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Vorbilder Das mache ich nach

Vorbilder: Ein junges Mädchen steht lachend vor dem Spiegel
© Cavan for Adobe / Adobe Stock
Erst die Eltern, dann Eisprinzessin, später Internetstar. An wem unsere Kinder sich orientieren, hängt vom Alter ab. Je größer sie werden, desto individueller suchen sie sich ihre Vorbilder.

Ab 3 Jahren

Mamas und Laras

Für die ganz Kleinen sind Eltern das große Vorbild. Und werden trotzdem irgendwann vom Thron geschubst. Tut weh, ist aber wichtig, meint unsere Autorin

Einer meiner Lieblingssätze zum Thema Kindererziehung kommt von Oswald Bumke: "Erziehung heißt vorleben, alles andere ist höchstens Dressur."

Seit mir klar ist, wie sehr meine Tochter in der Zukunft nachahmen wird, was ich gerade tue, halte ich im Alltag immer mal wieder inne – und checke: Wie oft schaue ich aufs Handy? Wie rede ich über meinen Körper? Wie verhalte ich mich anderen gegenüber?

Was ich erst mit der Zeit gelernt habe: Vorbild zu sein muss nicht bedeuten, immer alles richtig zu machen. Im Gegenteil. Denn was für ein Mensch wird aus einem Kind, das seinen Eltern dabei nacheifert, alles richtig zu machen? Ziemlich wahrscheinlich ein sehr verkniffener Perfektionist.

Also versuche ich, mich auch mal zu freuen, wenn vor den Augen des Kindes etwas offensichtlich schiefläuft – oder ich es zum Beispiel richtig verkacke: eine gute Gelegenheit zu zeigen, wie man mit eigenen Niederlagen umgehen kann. Oder wie man sich entschuldigt. Ich zitiere dann gerne Rolf Zuckowski mit seinem Lied "Alle machen Fehler" und sage: "Keiner ist ein Supermann." Ein Satz, den meine Tochter mittlerweile auch gern sagt, wenn irgendwas nicht so läuft, wie sie sich das vorgestellt hat: Schwamm drüber.

Was ein bisschen wehgetan hat: Sobald meine Tochter in den Kindergarten gekommen ist, traten Menschen in ihr Leben, die plötzlich auch Vorbilder wurden. Und zwar ohne dass ich – was für eine Unverschämtheit – bei der Auswahl dieser Vorbilder Mitspracherecht hatte.

Kurz nach der Eingewöhnung verlor mein Kind sein Herz an eine Kindergarten-Praktikantin namens Lara. Eine sehr nette, junge Frau, die ihre Haare zu Rastazöpfen geflochten hatte. Eines Abends, als meine Tochter einmal völlig erschöpft einschlief, in Klamotten und mit ungeputzten Zähnen, trug ich sie ins Bett und wollte ihr wenigstens die Haargummis noch abziehen. Im Halbschlaf und mit vorwurfsvollem Ton schlug sie nach mir: "Nicht die Zöpfe rausmachen, die mir Lara gemacht hat!"

Ich hielt inne, um das Kind nicht vollständig aufzuwecken. Aber auch, weil ich da leise Eifersucht spürte.

Die nächsten Wochen kam das Kind jeden Tag aus der Kita und erzählte, Lara habe dies und das gemacht und jenes gesagt. Und beim Essen "durfte ich neben ihr sitzen, Mama". Ich gab mir sehr viel Mühe, diese Lara nicht zu hassen. Und ich kapierte: Das Kind hatte sich ein Stück weit von mir abgenabelt.

Das schmerzt, gehört aber wohl in diesem Alter dazu – und hat natürlich auch sein Gutes: zum Beispiel, wenn sie "endlich mal wieder Pferd spielen" will. Und ich keine Lust dazu habe. "Weißt du was?", antworte ich dann. "Das kannst du ja morgen mit Lara machen." Und meine es wirklich nur ein ganz, ganz kleines bisschen gehässig.

Ich will so sein wie du

Der Löwe will so schöne Streifen wie der Tiger, der Tiger wiederum hätte gern eine Mähne wie der Löwe. Übers Ausprobieren und ein paar lustige Umwege merken sie am Ende allerdings: Am liebsten sind sie doch sie selbst. "Ich will so sein wie du", Britta Sabbag (ars Edition, 15 Euro), ab 3 J.

Ab 8 Jahren

Arielle und Autoreifen-Reklame

Die Protest- und Bildungsorganisation Pinkstinks engagiert sich unter anderem gegen Sexismus in Kitas, Schulen, Medien und Werbung. Wir haben mit Nils Pickert, einem der Autoren von Pinkstinks gesprochen

Eltern Family: Wie wichtig sind eigentlich die Vorbilder, die unseren Kindern in den Medien begegnen?

Nils Pickert: Sehr wichtig. Kinder können sich besser vorstellen, selbst etwas zu sein, wenn sie es vorhergesehen haben. Disney zum Beispiel hat vor einiger Zeit den Trailer zu einer neuen Arielle-Verfilmung herausgebracht. Die Hauptdarstellerin ist schwarz. Eine schwarze Arielle. Kurz darauf tauchten in den sozialen Medien Hunderte von Clips von schwarzen Kindern auf, die diesen Trailer schauten und sich repräsentiert gefühlt haben: Da ist eine Disneyheldin, die die gleiche Hautfarbe hat wie ich – ein tolles Vorbild.

Heißt das, Unternehmen übernehmen heute schon mehr Verantwortung in der Werbung und in Serien als früher?

Unsere Erfahrung ist, dass die sexistischen Einschläge seltener werden, ja. Aber zum Beispiel im Mittelstand gibt es noch immer viel selbst zusammengeschraubte Werbung, bei der wir dann zum Beispiel nackte Frauen auf Autoreifen-Reklame sehen.

Grundsätzlich gibt es positive Tendenzen. Manche Firmen betreiben aber auch einfach Marketing mit dem Thema. Wir nennen das social oder pink washing. Bei all dem Hype um Arielle muss man bedenken, dass diese selbst gedrehten Clips von begeisterten schwarzen Kindern am Ende natürlich auch den Film gut verkaufen.

Woran kann ich denn als Konsument erkennen, was Marketing ist – und was ein ernst gemeinter Wunsch nach Veränderung?

Wir versuchen, einen weiten Blick zu werfen auf das, was Konzerne oder Firmen sonst so machen. Wenn sie auch Arbeitsbedingungen verbessern und auf Diversität bei den Angestellten achten, ist das schon mal ein gutes Zeichen. Manche Firmen setzen dieses Zeichen ganz offiziell: 2017 haben sich in London mehrere große Unternehmen mit Marken wie zum Beispiel Axe zusammengeschlossen und schriftlich verabredet, nicht mehr sexistisch zu werben. "Unstereotype Alliance" heißt dieses Projekt.

Gibt es sonst noch konkrete Tipps, was Eltern von Grundschulkindern in der Hinsicht tun können?

Wir glauben, dass es schlau ist, nicht zu verbieten – sondern die Kinder zu begleiten und mit ihnen kritisch zu besprechen, was sie da sehen. Mir persönlich ist wichtig, vor allem Jungs auch weibliche Vorbilder vorzustellen. Denen bleibt sonst eine komplette Welt verschlossen. Ich sehe eine große Chance und auch Aufgabe für Eltern, ihren Jungs zu zeigen, dass Vorbilder auch freundlich, zärtlich und mitfühlend sein können. Und zwar geschlechtsübergreifend.

Unser Interviewpartner Nils Pickert setzt sich auch in eigenen Büchern mit den Genderklischees unserer Gesellschaft auseinander. Zuletzt erschienen ist sein Vorlesebuch "Seeräubermädchen und Prinzessinnenjunge" (Carlsen, 14 Euro) für Kinder im Grundschulalter.

Ab 12 Jahren

Tanten und Jedimeister

In der Pubertät werden Kinder kritischer und Vorbilder individueller. Wir haben mal nachgefragt, an wem sich Jugendliche momentan so orientieren

Ich selbst 

Viele meiner Familienmitglieder sind für mich Vorbilder, weil ich mir bei jedem irgendetwas abgucken kann. Wenn ich eine konkrete Person nennen müsste, würde ich meine Tante nennen. Ich finde eigentlich schon immer toll, was sie macht. Sie ist sehr selbstbewusst und sagt, was sie denkt. Manchmal bin ich auch einfach mein eigenes Vorbild. Wenn ich mich motiviere, Dinge zu tun, auf die ich keine Lust habe – Hausaufgaben zum Beispiel. Dann sage ich mir selbst, dass es schnell erledigt ist und ich dann wieder Freizeit habe.

Annika, 15 Jahre

Die Leute aus dem Internet

Früher habe ich mir viel von anderen Kindern abgeschaut – und mich mit ihnen verglichen. Das mache ich auch heute noch, aber eher mit Leuten aus dem Internet. Ich will dann deren tolles Leben führen und genauso sein wie sie. Das ist natürlich nicht gut, weil jeder Mensch einzigartig ist – und was man im Internet sieht, ist in Wirklichkeit nicht so.

Ansonsten sind meine Cousinen auch eine Art Vorbild für mich. Wenn ich sie früher getroffen habe, habe ich ihnen immer alles nachgemacht. Heute weiß ich, dass ich ein eigenständiger Mensch bin, und mache das, was mir Spaß macht.

Lucie, 15 Jahre

Obi-Wan Kenobi

Bei "Star Wars" gibt es eine Figur, die ein Vorbild für mich ist: der Jedimeister Obi-Wan Kenobi. Mir ist klar, dass "Star Wars" nicht echt ist, aber manche beschriebenen Sachen entsprechen schon der Realität. Zum Beispiel wie Konflikte entstehen und wie die Figuren versuchen, sie zu lösen, auch mit Worten, zum Teil ohne Waffen. Besonders Kenobis Art zu sprechen, mit viel Witz und Humor, gefällt mir. Manche Sätze sind sehr inspirierend und prägen sich ein.

Zum Beispiel: "Be mindful of your thoughts, they might betray you." Leider vergisst er manchmal seinen Weg als Friedenshüter, auch das ist für mich auf die echte Welt übertragbar. Ich würde aber auch gern für jemanden mal ein Vorbild sein.

Samson, 12 Jahre

Eigentlich niemand

Ich habe im Moment eigentlich keine Vorbilder, jedenfalls keine permanenten. Ich schaue schon viele Videos auf Youtube an, zum Beispiel Filme von den "Real Life Guys", die haben tolle Sachen – also Bauprojekte – erfunden und zusammen mit anderen Freunden gebaut. Oder die Serie "Seven versus wild", bei der sieben Kandidaten sieben Tage mit nur sieben Dingen in Schweden in der Wildnis ausgesetzt werden. Aber das sind trotzdem keine Vorbilder. Ich habe auch schon oft im Zelt übernachtet, aber ich muss das jetzt nicht nachmachen. Ich mache einfach selber, worauf ich gerade Lust habe. Oder ich mache was mit Freunden zusammen. Aber da sind wir dann gleich und gleichberechtigt und denken uns einfach selber etwas für uns aus, ohne Vorbilder.

Tom, 12 Jahre

Internetstars, von denen Teenager richtig was lernen:

@heeyleonie klärt z. B. über Hintergründe von Social-Media-Trends auf.

@niklaskolorz berichtet mit schnellen Schnitten von der Entdeckung des Urknalls.

@doc.felix veranschaulicht unterhaltsam den Unterschied zwischen Frucht- und Industriezucker.

ELTERN

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