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Kinderbetreuung Unverhofft kommt oft

Eigentlich war alles ganz genau geplant, um den beruflichen Wiedereinstieg und die Kinder-Betreuung unter einen Hut zu bringen. Doch dann kam die Zusage für einen Krippenplatz früher als gewünscht. Was tun, wenn das Glück in Form eines Krippenplatzes zu früh kommt? Zwei Paare erzählen

Jolyne Klützmann und Marc Schürmann mit Niclas (18 Monate)

"Hallo Frau Klützmann, Sie hatten sich um einen Krippen-Platz für Ihren Sohn bei uns beworben. Ein Kind ist bei uns abgesprungen. Wir hätten ab nächstem Monat einen freien Platz für Sie." Von diesem Satz träumen tausende von Eltern in Deutschland. Für uns wurde er zum Gegenstand vieler schlaflosen Nächte.

Eigentlich war von Anfang an alles perfekt geplant: Ich wollte das erste Jahr nach Niclas’ Geburt zu Hause bleiben und mich dann nach einem neuen Job umsehen, in dieser Zeit sollte mein Freund drei Monate lang seine Elternzeit genießt. Danach würde ich Teilzeit arbeiten und Niclas nachmittags von der Kinderkrippe abholen. In der wir uns allerdings viel zu spät beworben hatten... Ausgehend von den in München üblichen Wartezeiten für Krippen, hätten wir unseren Sohn ein halbes Jahr bevor der Schwangerschaftstest den eindeutigen roten Streifen zeigte, anmelden müssen. Von zwei Jahren Wartezeit spricht man in erfahrenen Elternkreisen. Außer man hat Glück. Wir hatten Glück. Ganze vier Monate, bevor der Vaterschaftsurlaub meines Freundes beginnen sollte, kam der Anruf unserer Wunscheinrichtung. Ja, natürlich wollten wir einen Krippenplatz! Aber doch nicht jetzt. Was nun? Sollten wir unseren kompletten Plan umwerfen? Sollte mein Freund auf seine Zeit mit unserem Sohn verzichten? Ich hatte ja noch nicht mal eine neue Arbeitsstelle. Dabei hatten wir doch alles so gut geplant!

Wir haben unser Problem hin- und hergewälzt - und den Krippenplatz schlussendlich abgelehnt. "Ich hoffe nur, dass wir uns nicht selbst einen Strich durch die Rechnung gemacht haben. Man sagt ja auch nicht jede Millionenerbschaft ab, weil man gerade keine Zeit hat, das Geld anzulegen", meinte mein Freund nun immer öfter.

Auf seine Elternzeit zu verzichten, kam für ihn trotzdem nicht in Frage. Darüber bin ich sehr froh und ich wäre die Letzte gewesen, die Einspruch erhoben hätte. Ihm ist die Nähe zu unserem Sohn sehr wichtig. Diese intensive Zeit, die die beiden drei Monate lang exklusiv miteinander genießen dürfen, während ich arbeite, ist einmalig - und kommt vielleicht nicht wieder. Für uns ist klar: Die einzig mögliche Variante, die uns blieb, war den Krippenplatz abzusagen.

Wir brauchten, um unsere ursprüngliche Idee mit Vaterzeit und Halbtagsjob zu realisieren, ab März eine Kinderkrippe. Nicht vorher. Allerdings auch nicht später, denn wenn mein Freund zurück an seinen Arbeitsplatz geht, muss Niclas halbtags versorgt sein. Darüber, dass wir in jedem Fall an dieser Idee festhalten wollen, waren wir uns einig. Wobei uns aber auch immer mulmiger wurde, je näher der März rückte. Wir liefen freihändig und ohne Netz über den Schwebebalken. Aber: Wir konnten keine echte Alternative sehen und hofften einfach das Beste. Im schlimmsten Falle hätten wir uns nach einer Tagesmutter umgesehen.

Dann im Januar plötzlich erneut ein Anruf. Die gleiche Krippe bot uns nun noch einen Platz an. Eingewöhnungszeit ab 1. März. Eine unglaubliche Erleichterung überkam uns. Angespannt hatten wir täglich auf den Kalender gesehen und uns war klar: Wenn uns nichts einfällt, werde ich nach dem Vaterschaftsurlaub meines Freundes erstmal wieder zu Hause bleiben müssen. Wir hatten mehr als nur Glück. Trotzdem denken wir, die Entscheidung war die richtige. Heute ist Niclas glücklich in der Krippe. Jeden Tag, wenn ich ihn am Nachmittag abhole, läuft und hüpft er strahlend auf mich zu. Mehr kann man sich nicht wünschen.

