Anzeige
Anzeige

Lehrerin gibt Tipps Welche Schule ist die richtige für mein Kind?

Schulwahl - welche ist die richtige?
© Anastassiya /Adobe Stock
Welche weiterführende Schule ist die richtige für mein Kind? Diese Frage stürzt manche Familien in tiefe Krisen. Lehrerin Silke Weißenrieder erklärt, worauf es bei der Schulwahl ankommt.

Die Erziehung und Begleitung der eigenen Kinder ist eine gewaltige Aufgabe. Das geht ja schon im Mutterleib los. Was schafft man an? Schnuller oder Kuscheltücher? Soll der Kindergarten im Wald sein oder lieber nicht? Und wenn wir uns da jetzt noch ein paar Jahre dazu denken, sind wir bereits beim heißesten Eisen der Grundschulzeit angekommen: die Wahl der weiterführenden Schule. Lehrer:innen sprechen Empfehlungen aus, die in manchen Bundesländern verbindlich sind und in anderen nicht, aber letztendlich entscheiden die Eltern, welche Schulen in die engere Wahl kommen.

In vielen Familien haben diese Überlegungen eine solche Schwere, als hänge das gesamte Lebensglück davon ab.

Wenn es schlecht läuft, sitzt diese Schwere schon zu Beginn der dritten Klasse irgendwie mit am Tisch, wenn das Kind von der Schule erzählt oder seine Hausaufgaben macht. Und niemand will diese Schwere haben und trotzdem hallen sie wider, die Meinungen und Überzeugungen, die in der Gesellschaft vorherrschen.

Stellt euch am besten diese Fragen

Wenn ihr aktuell in dieser Situation seid, möchte ich euch gerne etwas mitgeben. Konzentriert euch mal nur auf euer Kind und blendet alles aus, was in der Zukunft liegt und was ihr sowieso nicht beeinflussen könnt. Und dann stellt euch die wichtigen Fragen:

Was kann mein Kind? Was interessiert es? Kann es sich lange konzentrieren? Wie ist sein Lernverhalten? Wie geht es mit Druck um? Kann es sich schon selbst organisieren? Wie viel Unterstützung beim Lernen hat es bisher gebraucht?

Und dann, im zweiten Schritt, sprecht mit denen, die mit eurem Kind täglich zu tun hatten und haben. Schaut euch gemeinsam Schulen an, sprecht mit den Lehrer:innen dort und am besten auch mit Schüler:innen. Und lasst euch bitte nicht von den gegrillten Würstchen, den Goodie Bags voller Bleistifte und den Hochglanzprospekten blenden. Fancy Prospekte sagen nichts über die Qualität einer Schule aus, lediglich darüber, dass der Schulträger für solche Dinge Geld ausgegeben hat.

Und achtet bitte einmal darauf, wie ihr in eurer Familie die verschiedenen Schulformen bewertet. Das bekommen eure Kinder mit. Wenn Abitur das Maß aller Dinge ist und alles andere nur eine Notlösung, wird euer Kind das mit sich tragen, denn jedes Kind wünscht sich stolze Eltern. Und sollte es dann eine andere Schulform werden, wird es das Gefühl haben, nicht zu genügen.

Das Gefühl, gescheitert zu sein, geht schwer wieder weg

Ich als Werkrealschullehrerin treffe immer wieder auf Kinder, die dieses Gefühl kennen, gescheitert zu sein. Manchmal, weil es nicht gut lief auf dem Gymnasium und sie die Schule gewechselt haben. Manchmal sind es auch die ehemaligen Mitschüler:innen, die sich abschätzig geäußert haben. Es braucht manchmal Jahre, bis sich dieses Gefühl auflöst, wenn überhaupt.

Wir haben in Deutschland ein offenes Schulsystem. Wer die mittlere Reife an einer Gemeinschaftsschule, Realschule, Gesamtschule oder Werkrealschule absolviert hat, kann eine Ausbildung machen oder ein berufliches Gymnasium besuchen. Mich besuchen häufig Schüler:innen, die ich nach Klasse 10 in die Ausbildung oder an ein Gymnasium entlassen habe. Viele davon verdienen heute mehr als ich. Drei Schülerinnen sind fast fertige Lehrerinnen und haben ein Praktikum bei mir gemacht. Ja, unser Schulsystem ist offen in ALLE Richtungen.

Deswegen, liebe Eltern, entscheidet euch für das, was JETZT gut ist für euer Kind, nicht irgendwann. Seid stolz auf euer Kind in seiner Einzigartigkeit und lasst euch nicht einreden, ein Weg sei besser als ein anderer. Und: Finger weg von schicken Goodie Bags!

Die Autorin: Silke Weißenrieder, 47, ist seit über 20 Jahren Werkrealschullehrerin in Baden-Württemberg und Poetry Slammerin. Ihr liegt die Zusammenarbeit zwischen Schule und Elternhaus sehr am Herzen.

ELTERN

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel