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Körper im Umbau Vom Kind zum Erwachsenen

Junge mit Cap sitzt auf Mauer
© Sabphoto / Shutterstock
In der Pubertät wachsen Kinder in die Höhe, es sprießen Haare und blühen Pickel. Wie eure Töchter und Söhne sich jetzt verändern, was sie empfinden und brauchen, erfahrt ihr hier.

Die Giraffe an der Kinderzimmerwand hat ausgedient. Auf ihr wurde Jahr für Jahr jeder Fortschritt in Zentimetern notiert: Schon ein Meter zwanzig! Fünfundzwanzig! Vierundvierzig! Einssechzig! Bis das Kind dann endgültig über die Hörner seiner Mess-Giraffen hinausgewachsen war.
Seitdem beweisen Bleistiftstriche auf der Tapete: Es ist in zwei Jahren 30 Zentimeter größer geworden. Das pummelige Kind ist jetzt ein langer Schlacks. Irgendwie scheinen Arme und Beine nicht mehr zum Rest des Körpers zu passen. Und so bewegt das Kind sich auch: eckig, die Schultern hochgezogen, schludrige Schritte. Es fühlt sich, wie es aussieht: unbeholfen, ungelenk, ungewohnt.
Zwischen dem neunten und dem 17. Lebensjahr leben Heranwachsende in einem Körper, der sich ständig verändert, der sie befremdet, den sie erst noch lieben lernen müssen. Sie wachsen, bekommen Busen oder eine tiefe Stimme – nichts ist mehr, wie es war: Pubertät, das kommt von "pubes", lateinisch: das Schamhaar.

Bist du groß geworden!

Pubertät, das kommt von pubes, lateinisch: das Schamhaar

Den ersten pubertären Wachstumsschub erlebt ein Mädchen mit etwa zehn bis elf Jahren, ein Junge beginnt sich auffallend zu strecken, wenn er ungefähr zwölf bis 13 Jahre alt ist. Bis zum 16. Lebensjahr wachsen beide zwischen acht und zehn Zentimeter oder mehr im Jahr. Danach können Jugendliche bis ungefähr Anfang 20 noch mal zwischen fünf und 15 Prozent an Körpergröße zulegen.

Die Seele als Spiegel

Lösung vom Gewohnten, Aufbruch, Neuanfang - die Veränderungen des Körpers spiegeln sich auch in der Seele. Pubertierende sehen sich beim Wachsen zu und stellen sich Fragen: Wer bin, was will ich?
Sicherheit in diesen unsicheren Zeiten suchen sie in der Gruppe der Gleichaltrigen. Dazugehören, mithalten können, anerkannt sein – das ist jetzt wichtig und hat für Jugendliche viel mit dem Aussehen zu tun: 73 Prozent der Mädchen und 50 Prozent der Jungen glauben, dass ihr Äußeres sie beliebt oder unbeliebt macht.

Wie sehe ich aus?

Zu Beginn der Pubertät betrachten viele Jugendliche sich sehr kritisch: Die körperlichen Veränderungen lösen verstärktes Schamgefühl aus. Die Badezimmertür bleibt jetzt zu: Der Körper wird als mehr oder weniger peinlich empfunden.
Erst mit etwa 16, 17 Jahren oder später nimmt das Selbstbewusstsein zu, wird das eigene Aussehen akzeptiert - wenn bis dahin keine Störungen auftreten, die dazu führen, dass Mädchen oder Jungen ihren Körper ablehnen: Magersucht, auffälliges Übergewicht, übermäßiges Piercing oder Selbstverstümmelung (das "Ritzen") sind Zeichen dafür.
Bei solchen Schwierigkeiten sollten Eltern sich an Fachleute wenden, zum Beispiel an eine Erziehungsberatungsstelle, den Schulpsychologen oder an einen Arzt, dem der Jugendliche vertraut.

Opfer der Hormone

Den Anstoß geben die Hormone. Aus der Hirnanhangdrüse (Hypophyse), einem walnussgroßen Organ, das in der Stirnmitte zwischen den Augen sitzt, kommt das Kommando: "Wachsen!" Schilddrüse, Nebennieren und Keimdrüsen bilden Hormone, die das kommende Erwachsenenleben begleiten werden.
Die Ausschüttung von Sexualhormonen stößt bei Mädchen zuerst die Entwicklung der Brust an, bei Jungen wachsen Hoden und Penis. Danach zeigen sich bei beiden die ersten Schamhaare. Viele Jungen entdecken einen zarten Flaum im Gesicht, bei Mädchen, die dazu neigen, sprießen Haare an den Beinen - erster Rasieralarm!

Jetzt monatlich: Die Menstruation

Mädchen sind heute früher geschlechtsreif als ihre Mütter: Ihre erste Periode, die Menarche, erleben manche schon mit neun Jahren, im Durchschnitt zwischen dem 13. und dem 14. Lebensjahr. Die meisten sind gut darauf vorbereitet und können mit ihren Müttern vertrauensvoll darüber reden.
Trotzdem kann die Menstruation auch als problematisch empfunden werden: Unterleibskrämpfe, Stimmungsschwankungen, Heißhungerattacken - an diese möglichen Begleiter ihres neuen Frauendaseins müssen Mädchen sich erst gewöhnen. Schmerzen während der Tage erleben 60 bis 70 Prozent der jungen Frauen, ungefähr 40 Prozent empfinden die Tage davor als unangenehm: Das Prämenstruelle Syndrom (PMS) betrifft sie genauso wie erwachsene Frauen.
Tipp: Gegen die Beschwerden vor den Tagen hilft Vitamin B6. Reichlich kommt es vor in Fisch, Nüssen, Getreide, Reis, Bohnen, Avocados.

