Artikelinhalt
- Was ist das Neugeborenenscreening?
- Was passiert dabei?
- Wann und wo wird das Neugeborenenscreening gemacht?
- Darf ich bei der Blutentnahme dabei sein?
- Auf welche Krankheiten wird mein Baby getestet?
- Wann und wie erfahre ich von dem Ergebnis?
- Ist das Neugeborenenscreening verpflichtend?
- Was, wenn das Testergebnis auffällig ist?
- Wer trägt die Kosten für die Untersuchung?
Was ist das Neugeborenenscreening?
Die meisten Babys kommen gesund zur Welt. Doch bei etwa einem von 1000 Kindern liegt eine seltene angeborene Störung des Stoffwechsels, der Organfunktionen oder ein Hormonmangel vor. Unbehandelt können diese Erkrankungen zu bleibenden Behinderungen, geistigen und körperlichen Einschränkungen führen oder manchmal sogar lebensgefährlich sein. Deshalb wird in Deutschland flächendeckend das Neugeborenenscreening angeboten. Dabei wird das Blut deines Kindes kurz nach der Geburt auf 20 mögliche Krankheiten untersucht, um – sollte es notwendig sein – möglichst frühzeitig mit einer Behandlung und Therapie beginnen zu können.
Das Mukoviszidose-Screening ist eine Reihenuntersuchung, die zeitgleich mit dem Neugeborenenscreening und mit den bereits dabei erhobenen Blutproben durchgeführt werden kann.
Was passiert dabei?
Um dein Kind auf mögliche Krankheiten untersuchen zu können, werden vom medizinischen Personal kurz nach der Geburtein paar Tropfen Blut (meist aus der Ferse) entnommen und auf eine spezielle Filterpapierkarte getröpfelt. Mindestens vier Kreise auf diseser Karte müssen vollständig mit Blut durchtränkt sein. Das hört sich nach viel an, tatsächlich sind dafür aber nur wenige Bluttropfen notwendig. Die Filterpapierkarte wird dann in ein entsprechendes Speziallabor geschickt und dort untersucht.
Wann und wo wird das Neugeborenenscreening gemacht?
Die Blutprobe wird normalerweise im Laufe des zweiten bis dritten Lebenstages deines Kindes entnommen (zwischen der 36. und 72. Lebensstunde). Wenn du ambulant entbindest, kann die Blutentnahme auch schon vorher stattfinden, allerdings muss das Screening dann wahrscheinlich später noch einmal wiederholt werden. Meist geschieht das im Rahmen der zweiten U-Untersuchung (U2). Auch Frühgeborene müssen leider zweimal gepikst werden: das erste Mal zwischen der 48. und 72. Lebensstunde und ein weiteres Mal dann, wenn eigentlich die 32.Schwangerschaftswoche vollendet wäre.
Hast du in einer Geburtsklinik entbunden, wird das Neugeborenenscreening auch dort durchgeführt. Bei ambulanten Geburten zu Hause oder in einem Geburtshaus übernimmt die Hebamme die Blutentnahme im Rahmen der Wochenbettbetreuung. Spätestens bei der U2 muss sich auch der:die behandelnde Kinderärzt:in vergewissern, dass das Screening regelgerecht durchgeführt wurde und es gegebenenfalls nachholen.
Darf ich bei der Blutentnahme dabei sein?
Selbstverständlich darfst du bei der Blutentnahme für das Neugeborenenscreening dabei sein. Viele Kinderkrankenschwestern oder Hebammen fragen die Eltern vorab, ob sie dabei sein oder vielleicht lieber kurz den Raum verlassen möchten. Eurem Baby wird die Blutentnahme vielleicht kurz weh tun und es wird weinen, weil die Person die Ferse oft ein bisschen drücken muss, um genügend Blut zu gewinnen. Manche Eltern können kein Blut sehen und das deshalb nicht so gut aushalten. Für sie ist es dann besser, das Zimmer kurz zu verlassen.
Auf welche Krankheiten wird mein Baby getestet?
Beim Neugeborenenscreening wird das Blut deines Kindes auf ganz bestimmte Stoffwechselkrankheiten und Hormonstörungen untersucht, die schlimmstenfalls tödlich enden können. Das klingt alles ziemlich gruselig, aber genau darum geht es ja beim Screening – um diese Verläufe verhindern zu können:
- Adrenogenitales Syndrom (AGS): Hierbei handelt es sich um eine Hormonstörung durch einen Defekt der Nebennierenrinde. Die Erkrankung führt bei Mädchen zu einer Vermännlichung.
- Ahornsirupkrankheit (MSUD): Kinder, die von dieser Krankheit betroffen sind, können Aminosäuren nicht richtig abbauen, es drohen geistige Behinderung, Koma.
- Biotinidasemangel: Defekt im Stoffwechsel des Vitamins Biotin, der zu Hautveränderung und geistigen Behinderungen führen kann.
- Carnitinzyklusdefekte: Gestörter Stoffwechsel der Fettsäuren, die Stoffwechselkrisen und Koma nach sich ziehen können.
