Anzeige
Anzeige

Schwangerschaft Parallelschwangere und neidische Singles

Schwangerschaft: Parallelschwangere und neidische Singles
© pojoslaw / Thinkstock
Warum es mit Baby im Bauch manchmal so komisch ist, anderen Schwangeren zu begegnen, weiß ELTERN-Autorin Franziska Groß. Doch auch der Umgang mit der kinderlosen Freundin ist jetzt alles andere als einfach.

Eifersucht, Neid, Zickenalarm - muss das sein?

Noch vor einem Jahr musste ich jede Schwangere unweigerlich anlächeln, einfach nur, weil ich den Anblick so schön fand. Jetzt, selbst eine Kugel vorne dran, ist das vorbei. Im Gegenteil: Manche Schwangere lösen längst verdrängte, postpubertäre Gefühle in mir aus. Eifersucht, Neid, Zickenalarm!
Woher das kommt? Keine Ahnung! Aber seien wir ehrlich: Wie unter allen Menschen, die durch eine gemeinsame Besonderheit untereinander vergleichbar sind, herrscht auch unter Schwangeren Konkurrenz. Oberflächlich geht es dabei um den Bauch. Um die Figur an sich. Um das Kunststück, trotz allem gut angezogen zu bleiben.
Etwas tiefer lässt sich über die Frage nach der "richtigen" Geburtsart (Krankenhaus, Geburtshaus oder Hausgeburt), dem "richtigen" (Kinderwagen, Boogaboo, Teutonia, Nostalgiekiste oder den Billigen vom Flohmarkt) und überhaupt: der "richtigen Art", mit der Schwangerschaft umzugehen, diskutieren (andauernd mit allen darüber reden - oder das Thema in eigener Anwesenheit verbieten).
Während ich vorher dachte, dass solche Dinge jeder für sich entscheiden muss, fühlen sich gegenteilige Ansichten von manchen Parallelschwangeren im Moment wie Persönlichkeitsverletzungen an. "Was? Du gehst in die Klinik?" aus dem Mund von Kollegin B. klingt wie: "Spinnst du, gefühllose Rabenmutter!" Während sie mein "Ja, fühlt sich sicherer an" nicht ganz zu Unrecht auch als "Wie kannst du das Leben deines Kindes nur so leichtfertig aufs Spiel setzen?!" gelesen haben mag.
Das Seltsamste an der Sache ist: Die Gefühle, die ich im Moment anderen Schwangeren und ihrem Verhalten gegenüber habe, orientieren sie weniger an dem, was sie tatsächlich sagen und machen, als daran, in welcher Beziehung ich zu diesen Frauen stehe:

  

Im Büro

Kollegin B. ist eine Sorgen-mach-Schwangere

Da ist Kollegin B. - in Bezug auf das Baby sechs Wochen hinter mir, aber in Bezug auf ihre Position in unserem Büro einen unbefristeten Vertrag und drei Jahre Berufserfahrung vor mir. Trotzdem macht sie sich gefühlte 200-mal mehr Sorgen darüber, wie es nach der Babypause mit der Karriere weitergehen soll. Und dann noch darüber, ob ihr Bauch nicht gerade zu hart ist. Und darüber, ob in den Kantinenravioli vielleicht Rohmilchkäse drin war.
Kollegin B. ist eine Sorgen-mach-Schwangere, die mich täglich zwischen Kopierer und Kaffeeautomat (auch ungesund) mit ihren Ängsten nervt. Und dazu macht sie um die ganze Sache 'ne ziemlich große Show. Kein Satz ohne das kleine Wörtchen "schwanger", keine Konferenz ohne ein "Haha, mein Bauch ..." aus ihrer Ecke. Warum mich das so nervt, hat aber eigentlich nicht wirklich was mit Kollegin B. zu tun. Sondern mit unserer Konkurrenzsituation. Wir buhlen um die Gunst des gleichen Chefs. Wir sind beide schwanger, obwohl wir beide gern arbeiten - da macht man sich halt so seine Gedanken.
Ich glaube, wenn Kollegin B. meine Freundin wäre, könnte ich mit ihrer Panikmache wunderbar umgehen. Vielleicht würden mich die vielen Komplikations-News, die sie aus irgendwelchen Büchern hervorkramt, sogar interessieren. Oder ich würde mich darüber freuen, dass sie mir jede Schwangerschaftshose nachkauft.

Da ich aber insgeheim ziemlich eifersüchtig darauf bin, dass es für Kollegin B. wahrscheinlich einfacher wird, nach ein paar Monaten mit einem guten Deal wieder in diesen Job einzusteigen, erkläre ich sie hiermit zur Panik-Nudel. Und mich zur gelassenen Superschwangeren. Ich bin viel relaxter! Viel ruhiger! Viel natürlicher! Und in einem Jahr hoffentlich nicht ohne Job.

Im Bekanntenkreis

Man muss auch mal wieder über andere Dinge sprechen!

