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Der Mangel an Lehrer:innen und Erzieher:innen ist bereits seit mehreren Jahren nichts Neues mehr. Volle Schulklassen und große Kitagruppen sind meist der Standard für viele Beschäftigte und ihre zu betreuenden Schützlinge. Gerade leitende Positionen klagen oft darüber, dass sie diese entlasten möchten, es aber angesichts des Markts gar nicht können. Das sorgt dafür, dass sich im Alltag eben nicht immer um jedes Kind individuell gekümmert werden kann. Wir geben eine Übersicht darüber, wie die Lage aktuell ist.
Neue Untersuchung zeigt: Es muss etwas passieren
Eine Untersuchung von 150 Wissenschaftler:innen sehe das Kitasystem vor dem Kollaps. Das berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Forschenden würden befürchten, dass sowohl die Qualität als auch die Einrichtungen selbst bei den momentanen Entwicklungen nicht gehalten werden können. Denn schon jetzt habe sich der Anteil psychisch belasteter Kinder durch die Corona-Maßnahmen von 20 auf 30 Prozent erhöht, so die Wissenschaftler:innen.
Laut Professor Klaus Fröhlich-Gildhoff vom Zentrum für Kinder- und Jugendforschung an der Evangelischen Hochschule Freiburg steige das Risiko, "dass die Kindertageseinrichtungen von Lern- und Lebensorten für Kinder und Familien wieder zu reinen Aufbewahrungsstätten werden". Der Aufruf soll an Bundes- und Landesministerien sowie kommunal Agierende verschickt werden. Gefordert werden auch an dieser Stelle deutlich verbesserte finanzielle und fachliche Anstrengungen. Einer Hochrechnung zufolge würden beispielsweise ohne den Einstieg von Assistenzkräften oder die Anerkennung von ausländischen Qualifikationen bis 2025 etwa 179.000 pädagogische Fachkräfte fehlen. Investitionen für die mittel- und langfristige Verbesserung seien daher unbedingt notwendig.
Zu viele Kinder, zu wenig Kita
Der Deutsche Kitaverband fordert ebenfalls ein Umdenken in der Diskussion zum Fachkräftemangel in Kitas und neue Wege bei der Ausbildung. Denn schon jetzt würden 100.000 Erzieher:innen bundesweit fehlen und Schätzungen zufolge werde sich diese Situation in den kommenden Jahren sogar noch weiter verschärfen. Vor allem auch deshalb, weil es bis zur abgeschlossenen Ausbildung vom Fachpersonal drei bis fünf Jahre dauern kann. Immer noch gebe es daher nicht genügend Kitaplätze und eingekürzte Betreuungszeiten, auf die sich Eltern einstellen müssten. Die Forderung: Die Politik müsse endlich auch an Quereinsteiger:innen denken und einfachere Wege für bessere Betreuungssituationen schaffen.
Bei Schulen ist es ebenfalls schwer
Auch das deutsche Schulportal schreibt von weiterhin andauernden Engpässen im Bereich der Schulen. Das neue Schuljahr sei demnach erneut mit vielen unbesetzten Stellen gestartet. Nach Einschätzung des deutschen Lehrerverbands (DL) würden etwa 30.000 bis 40.000 Fachkräfte fehlen.
Außerdem sei ein Negativtrend bei den Mindest- und Regelstandards in den Fächern Deutsch und Mathematik in den vierten Klassen zu verzeichnen, wie der IQB-Bildungstrend 2021 zeigte. Nach Ansicht des DL zeigen sich dabei jedoch nicht nur die Folgen der Pandemie, sondern auch die Auswirkungen des massiven Lehrkräftemangels sowie der mangelnden Nachqualifizierung von Seiten- und Quereinsteiger:innen. Diese könnten helfen, die Situation für viele Schüler:innen zu verbessern. Ein weiteres Problem: Es gebe auf die ausgeschriebenen Stellen bisher oft zu wenige Bewerber:innen.

Trotzdem: Es sind bereits mehr Menschen im Bildungswesen
Die gute Nachricht: Vergleicht man die Anzahl der Personen im Bildungswesen von 2020 mit denen im Jahr 2010, lässt sich ein deutlicher Anstieg beim Personal erkennen. So waren es vor zwei Jahren laut Bildungsbericht 2022 etwa 2,6 Millionen Menschen in Kindertageseinrichtungen und in der -pflege, an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen. 20 Prozent mehr als noch 2010, heißt es in dem Bericht.
Die Bildungsausgaben seien ebenfalls mehr geworden und im Jahr 2020 auf 241 Milliarden Euro angestiegen. Die Zahl der Bildungseinrichtungen habe um vier Prozent zugenommen und das Bildungsangebot sei in Bereichen wie in der Kindertagesbetreuung, an den Hochschulen und Berufsakademien weiter ausgebaut worden. Aber: Die Anzahl der allgemeinbildenden Schulen sei wegen der sinkenden Anzahl an Schüler:innen um sieben Prozent und die der beruflichen Schulen um sechs Prozent zurückgegangen.
Die Kita-Einrichtungen und die verfügbaren Plätze hätten stattdessen zwischen 2010 und 2020 zugenommen. Gut so, denn die unter Drei-jährigen Kinder wurden nach Angaben des Berichts in der Bevölkerung ebenfalls mehr, im Zehnjahresvergleich um 16 Prozent. Damit habe sich die Anzahl der Kinder, die eine tagespflegende Person betreut, erneut erhöht. 2020 seien es im Durchschnittswert 3,9 zu betreuende Kinder pro Fachkraft gewesen. Die Zahl der Tagespflegenden habe sich meist nicht stark verändert, nahm aber auch nicht auf die Art und Weise zu, wie es für die Betreuungssituation notwendig gewesen wäre. In Zeiten der Pandemie sei die Zahl laut Bildungsbericht dann sogar noch weiter zurückgegangen.
Verwendete Quellen: Deutscher Kitaverband, Kultusministerkonferenz 2022, Das Deutsche Schulportal, WirtschaftsWoche, Frankfurter Allgemeine