Geschlechtsreife Jungs

Jungen erleben ihren ersten Samenerguss zwischen neun und 15 Jahren, ab jetzt sind sie zeugungsfähig. Unwillkürliche nächtliche Orgasmen sind oft verbunden mit lustvollen Träumen. Für einen Jungen, der das zum ersten Mal und sehr früh erlebt, kann es ein verunsicherndes Erlebnis sein - weshalb er möglicherweise mit besonders schlechter Laune am Frühstückstisch sitzt.
Väter (Mütter sind in diesem Fall als Gesprächspartner nicht so willkommen) können dem Ereignis frühzeitig alles Beängstigende, Beschämende nehmen: Sie sollten mit ihren Söhnen über deren Entwicklung reden, das Normale daran betonen. Und auch mal erwähnen, dass Lust und sexuelles Verlangen zum Leben gehören und es bereichern.
Tipp: Für lesefreudige Jungs gibt es von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine gut gemachte Aufklärungsbroschüre: "Wie geht’s - wie steht’s?". Kostenlos zu bestellen bei BZgA, 51101 Köln, per Fax: 02 21/89 92-2 57 oder per E-Mail: order@bzga.de

Wer spricht denn da?

Bei Jungen vergrößert sich während der Pubertät der Kehlkopf. Sie kommen in den Stimmbruch: Die Stimme kiekst, kippt um, schwankt zwischen tief und hoch. Bis die Stimmbänder ausgewachsen sind und die Stimme männlich-erwachsen ist, dauert es im Durchschnitt ein halbes Jahr, zwei Jahre sind aber auch normal. Das Kehlkopfwachstum setzt oft erst gegen Ende der Pubertät ein.

Blöde Pickel

Das Aussehen ist so wichtig, die Unsicherheit darüber groß - und ausgerechnet jetzt blühen Pickel und Pusteln. Die durch Sexualhormone angeregten Talgdrüsen der Haut produzieren verstärkt Fett, die Poren verstopfen, es entsteht Akne. Das können Jugendliche dagegen tun:

  • Weiße Pünktchen unter der Haut, die manchmal einen schwarzen Kern haben - die gefürchteten Mitesser –, bei der Kosmetikerin (kann der Arzt verordnen) öffnen lassen. Das beugt einer Entzündung (und damit der Akne) vor.
  • Gesicht, Brust und Rücken zweimal täglich mit eine milden Seife waschen (pH-Wert 6,5).
  • Regelmäßig Sport treiben - das tut auch der Haut gut.
  • Bei gelegentlichen Pickeln rezeptfreie Pflegeserien aus der Apotheke oder der Drogerie verwenden.
  • Bei hartnäckiger Akne einen Hautarzt aufsuchen. Er kann Salben und Gels mit verschiedenen Wirkstoffen verschreiben: Azelainsäure (die in der Regel gut vertragen wird, aber erst nach längerer Anwendung Erfolge zeigt), Benzoylperoxid (das vor allem zu Beginn der Behandlung Hautreizungen hervorrufen kann), Antibiotika (sowohl als Salbe als auch Tabletten, nur zur kurzfristigen Behandlung schwerer Formen), Vitamin-A-Säure (reizt die Haut stark, gilt als "medizinischer Sonnenbrand", aber auch als wirksam).
    Seit einiger Zeit wird eine Form des Vitamin A, Isotretinoin, als Tabletten verabreicht. Es ist hochwirksam, kann aber auch schwere Nebenwirkungen haben (Leberschädigungen, Fruchtschädigungen bei Schwangeren, Depressionen) – kein Mittel der ersten Wahl bei vorübergehender Jugendakne.

Konfusion im Kopf

Was Eltern immer ahnten, haben Hirnforscher jetzt bewiesen: Im Gehirn Pubertierender regiert das Chaos. Bereits bekannt war, dass im Gehirn von Kleinkindern Umbauprozesse stattfinden. Ständig werden dort neue Leitungsbahnen gebildet, die Hirnzellen miteinander verknüpfen. Neu ist, dass dieser Prozess auch in der Pubertät längst nicht abgeschlossen ist.
Dabei verläuft die Bautätigkeit im Teenager- Gehirn nicht gleichmäßig. Bestimmte Hirnbereiche wachsen schneller als andere, überflüssige Verbindungen werden abgebaut. Es entsteht ein neurologisches Durcheinander, das, so vermuten die Wissenschaftler, mitverantwortlich ist für das Verhalten von Pubertätsmonstern:

  • Noch nicht vollständig ausgebildet ist die Hirnregion, die für Entscheidungsprozesse zuständig ist - weshalb Jugendliche oft zwischen Extremen schwanken.
  • Nervenbahnen haben noch nicht, wie bei Erwachsenen, eine Schutzhülle (das so genannte Myelin). Weshalb ihre Besitzer leichter reizbar sind.
  • Einen gewaltigen Wachstumsschub erfährt das limbische System. Seine Aufgabe ist die Produktion von Gefühlen: Lust, Ärger, Wut, Niedergeschlagenheit, Übermut - bei Teenagern ausreichend vorhanden.
  • Das Gehirn von Jugendlichen läuft in einem langsamen Gang. Bestimmen im Grundschulalter (und bei Erwachsenen) Alphawellen mit einer Frequenz von 8 bis 13 Schwingungen pro Sekunde die Denkgeschwindigkeit, werden bei Pubertierenden verstärkt langsame Wellen mit einer Frequenz von höchstens fünf Schwingungen pro Sekunde gemessen - wie bei Säuglingen.

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