Ein Erfahrungsbericht

Samstagmittag in einem renommierten Geschäft für Babyausstattung. 15 Quadratmeter für Kinderwagen, 20 Modelle, drei werdende Elternpaare, die sich gegenseitig im Weg stehen. "Sie können ja mal ausprobieren, wie er sich fährt", rät uns der Verkäufer. Gern, nur wohin? Ich schiebe das sportliche City-Modell mit Schwenkrädern auf die Füße meines Mannes zu und hoffe, dass er ausweicht. Kann er aber nicht, kein Platz. Nach einem Meter ist die Testfahrt gestoppt und der Tiefpunkt des Tages erreicht. Dabei waren wir am Morgen noch super motiviert zu unserer Shoppingtour gestartet. Heute soll es klappen, heute finden wir "unseren" leichten, wendigen Kinderwagen. Kann ja nicht so kompliziert sein. Leider doch! Denn nach zwei Stunden Beratung wissen wir gar nicht mehr, was wir wollen oder brauchen. "Wenn Sie mit dem Kind joggen, dann ist der hier super", sagt der Verkäufer. Joggen? Mein Mann grinst mich an. Wir sind seit zehn Jahren zusammen, und in der Zeit habe ich genau einen Laufversuch gestartet. Aber wer weiß, vielleicht habe ich ja in einem halben Jahr plötzlich Lust auf Joggen? Schließlich müssen die Babypfunde irgendwie runter! Wahrscheinlicher ist aber, dass ich mich auch künftig vor allem mit der Straßenbahn fortbewegen werde - und dafür ist der Jogger zu ausladend.
Hier gibt es die schönsten Kinderwagenmodelle
Wunderbar klein - aber entsetzlich schwer
Beim nächsten Modell gerät der Fachmann ins Schwärmen: Der Wagen lasse sich so klein zusammenklappen, dass er in den winzigsten Kofferraum passe. Wow, denken wir. Doch zu früh gefreut: Denn bei der Babywanne hat der Hersteller offenbar vergessen, dass man sie auch mal hochheben will. Nirgendwo auch nur die Andeutung eines Tragebügels. "Dann nimmt man sie halt so", sagt der Verkäufer nach einem kurzen Augenblick der Verwirrung, hebt die Wanne an den Seitenrändern hoch und hält sie sich etwas ungelenk vor den Bauch. Ich stelle mir vor, wie ich darin ein fünf Kilo schweres Baby jeden Tag in unsere Wohnung schleppe, und streiche das 800 Euro teure Gefährt von meiner Liste. Die Suche nach dem richtigen Kinderwagen erinnert mich an den Stress beim Kauf meines Brautkleids: gesalzene Preise, unendlich viel Auswahl, und jede Freundin rät zu einem anderen Modell. Dazu Verkäufer, die einen mit dem Hinweis "Der Hersteller hat lange Lieferzeiten" schon Monate vor dem großen Ereignis in Panik versetzen. Nur: Beim Brautkleid ging es darum, an einem einzigen Tag schön auszusehen. Jetzt geht es um ein sicheres Gefährt für unser Baby, in dem es wahrscheinlich drei Jahre erst liegen und dann sitzen wird. Heißt: 1095 Tage, an denen Mama und Papa fluchen werden, wenn der Wagen doch zu schwer, zu sperrig oder zu schwergängig ist.
Vielleicht liegt es ja an den Hormonen, aber schon die Entscheidung "Babywanne oder Softtragetasche?" bringt mich in einen emotionalen Ausnahmezustand: In einer festen Wanne liegt das Baby komfortabel, aber bei einigen Modellen zittert meine untrainierte Oberarmmuskulatur schon, wenn ich sie im leeren Zustand hochhebe. Die Softtragetaschen sind schön leicht, aber auch warm genug für unser Winterkind? Mein Mann entwickelt dafür eine besorgniserregende Matratzenmacke und testet jedes Modell mit solcher Wucht, als würde unser Kind schon bei der Geburt 18 Kilo wiegen.

