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Schlägt das Herz im richtigen Rhythmus? Werden die Organe mit Blut versorgt, zeigt das kleine Gesicht, die Wirbelsäule oder der Bauch Auffälligkeiten? Beim Feinultraschall werden die Organe des Fötus zwischen der 19. und 23. Schwangerschaftswoche (SSW) ganz besonders gründlich untersucht. Durchgeführt wird die Feindiagnostik in der Schwangerschaft nur, wenn ein Verdacht auf einen Gendefekt oder eine Fehlbildung besteht oder eine Risikoschwangerschaft vorliegt. Ist deine Schwangerschaft unauffällig, reichen die drei Basis-Ultraschall-Termine aus. Ob du dein Baby während der Untersuchung in 3D oder 4D sehen kannst, liegt ganz bei deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt. Reines Baby-TV ist seit Januar 2021 zum Schutz des Ungeborenen nicht mehr erlaubt.
Wer braucht eine Feindiagnostik in der Schwangerschaft?
Ob ein Feinultraschall notwendig ist, entscheidet grundsätzlich dein:e Gynäkolog:in. Denn zum sogenannten Organ-Ultraschall (auch Organ-Screening oder Fehlbildungsschall) wird nur geraten, wenn der Basis-Ultraschall (19. bis 22. SSW) Anlass dazu gibt oder die Krankengeschichte der Eltern oder der Schwangeren ein Risiko für die Entwicklung des Fötus wahrscheinlich macht. Gründe für eine Feindiagnostik im Überblick:
- Auffälligkeiten bei einer regulären Ultraschalluntersuchung.
- Ihr habt bereits ein Kind, das krank ist oder eine Behinderung hat.
- Ihr seid (eventuell) Träger einer Erbkrankheit.
- Du hast Diabetes mellitus.
- Du musstest in der Frühschwangerschaft bestimmte Medikamente nehmen oder eine Röntgenuntersuchung machen lassen.
- Eine frühere Schwangerschaft verlief problematisch.
- Du gehörst zu der Gruppe der Risikoschwangeren.
Auch wenn dein:e Frauenärzt:in dir zu einem Feinultraschall als Ergänzung zum regulären Ultraschalltermin rät und dich in eine Praxis für Pränataldiagnostik überweist, bleibt die Untersuchung deine Entscheidung. Natürlich ist es sehr beruhigend, wenn sich am Ende herausstellt, dass alles in Ordnung ist. Aber das Screening wird durchgeführt, um gezielt nach Fehlbildungen oder auf Hinweise auf einen Gendefekt zu suchen und gehört schon zur pränatalen Diagnostik. Überlegt euch ganz in Ruhe, wie ihr mit der Nachricht umgehen würdet, dass euer Baby vielleicht krank oder mit einer Beeinträchtigung auf die Welt kommen würde.
Wenn ihr zum Beispiel gemeinsam zu dem Schluss kommt, dass ihr euch in jedem Fall für ein Baby mit Trisomie 21 entscheiden würdet, könnt ihr vor der Untersuchung sagen, dass ihr über Hinweise auf diesen Gendefekt nicht informiert werden wollt (Recht auf Nicht-Wissen).
Was wird beim Feinultraschall untersucht?
Mit einem speziellen, hochauflösenden Ultraschallgerät werden alle sichtbaren Organe eures Babys auf mögliche Fehlentwicklungen untersucht. Solch eine Untersuchung darf nur durchführen, wer dazu eine Zusatzausbildung vorweisen kann. Herz, Gehirn, Lunge, Nieren und die ableitenden Harnwege werden ebenso unter die Lupe genommen wie Wirbelsäule, Arme, Beine, der Nacken, das Gesicht und die Fruchtwassermenge. Die Feindiagnostik kann zum Beispiel Fehlbildungen wie eine Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, einen Wasserkopf (Hydrocephalus) oder einen offenen Rücken (Spina Bifida) ausschließen.