- CTP-I (Carnitin-Palmitoyl-Transferase-I-Mangel)
- CTP-II (Carnitin-Palmitoyl-Transferase-II-Mangel)
- Carnitin-Acylcarnitin-Translocase-Mangel
- Fettstoffwechseldefekte
- MCAD-Mangel: Kinder, die unter dieser Krankheit (Medium-Chain-Acyl-CoA-Dehydrogenase-Mangel) leiden, können keine Energie aus Fettsäuren gewinnen.
- LCHAD, VLCAD-Mangel: Defekte im Stoffwechsel von langkettigen Fettsäuren. Die Folge: Stoffwechselkrisen, Muskel- und Herzmuskelschwäche.
- Galaktosämie: Bei dieser Stoffwechselstörung wird der Milchzucker im Körper nicht richtig verarbeitet. Erblindung, körperliche und geistige Behinderungen und Leberversagen können die Folge sein.
- Glutaracidurie Typ 1: Defekt im Abbau von Aminosäuren, führt du bleibenden Bewegungsstörungen.
- Hypothyreose: Angeborene Unterfunktion der Schilddrüse, führt zu einer schweren Störung der geistigen und körperlichen Entwicklung.
- Isovalerianacidämie: Defekt im Abbau von Aminosäuren, es drohen geistige Behinderung, Koma.
- Phenylketonurie (PKU) und Hyperphenylanalinämie (HPA): Defekt im Stoffwechsel der Aminosäure Phenylalanin, bewirkt Krampfanfälle, Spastik, geistige Behinderung.
- Schwere kombinierte Immundefekte (SCID): Keinerlei vorhandene Immunabwehr, dadurch hohe Infektanfälligkeit mit Komplikationen und schwersten Verläufen.
- Sichelzell-Krankheit: Verformte rote Blutzellen resultieren in einer Blutarmut und einer schlechteren Sauerstoffversorgung der Organe. Langfristig Hirninfarkt, Nierenversagen, Blutvergiftung möglich.
- 5q-assoziierte spinale Muskelatrophie (SMA): Mangel des SMN-Proteins führt zu einer zunehmenden Muskelschwäche und eingeschränkter Lungenfunktion.
- Tyrosinämie Typ I: Stoffwechseldefekt der Aminosäure Tyrosin, die daraus entstehenden Abbauprodukte können Leber, Niere, Gehirn und/oder Nerven schädigen.
- Mukoviszidose: Bei der Krankheit (Zystische Fibrose) sind die Körpersekrete zähflüssiger als bei Gesunden. Diese Verschleimung führt zu Funktionsstörungen von Lunge, Darm und Bauchspeicheldrüse und zu dauerhaften Entzündungen des Gewebes.
Wann und wie erfahre ich von dem Ergebnis?
Die Ergebnisse des Neugeborenenscreenings werden innerhalb weniger Tage an den Einsender der Blutproben versendet. Wenn Du in einer Geburtsklinik entbunden hast, wird also die Klinik über den Befund informiert. Bei einem auffälligen Ergebnis ist es dann die Aufgabe des Krankenhauses, euch als Eltern zu informieren. Nur wenn ein dringender Handlungsbedarf besteht, wird man versuchen, euch direkt zu kontaktieren.
Ist das Neugeborenenscreening verpflichtend?
Nein, die Teilnahme am Neugeborenenscreening ist freiwillig. Wenn ihr euch dagegen entscheidet, wird dies ganz einfach auf der Screening-Karte vermerkt. Trotzdem: Eine Ablehnung will gut überlegt sein, denn, sollte dein Kind unter einer der getesteten Krankheiten leiden, bekommt es unter Umständen unnötig spät die entsprechende Behandlung.
Was, wenn das Testergebnis auffällig ist?
Ein auffälliges Testergebnis oder die Aufforderung zur Wiederholung des Neugeborenenscreenings ist noch keine Diagnose und bedeutet nicht, dass dein Kind wirklich krank ist. Manchmal reicht das Blut auf den Filterpapierkarten nicht aus oder die Ergebnisse zeigen einen Grenzwert und müssen neu ermittelt werden. Auch wenn es tatsächlich Hinweise darauf gibt, dass dein Kind möglicherweise unter einer der getesteten Krankheiten leidet, müssen zunächst noch mehrere Untersuchungen folgen, um eine gesicherte Diagnose zu erhalten.
Wer trägt die Kosten für die Untersuchung?
Die Kosten für das Neugeborenenscreening werden von der Krankenkasse übernommen. Aber keine Sorge: Dein Baby muss zu diesem Zeitpunkt noch keine Krankenkassenkarte haben, denn die Kosten können auch über einen gesetzlich versicherten Elternteil abgerechnet werden. Auch Privatkassen tragen die Kosten für das Neugeborenenscreening.
Quellen:
- Deutsche Gesellschaft für Neugeborenenscreening e.V.: Richtlinien, Leitlinien und Gesetze im Neugeborenenscreening, zuletzt abgerufen am 14.10.2022
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Erweitertes Neugeborenen-Screening, Broschüre, zuletzt abgerufen am 14.10.2022
- Gemeinsamer Bundesausschuss: Untersuchung auf Mukoviszidose, Broschüre, zuletzt abgerufen am 14.10.2022