Vokabular für Neu-Eltern
Und damit fangen die Probleme ja erst an: Wir müssen neue, komplizierte Begriffe wie "Einzelradaufhängung" oder "Schwenkschieber" lernen. Wir erfahren, dass ein Rad nicht einfach ein Rad ist, sondern entweder mit Luft gefüllt ist, luftgefüllte Kammern hat oder aus Hartgummi besteht. Und als Großstadtbewohner, so erfahren wir, brauchen wir kleine, wendige Schwenkräder. "Leider sind die aber nur für die Stadt ideal, auf holprigen Wegen kapitulieren sie irgendwann", erklärt uns der Fachmann. Was also, wenn wir uns doch mal in die Natur verirren (soll auch bei Großstädtern vorkommen) oder es schneit (kommt in München jedes Jahr vor)? Immerhin: Bei einigen Modellen kann man große Räder für den Ausflug in die "Wildnis" dazukaufen. Oder wir entscheiden uns für den besagten "Schwenkschieber": Damit lässt sich nämlich die Fahrtrichtung ändern, die großen Hinterräder kommen also nach vorn. Apropos Richtung: Eigentlich wollen wir unbedingt einen Wagen, bei dem wir den Sportsitz umdrehen können. Schließlich soll unser Kleines nicht immer nur die Welt, sondern auch mal Mama oder Papa sehen können. "Unsere Kinder wollten uns gar nicht anschauen, das war denen viel zu langweilig", meint der Verkäufer trocken. Ich wünschte, wir wären so pragmatisch wie eine ebenfalls schwangere Freundin. Während wir Pro-und-Kontra- Listen anlegen, haben sie und ihr Partner nur unglaubliche 20 Minuten für den Kinderwagenkauf geopfert. Vorher im Internet recherchieren und Foren mit Erfahrungsberichten durchkämmen? "Da geht doch viel zu viel Zeit drauf!" Die beiden sind also rein in den Laden, haben drei leichte, wendige Modelle in unterschiedlichen Preislagen getestet, den mittleren gekauft. Fertig! Und wir? Wir waren bereits in drei Kinderwagen-Fachgeschäften und mussten uns auch heute wieder von einem erschöpften Verkäufer sagen lassen: "Die Eier legende Wollmilchsau gibt es leider nicht." Neulich habe ich meine Trauzeugin mitgenommen, die mich schon bei der Wahl des Brautkleids gut beraten hat. Ihr Fazit: "Warum gibt es nicht einfach ein staatlich verordnetes Modell, das alle kaufen müssen?" Verlockender Gedanke, finde ich. Aber nur, wenn die Babywanne schön leicht ist. Und wenn der Wagen einen Schwenkschieber hat...
Checkliste für den Kinderwagenkauf
Sind Sie auch noch unschlüssig, welcher Kinderwagen der richtige für Sie ist? Unsere Checkliste hilft Ihnen!
Checkliste für den Kinderwagenkauf
Welcher Kinderwagen?
Wollen Sie Ihr Baby in einem nostalgischen Paradewagen spazieren fahren, mit großen Speichenrädern, Chromgestell, sanfter Federung und einer großzügigen Babywanne? Dann ist ein klassischer Kinderwagen, zum Beispiel von Silvercross, die richtige Wahl. Nachteil: Die Babykutsche lässt sich nicht zum Sportwagen umbauen. Auch für den Transport im Auto ist so ein Modell zu sperrig. Wer nach ein paar Monaten nicht schon wieder Geld ausgeben will, entscheidet sich besser für einen Kombi-Kinderwagen. Er ist ein Alleskönner: Wenn das Baby nicht mehr liegen will, tauscht man die Wanne einfach gegen den Sportsitz aus. Bei einigen Modellen kann man den Sportsitz ganz flach stellen und darauf eine Tragetasche setzen. Auch praktisch: eine Wanne, die sich mit wenigen Handgriffen direkt in einen Sportsitz umbauen bzw. umformen lässt. Für jeden Anspruch gibt es jedenfalls das passende Modell: robuste Wagen mit großen, weich gefederten Reifen und leichte City-Flitzer mit schwenkbaren, kleinen Reifen. Auch sportliche Jogger sind als Kombi-Kinderwagen zu haben. Wer mit dem Kinderwagen den Familieneinkauf tätigen will, braucht Stauraum – was nicht alle Modelle ausreichend bieten. Deutliche Unterschiede gibt es auch beim Gewicht: Sehr leichte Wagen wiegen um die zehn Kilo, andere bringen es auf bis zu 18 Kilo. Praktisch: Bei vielen Modellen kann die Auto-Babyschale mit einem Klick auf dem Kinderwagengestell befestigt werden. Keine Lösung für lange Spaziergänge, aber sehr angenehm für kurze Besorgungen mit Baby.