Natürlich ist es für die werdenden Eltern schlimm, wenn bei der Feindiagnostik tatsächlich eine Fehlentwicklung festgestellt wird. Auf der anderen Seite ist es aber oft von großem Vorteil, dass die Ärzte schon während der Schwangerschaft wissen, welche Problematik vorliegt. Denn das gibt ihnen die Möglichkeit, die Schwangerschaft entsprechend zu begleiten sowie die Geburt und die anschließende Versorgung des Babys gut vorzubereiten. Auch eine Einweisung in eine Spezialklinik ist so rechtzeitig möglich.
Aber auch für die Eltern ist Unterstützung in dieser schwierigen Zeit wichtig. Eine gute Adresse ist zum Beispiel der Bundesverband zur Begleitung von Familien vorgeburtlich erkrankter Kinder e.V. (www.bfvek.de). Er wurde von betroffenen Eltern gegründet und unterstützt Eltern mit Informationen und einem Patenprogramm („Betroffene unterstützen Betroffene“).
Wo liegen die Grenzen der Untersuchung?
Die Feindiagnostik ist sehr viel genauer als der reguläre Ultraschall. Aber auch diese Untersuchungsmethode hat ihre Grenzen. Ein Feinultraschall kann nicht hundertprozentig alle körperlichen Fehlentwicklungen, Erkrankungen und Gendefekte ausschließen. Auch wenn 90 Prozent aller bedeutsamen Fehlbildungen auf diesem Weg diagnostiziert werden können, garantiert euch ein unauffälliger Ultraschall kein gesundes Kind.
Das liegt zum einen an den Untersuchungsbedingungen. Die Qualität des Ultraschalls nimmt ab, wenn das Kind ungünstig liegt oder ein hoher BMI der Mutter die Bildgebung durch die Bauchdecke beeinträchtigt. Außerdem gibt es Krankheiten, die sich nicht in einer Fehlbildung der Organe äußern oder sich erst nach der Geburt entwickeln.
Falls sich bei der Feindiagnostik ein bestehender Verdacht bestätigen sollte, wird euer Arzt mit euch die weiteren Schritte besprechen. Um einen Gendefekt sicher nachzuweisen, ist zum Beispiel eine Fruchtwasseruntersuchung denkbar. Da mit diesem Eingriff aber immer auch ein Risiko für das Ungeborene verbunden ist, wird euer Arzt sicher auch die Option einer molekulargenetischen Untersuchung der kindlichen DNA im mütterlichen Blut ansprechen. Dieser Bluttest ist in begründeten Fällen eine Kassenleistung.
Was kostet eine Untersuchung mit Feinultraschall?
Wenn deine Gynäkologin oder dein Gynäkologe dich zum Feinultraschall überweist oder ihn selbst durchführt, übernimmt diese Leistung deine Krankenkasse. Zusätzliche Ultraschalluntersuchungen sind nach einer Änderung der Strahlenschutzverordnung seit Januar 2021 nur noch möglich, wenn sie medizinisch notwendig sind. Die Politik reagierte mit dieser Einschränkung auf die Zunahme von Selbstzahler-3D- und -4D-Ultraschallunteruchungen. Diese würden den Embryo unnötigen Strahlenbelastungen aussetzen, so wurde argumentiert. Das sogenannte "Baby-Fernsehen" hatte somit in Deutschland ein Ende.
Dein:e Ärzt:in entscheidet also, ob es bei deinem Feinultraschall sinnvoll ist, die 3D- oder 4D-Technik einzusetzen. Schwangere ohne Überweisung zur Feindiagnostik müssen nun zwar auf dreidimensionale Blicke in den Bauch verzichten. Allerdings brauchen sie sich auch weniger Sorgen zu machen. Denn bei einer normal verlaufenden Schwangerschaft und einem gesunden Mutter-Kind-Duo ist ein Feinultraschall, egal ob in 2D, 3D oder 4D, gar nicht notwendig.
Quellen:
- Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (2020): IGeL-Monitor: Ab 2021: Ultraschall als "Babyfernsehen" wird verboten.
- Verbraucherzentrale (2021): Schwangerschaft: Welche Untersuchungen zahlt die Kasse?
- Tagesschau.de (2021): Bluttest für Schwangere: Trisomie-Test wird Kassenleistung.