Was ist eine Cerclage?
Bei Frauen, deren Muttermund sich viel zu früh öffnet - aufgrund einer angeborenen Gewebsschwäche, durch frühere Operationen oder nach mehreren Geburten -, umschließen manche Ärzte (meist umd die 14. Woche herum) die Gebärmutter: Sie legen mit wenigen Stichen ein Kunststoffbändchen um den Gebärmutterhals und ziehen dieses zu - wie einen Tabaksbeutel. Damit soll eine Frühgeburt verhindert werden. Ein solcher Eingriff (französisch Cerclage = Umschlingung) geschieht unter Vollnarkose.
Seit einiger Zeit wird statt der Cerclage von vielen Ärzten ein Cerclage-Pessar eingesetzt. Das ist ein Ring aus weichem Gummi, der einfach über den Muttermund geschoben wird. Vorteil: Das Cerclage-Pessar kann ambulant eingelegt werden. Narkose und ein Klinikaufenthalt sind überflüssig.
Ist eine Cerclage gefährlich?
Die Operation ist relativ harmlos. Der Wert der Cerclage ist heute allerdings umstritten. Frauen, denen von ihrem Arzt zu einer Cerclage geraten wird, sollten deshalb in jedem Fall eine zweite Meinung einholen.
Hilfreich bei der Entscheidung für oder gegen eine Cerclage können auch unser Experten-Interview sowie der Erfahrungsbericht einer Mutter sein. Klicken Sie dazu einfach auf den entsprechenden Link:
Was hält ein Frauenarzt von der Cerclage?
Wir fragten Dr. Manfred Stumpfe (53 Jahre) aus Geretsried zum Thema "Cerclage". Er ist stellvertretender Landesvorsitzender des Berufsverbandes der Frauenärzte in Bayern.
ELTERN: Früher wurde die Cerclage sehr häufig gelegt, heute nur noch selten. Gibt es inzwischen wirkungsvollere Methoden, eine Frühgeburt zu vermeiden?
Dr. Manfred Stumpfe: Man setzt die Cerclage nicht mehr so wahllos ein wie früher. Sie ist zum Beispiel nicht geeignet, um vorzeitige Wehen aufzuhalten - was man vor 30 Jahren noch dachte. Heute weiß man: Schonen, viel liegen, nicht schwer heben, Infektionen frühzeitig erkennen und behandeln, Magnesium und wehenhemmende Medikamente einnehmen - das sind wirksame Mittel gegen vorzeitige Wehen.
Wann ist die Cerclage sinnvoll?
Bei einer Cervix-Insuffienz. Das heißt, wenn der Gebärmutterhals zu schwach ist, um die Last der Schwangerschaft zu tragen. Das kommt nur selten vor, etwa bei Frauen, deren Muttermund durch Gewebeentnahmen oder Ausschabungen verändert wurde. Bei manchen Frauen ist die Gebärtmutterhals-Schwäche auch angeboren.
Was bewirkt die Cerclage?
Sie stärkt den Gebärmutterhals, damit er sich nicht zu früh öffnet und den Muttermund weitet. Denn dann droht eine Früh- oder Fehlgeburt. Dafür wird der Gebärmutterhals umnäht. Durch sein Gewebe wird ähnlich wie bei einem Turnbeutel ein Band gezogen und verknotet. Das passiert im Krankenhaus unter Vollnarkose.
Welche Risiken gibt es bei einer Cerclage?
Komplikationen bei einer Cerclage sind selten, aber es gibt sie: Durch das Einlegen können Wehen ausgelöst werden. Es besteht die Gefahr einer Infektion, auch kann die Fruchtblase verletzt werden. Bei zu hohem Druck kann die Cerclage reißen, was den Gebärmutterhals zusätzlich schwächen würde. Wer gar kein Risiko eingehen will, sollte auf die Cerclage verzichten und stattdessen konsequent liegen. Das ist genauso effektiv.
Wie sicher schützt eine Cerclage vor Fehlgeburt und Liegen-Müssen?
Bei einer angeborenen Cervix-Insuffizienz schützt die Methode ziemlich sicher vor einer Frühgeburt. Aber schonen muss die Schwangere sich trotzdem, denn die Gefahr von vorzeitigen Wehen ist durch die Cerclage nicht gebannt. Deshalb wird die Cerclage auch nur noch selten empfohlen.
Wann sollte eine Cerclage gelegt beziehungsweise wieder gelöst werden?
Legen sollte man sie am besten um die 16. Schwangerschaftwoche herum. Weil das Lösen der Cerclage häufig Wehen auslöst, sollte sie so spät wie möglich gelöst werden. Ab der 37. Woche kommen Babys reif zur Welt, das Band kann dann entfernt werden.
So erlebte eine Mutter ihre Schwangerschaft mit Cerclage
"Bin ich aus einer anderen Zeit? Meine Mutter hatte während ihrer Schwangerschaft eine Cerclage und viele Frauen ihres Alters, mit denen ich über das Thema sprach, auch. Von meinen Freundinnen und Bekannten heute keine einzige. Die Frauenärztin meiner Schwägerin kommentierte die Cerclage gar mit den Worten: 'In welchem Jahrhundert leben wir denn?'
Hat man sich bei mir etwa vertan, als man mir in der 17. Schwangerschaftswoche den Gebärmutterhals, medizinisch Cervix genannt, mit einem Band verschloss, um eine Frühgeburt zu verhindern?
Es war meine dritte Schwangerschaft, und emphohlen hatte mir die Cerclage meine Frauenärztin, zugegeben nicht mehr die jüngste. Ich hatte sie gefragt, was ich tun könnte, um das Cervix-Drama zu verhindern, das mir meine beiden ersten Schwangerschaften so verleidet hatte. In der ersten musste ich neun lange Wochen liegen, in der zweiten sogar 16 Wochen. Mein Gebärmutterhals war beide Male auf ein bedrohliches Maß geschrumpft, zudem hatte sich ein Trichter gebildet. Wochenlang hatte ich Angst vor einer Frühgeburt, verbrachte meine Schwangerschaften auf dem Sofa und stellte mir mein Baby im Brutkasten und mit Schläuchen in Nase und Mund vor.
Bei der zweiten Schwangerschaft plagte mich zusätzlich das schlechte Gewissen: Mir zerriss es das Herz, wenn ich auf dem Sofa lag und mein Großer, damals knapp zwei, mit mir spielen wollte. Rausgehen! Auf den Arm genommen werden! Zum Glück kamen beide Kinder gesund und nicht zu früh auf die Welt.
Als ich zum dritten Mal schwanger war, wollte ich diese Angst und diesen Stress um jeden Preis verhindern. Meine Ärztin sagte lapidar: 'Dann müssen wir den Sack zunähen.' Eben jene altmodische Cerclage also. Mein Mann und ich überlegten einige Tage, dann war klar: Ich probiere es. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Gebärmutterhals wieder zu schwach sein würde, war einfach zu hoch. Der Preis dafür: fünf Tage Krankenhaus in der 17. Woche, Vollnarkose, drei Tage Magnesium-Infusionen. Und noch auf dem Weg in den OP die Frage: Was, wenn etwas schiefgeht?
Was danach kam, war die entspannteste Schwangerschaft von allen dreien. Die Cerclage war da, aber ich spürte nichts davon. Sie gab mir Sicherheit - und funktionierte: Sie hielt den Gebärmutterhals die gesamte Schwangerschaft hindurch stabil.
Ich war fit und merkte erst jetzt, wie sehr mich das Liegen bei den anderen Kindern körperlich geschlaucht hatte. Auch dieser unangenehme Druck auf den Muttermund fehlte, der mich ständig zur Vorsicht gemahnt hatte. Ich konnte mich sorglos bewegen und die zweite Hälfte der Schwangerschaft endlich mal genießen."