Yvonne und René Schaumburg mit Lennard (20 Monate)

Ein Jahr Babypause macht den Wiedereinstieg sehr schwer.

Gerade als ihr Sohn vier Monate alt war, kamen Yvonne und René Schaumburg in eine ähnliche Situation: Die einzige Kinderkrippe in ihrer Umgebung bot ihnen einen der heiß begehrten Plätze an. Schon im kommenden Monat sollte die Eingewöhnung beginnen. "Im ersten Moment habe ich mich sehr gefreut. Das war wie ein Sechser im Lotto!" sagt Yvonne. "Aber genau eine Sekunde danach dachte ich: Ich kann doch mein Baby nicht einfach abgeben. Wir hatten Lennard gerade erst bekommen und uns an ihn gewöhnt."

Auch sie wollte ursprünglich das komplette erste Lebensjahr ihres Kindes hautnah in Elternzeit miterleben. "Allerdings war mir auch klar, dass der Wiedereinstieg in den Job nach einem ganzen Jahr Pause sehr schwer werden. In meinem Beruf als Steuerfachwirtin ist es fatal, so lange Zeit nicht auf dem Laufenden zu sein. Das Steuerrecht ist wechselhaft." Dazu kam das Problem, mit dem wohl fast jedes Elternpaar zu kämpfen hat: das Geld. "Wir sind weder in den Eltern- noch in den Erziehungsgeld-Topf gefallen. Zwölf Monate mit nur einem Gehalt sind damit fast unmöglich. Wer kann sich das schon leisten?"

Ihr Mann René weiß noch, wie sie versucht haben sich einzureden, dass es für den Kleinen vielleicht besser ist, früh mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen. Schließlich bot die Kinderkrippe der Familie als Kompromiss einen anderen Platz an, wenn Lennard sieben Monate alt würde. Auch wenn das immer noch nicht ihrem ursprünglichen Plan entsprach, nahmen die beiden den Krippenplatz an. Nach so viel Entgegenkommen hätten sie bei einer Absage damit rechnen müssen, nie wieder dieses Glück zu haben. Wahrscheinlich war letztendlich genau das der ausschlaggebende Punkt.

Die Fachgespräche mit Kolleginnen taten gut.

"Es tat mit sehr weh, mein Kind so früh wegzugeben." Für Yvonne, die sieben Monate lang 24 Stunden mit Lennard verbracht hatte, war die Umstellung schwierig. "Die Eingewöhnungszeit machte keinen Spaß. Ich habe viel geweint und bin manchmal länger im Elternzimmer geblieben als nötig. Aber ich konnte auch beobachten, wie es ihm gefiel, dass andere Kinder um ihn herumtobten." Die Fremdelphase wurde quasi umschifft, der kleine Lennard hatte von Anfang an kaum Berührungsängste mit seinen Spielkameraden und den Erzieherinnen.

Einen Monat später begann für alle drei schon der Alltag. Yvonne ging mit Herzklopfen in ihre Arbeit zurück. Heute sagt sie: "Ich war aber auch froh, wieder mit Fachkollegen reden zu können. Und Lennard konnte mit Kindern spielen. Das passte doch prima!" Morgens bringt nun Papa René den Sohn in die Krippe, nachmittags kommt Mama zum Abholen. "Wenn wir morgens ins Spielzimmer kommen, ist Lennard ganz aufgeregt und streckt den anderen Kindern die Arme entgegen. Man merkt, er will dorthin und es macht ihm auch Spaß." erklärt René. Man sieht allen Dreien an, dass die Entscheidung für sie die richtige war.

Haben sie es je bereut? Yvonne sagt: "Nein, eigentlich nie. Höchstens als Lennard sich nach knapp zwei Wochen eine leichte Bronchitis eingefangen hatte. Da fragte ich mich schon, ob das auch alles richtig ist, was wir hier machen." Lennard kam zwei Monate zu früh zur Welt. Deshalb profitiert er ganz besonders vom Umgang mit den anderen Kindern, das sehen auch die Erzieherinnen. So holt er sich ein Spielzeug, das ihm weggenommen wurde, mittlerweile einfach wieder zurück, statt die Ungerechtigkeit der Welt zu beweinen, wie früher.

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