Ebenfalls schwanger ist F., die Freundin eines guten Freundes von mir, und die finde ich ziemlich toll. F. sieht umwerfend aus, groß, schlank und ist nicht langweilig. Hat eine wahnsinnig nette Art, mit anderen Menschen umzugehen. Und steht, ohne sich aufzuspielen, immer im Mittelpunkt. Weil sie so schön lacht, so charmante Sachen sagt, so natürlich ist.
Jetzt ist F. also auch noch schwanger, und bei ihr greifen - natürlich - alle positiven Effekte des Schwangerseins. Sie sieht noch besser aus, noch charismatischer, noch schöner und ist noch viel gelassener. Es ist beinahe erschreckend! F. verliert auf Partys, auf denen ich sie ab und an treffe, kein Wort über ihr Baby, aber sie pumpt mit jedem Herzschlag neues Leben in den Raum.
Prinzipiell finde ich F. also noch toller, als ich sie schon vorher immer fand. Und eigentlich wäre das jetzt die Gelegenheit, sie endlich mal näher kennenzulernen. Letztens hat man uns sogar bei einer Einladung nebeneinandergesetzt. Ich saß da wie ein Babywal neben einem Zierfisch. Und versuchte, irgendwas zu reden: "Und, Junge oder Mädchen?" - "Ach, keine Ahnung, ich lass mich überraschen", sagte sie, und ich fühlte mich ungeduldig und neugierig. "Und? Strampelt, äh, 'es' schon kräftig?" - "Ja, ganz toll, willst du mal fühlen?", fragte sie und führe meine Hand auf ihren hübschen Bauch, aus dem auf Kommando ein derart kräftiger, klarer Tritt kam, wie ihn mein Baby, nach Termin zwei Wochen älter, noch nie hinbekommen hatte. Ich hoffte, dass F.s Kind ein Mädchen wird und mein Sohn nie gegen dieses Mädchen Fußball spielen muss.
Ich versuchte dann noch weiter, die Konversation am Laufen zu halten, aber nach der fünften Babyfrage sagte F.: "Du, macht es dir etwas aus, wenn wir über andere Dinge reden als über unsere Bäuche? Ich finde das Babygequatsche immer so unergiebig." Wie recht sie hatte! Ganz meine Meinung! Man muss auch mal wieder über andere Dinge sprechen! Ich überlegte zehn Minuten, worüber. Sie lächelte ihr schönes Lächeln. Mir fiel kein Thema ein. Sie lächelte weiter und trank einen Schluck Wasser. Meine Knie unterm Tisch fingen an zu wippeln. Dann stand ich auf, fuhr nach Hause und freute mich auf Kollegin B. am nächsten Tag im Büro.

Auf der Straße

Und dann sind da noch die vielen Schwangeren auf der Straße, die mich nie angucken. Und die ich natürlich auch nicht angucke. Ein seltsames Phänomen, denn prinzipiell hat man als Frau mit Bauch in der Öffentlichkeit ja wirklich sehr gute Karten. Die Welt da draußen lächelt einem zu, alte Menschen, junge Menschen, Busfahrer, Obstverkäuferinnen, ja sogar Fahrradkuriere. Die Menschen sind nett zu einem und fragen, wie lange es noch dauert und ob das Kind schon einen Namen hat.
Die Einzigen, die nicht lächeln, sind, das kann ich nach Monaten intensiver Beobachtung mit ziemlicher Sicherheit sagen: die anderen Schwangeren. Sie müssen da mal drauf achten: Wenn sich zwei Schwangere begegnen, schauen beide Frauen in die entgegengesetzte Richtung! Sie meiden den Blickkontakt.
Denn, das ist mein vermuteter Subtext zu dieser Situation: "Ha! Ich lass mich von deinem Bauch nicht blenden! Ich werde dir auch nicht die Aufmerksamkeit schenken, mit der dich gerade alle anderen zuschütten. Denn du und ich, wir wissen: Schwangere sind auch nur normale Menschen. Und nur bedingt das Gute und Liebe per se." Und so ziehen einander unbekannte Schwangere tagein, tagaus mit erhobenen Nasen aneinander vorbei.

Unter Freunden

So schlimm, wie das jetzt alles klingt, ist es aber natürlich auch nicht, mit seinem Bauch nicht allein auf der Welt zu sein. Im Gegenteil: Eigentlich kann das ziemlich super sein. Dann zum Beispiel, wenn ein ganz lieber Mensch in der unmittelbaren Umgebung auch schwanger ist. So wie meine Freundin M. Mit M. teile ich gerade ziemlich viele Dinge: Shoppen, Yoga machen, "Topmodel" gucken und dabei Obstsalat mit Vanilleeis essen, auf der Wiese liegen, über Sex reden, Namen ausdenken, Babymützchen stricken, unsere Bäuche anmalen, spazieren gehen, schwimmen, und natürlich: über die anderen Schwangeren schimpfen. Mit M. macht das wahnsinnig Spaß.

Bei der neidischen Freundin

Wie viel Babyklatsch kannst du, willst du hören?

Eine vertrackte Situation: der Freundin, die sich selbst ein Kind wünscht, von der Schwangerschaft erzählen. Was tun? Zunächst einmal: sie nicht ungefragt mit Details bestürmen und ihr nicht jedes Ultraschallbild unter die Nase halten. Das reibt Salz in ihre Wunde. Besser: Ihr Zeit lassen, die Neuigkeit zu verarbeiten - und mit weiteren Erzählungen warten, bis sie nachfragt.
Bei einer sehr engen Freundin ist es am besten, das Thema einfach anzusprechen: Wie viel Babyklatsch kannst du, willst du hören? Und: Der Freundin zeigen, dass man nicht komplett auf dem Babyplaneten verschwunden ist.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel