengerechtigkeit am Start ins Leben gewährleistet werden.
Wir werden künftig nicht mehr pauschal Institutionen, sondern die Kinder fördern. Das wird durch Kita-Gutscheine bzw. gezielte Zuweisungen für jedes betreutes Kinder erreicht. Eltern suchen sich nach diesem Modell unter den vielfältigen Anbietern die gewünschte Leistung aus. Sie können sich zwischen kommunalen, privaten und betrieblichen Kindergärten, Betreuungseinrichtungen in freier Trägerschaft oder Tagesmüttern entscheiden. Wahlfreiheit der Eltern und Wettbewerb fördern so die Qualität und institutionelle Vielfalt der Anbieter.
Um alle Kinder schulfähig zu machen soll nach Ansicht der FDP, im Jahr vor dem Schulanfang ein verbindliches Angebot gemacht werden. Mit spielerischen, aber zielorientierten, den Kindern angemessenen Methoden soll das Sprach- und Zahlenverständnis gefördert, die soziale Kompetenz, die Musikalität und Kreativität der Kinder entwickelt werden. Ferner sollen insbesondere bei Kindern mit Migrationshintergrund und aus bildungsfernen Elternhäuser Sprachdefizite zur Wahrung der Chancengleichheit ausgeglichen werden. In der "Starterklasse" sollen aber auch besondere Begabungen erkannt und gefördert werden.“ Stellungnahme der FDP zum Thema "Kindergartenpflicht"
Jugendhilfe und Sozialarbeiter
Norbert Hocke, GEW-Vorstandsmitglied und Leiter des Vorstandsbereiches Jugendhilfe und Sozialarbeit
"Immer wieder wird von Seiten der Politik eine Kita-Pflicht gefordert und ins Gespräch gebracht. Der Wunsch vor allem für Kinder, die aufgrund ihrer familiären Verhältnisse einen Kita-Platz am nötigsten hätten, um das Bildungsangebot Kita auch wahrnehmen zu können, ist verständlich. Mit einfachen und griffigen Formeln denkt die Politik an schnelle Problemlösungen.
Die erste und wichtigste Politikerpflicht wäre es, einen Rechtsanspruch für alle Kinder im Alter von 0 bis 6 Jahren einzuführen und umzusetzen. Nicht nur für einen halben Tag, wie für die 3- bis 6-jährigen Kinder, sondern für einen ganzen Tag, sofern die Eltern dies wollen. Das Kinder- und Jugendhilfegesetz böte hierfür die rechtliche Grundlage. Ca. 90 bis 100 % der 5-jährigen Kinder besuchen einen Kindergarten halbtags. Obwohl die Eltern den Wunsch nach Ganztagsplätzen immer deutlicher artikuliert und angemeldet haben, stellt die Politik diese nicht zur Verfügung.
Nur 40 bis 70% der 3- bis 4-jährigen Kinder besuchen einen Kindergarten. Zu wenig Plätze für diese Altersstufe, abschreckende Gebühren, komplizierte Anmeldeverfahren wirken nicht gerade einladend auf Eltern.
Da suchen in Hamburg arbeitslose Eltern für ihre Kinder einen Platz in einer Krippe, bekommen ihn aber aufgrund des dort gültigen Gutscheinsystems nicht. Eltern, die händeringend einen Ganztagsplatz in Bayern suchen, haben riesige Probleme, für ihre Kinder einen solchen Platz zu bekommen. Und die Krippenplätze in Schwerin oder Erfurt sind auch spärlich gesät. Wer Kinder zum Kita-Besuch verpflichten will, muss dafür Sorge tragen, dass es auch genügend Plätze gibt! Die Kita-Pflicht müsste überprüft und ggf. bei Nichteinhaltung mit Strafen belegt werden. Bislang gibt es kein Verfahren des Abgleichens der Kita-Anmeldelisten mit den Dateien der Einwohnermeldeämter. Da ca. 60% der Einrichtungen in freier Trägerschaft sind, dürfte dies neue rechtliche Probleme aufwerfen. Mit welchen Mitteln will der Staat die Eltern zum Kita-Besuch zwingen:
Kindergeldkürzung, sollten 4- bis 5-Jährige mit der Polizei in den Kindergarten gebracht werden, ein Bußgeld von Hartz IV-Empfängern eingeklagt werden? Die Leidtragenden wären wieder einmal die Kinder. „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürlich Recht der Eltern und die zu förderst ihnen obliegende Pflicht“, so lautet der Artikel 6 im Grundgesetz. Die Umsetzung der Kita-Pflicht würde eine Rechtsdiskussion auslösen, die weder dem Bildungsangebot der Kinder weiterhelfen, noch die Eltern von einem Kindergartenbesuch überzeugen würde.
Die Lösung des Problems - Kindern Bildungsangebote vorzuenthalten - liegt darin, den Rechtsanspruch für einen Kindergartenplatz von Geburt an offensiv auszulegen. Es ist richtig, dass ein Kindergartenbesuch über 2 bis 3 Jahre den Schulstart erheblich vereinfachen und dabei die Bildungschancen erhöhen kann. Dies muss für alle Kinder gelten und von Seiten des Staates auch immer wieder gegenüber unwilligen Eltern angemahnt werden. Die öffentliche Verantwortung des Staates muss sichtbarer werden.
„Kinder haben ein Recht auf Erziehung zu einer eigenständigen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit“, so lautet 1 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Ein Rechtsanspruch, den es gegenüber den Kindern einzulösen gilt. Dazu wird es zunächst gehören, Rahmenbedingungen für die Bildungsangebote in den Einrichtungen deutlich zu verbessern. Zu große Kindergruppen und zu wenig Erzieherinnen, die Zeit für eine gute Bildungsarbeit haben, schrecken gerade Eltern ab, die sich dem Wohl der Kinder verpflichtet fühlen, ihre Kinder in überfüllte Kindergartengruppen zu geben. Wer für Migrantenkinder ein Bildungsangebot möchte, der muss endlich dafür werben, dass unsere Kindergärten mehrsprachig werden und mehr Erzieherinnen mit Migrationshintergrund in den Kitas angestellt werden können. Hier müssen die kirchlichen Einrichtungen verpflichtet werden, diese Mitarbeiter einzustellen. Eine Kindergartenpflicht, wie von Seiten der Politik gefordert, würde nichts an dieser Problemlage ändern und ist deshalb der falsche Weg. Er vergrault auch Kinder, die bereits jetzt in einer Kita Bildungsangebote versuchen wahrzunehmen. Wer die Bildungschancen unserer Kinder verbessern will, der muss dafür Sorge tragen dass - ein Rechtsanspruch, der für alle Kinder von 0 bis 6 Jahren ganztags gilt, umgesetzt wird, - der Besuch des Kindergartens gebührenfrei gestaltet wird, - die Rahmenbedingungen für die Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebote deutlich verbessert werden. Mit einer Kita-Pflicht werden wir unseren Kindern und den Erzieherinnen in den Kitas nicht gerecht. Deshalb: Kita-Pflicht: nein danke. Rechtsanspruch: ja bitte."
Vorsitzende des Deutschen Hausfrauenbundes
Angelika Grözinger, Präsidentin Deutscher Hausfrauen- Bund
Hier ein, allerdings nicht repräsentatives Meinungsbild aus dem Deutschen Hausfrauen-Bund, Berufsverband der Haushaltsführenden e.V.:
Die von uns befragten Mütter im Alter zwischen 30 und 40 Jahren mit kleinen Kindern befürworten eine Kindergartenpflicht im Alter der Kinder von 3 bis 5 Jahren nicht. Sie waren aber dafür, dass ein verpflichtendes Vorschuljahr ab dem 5. Lebensjahr angestrebt wird.
Die Familien möchten ihre Kinder individuell fördern. In der Zeit der Kindergartenpflicht sollten keine Beiträge erhoben werden.
Wertevermittlung und Nestwärme im familiären Bereich sind unseren jungen Eltern sehr wichtig. Wir sind für ein gemeinsames Erleben mit den Kindern. Es muß im Erziehungs- und Bildungsbereich Angebote geben, die Eltern und Kinder gleichermaßen stärken und ihnen im Familienverbund Selbstsicherheit geben.
Da Mindestqualität und Mindeststandards im Bildungsbereich der Kindergarten- oder Tageseinrichtungen nicht bundesweit flächendeckend gegeben sind, lehnen wir im Alter der Kinder von 3 bis 5 Jahren eine Kindergartenpflicht ab. Den freiwilligen Besuch des Kindergartens befürworten wir, wenn die Kinder reif und stabil genug sind, um außerhalb der Familie das Kindergartenangebot anzunehmen. Die Angebote von Bildung und frühkindlicher Betreuung und Erziehung sind elementar wichtig, um den Kindern Chancen zu geben, früh gefördert zu werden und auch Kompetenzen zu erwerben. Ich denke hier speziell an hauswirtschaftliche Angebote.
Unsere Erfahrungen haben uns gezeigt, mit wieviel Spaß und Eifer mit den Kindern gesund eingekauft, dann kreativ gebacken und gekocht wird. Selbst Hygiene, spielerisch in Aktivitäten eingebunden, begeistert Kindergartenkinder. Unser Verband unterstützt durch bundesweite, umfassende Angebote den Bildungswillen von Großeltern, Eltern und Kindern.
Oberbürgermeister von München
Christian Ude, Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister von München
"Es ist notwendig, die vorschulische Bildung etwa durch frühkindliche Sprachförderung zu stärken, um Kinder besser auf den Übergang vom Kindergarten in die Schule vorzubereiten. Das vom Bundespräsidenten genannte möglichst kostenfreie letzte Kindergartenjahr ist familienpolitisch wünschenswert und kann eine Lösung sein."
SPD-Abgeordneter
Professor Karl Lauterbach, SPD-Abgeordneter im Bundestag, in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau
"Es zeigt sich immer stärker, dass in der Altersgruppe der Drei- bis Sechsjährigen das Potenzial für die spätere Intelligenz und Lernfähigkeit aufgebaut wird. Es geht um spielerisches Lernen in einer qualitativ hochwertigen Vorschule. Diese Lebensphase ist wahrscheinlich für den Bildungserfolg eines Menschen die wichtigste des Lebens. In den skandinavischen Ländern und in Frankreich kann man sogar sehen, dass mit einer guten Vorschule die Schulleistungen von Kindern aus sozial schwachen Schichten und Migrantenfamilien mehr oder weniger komplett angeglichen werden können.
Die Gebührenfreiheit ist die Voraussetzung für den Aufbau einer Vorschule. Richtig ist auch, dass dann ein großer Prozentsatz der Kinder davon profitieren würde. Aber es bleiben vielleicht 20 Prozent, an die wir nicht heran kommen. Diese 20 Prozent sind im jetzigen Bildungssystem schon benachteiligt. Wenn wir auf die Vorschulpflicht verzichten, dann werden die in Deutschland ohnehin sehr großen Unterschiede zwischen Kindern aus so genannten bildungsnahen und bildungsfernen Schichten noch zunehmen."