Babywanne oder Tragetasche?
Eine leichte Softtragetasche ist ideal, wenn Sie im dritten Stock wohnen und Ihr Baby nach oben tragen müssen. Oder wenn Sie sehr mobil mit Kind sein wollen. Eine harte Wanne bietet dagegen meist eine größere Liegefläche (trotzdem die Maße gut vergleichen, wenn man ein großes Kind erwartet!), ist stabiler und besser gepolstert. So können Sie Ihr Kleines getrost etwas länger im Wagen schlummern lassen. In einigen Wannen kann man das Baby auch im Auto transportieren - das ist besonders für Frühchen wichtig.
Welcher Sportsitz?
Auch beim Sportwagensitz sollten Sie genau hinschauen: Lässt sich der Sitz umdrehen? Kann man den Sicherheitsbügel abnehmen, wenn das Kind größer ist? Ist die Rückenlehne verstellbar, am besten bis in die Horizontale? Achten Sie auch darauf, dass die Sitzfläche nicht zu klein und die Rückenlehne hoch genug ist. Und dass sich das Sonnenverdeck weit genug ausziehen und möglichst geräuscharm hoch- und runterklappen lässt - damit das Kind beim Schlafen nicht gestört wird.
Großer Papa, kleine Oma?
Damit alle Familienmitglieder Spaß beim Spaziergang mit dem Baby haben, braucht der Kinderwagen einen höhenverstellbaren Schieber. Bei manchen Modellen kann man ihn ausziehen, allerdings unterschiedlich weit (Achtung!). Bei anderen den Winkel verstellen, was für große Menschen oft nicht ausreichend ist. Auch hier gilt: am besten in der Praxis testen.
Sportlich unterwegs?
Kinderwagen mit drei Rädern sehen sportlich aus, fürs Joggen sind sie deswegen aber noch lange nicht geeignet. Ein Laufkinderwagen hat große, gut gefederte Räder, eine breite Hinterachse, einen ergonomischen Sportsitz mit hoher Rückenlehne und eine zusätzliche Handbremse. Kaufen Sie am besten nur einen Wagen mit entsprechender TÜV-Freigabe.
Welche Räder?
Ein Kinderwagen mit schwenkbaren Vorderrädern ist in der Stadt ideal, weil er sehr wendig ist. Kleine Schwenkräder haben jedoch den Nachteil, dass sie nur auf glattem Untergrund gut laufen. Wer viel im Gelände unterwegs ist, entscheidet sich besser für große Räder. Oder wenigstens für einen Wagen mit Schwenkschieber, damit auf schwierigem Terrain die großen Räder vorn sind. Luftgefüllte Reifen sorgen für Fahrkomfort - solange ihnen keine Glasscherbe in den Weg kommt. Hartgummireifen sind robuster, federn aber nicht so gut ab. Luftkammerräder kombinieren die Vorteile beider Räder.
Kommt bald das Nächste?
Inzwischen gibt es etliche Modelle, die sich mit einem einklickbaren Zweitsitz zu einem Geschwisterwagen erweitern lassen. Auch neu auf dem Markt: ein Zwillingswagen, der sich nach Bedarf zu einem Einzelwagen (mit zusätzlichem Einkaufskorb daneben) zusammenschieben lässt. Außerdem ein Zwillingswagen, der kaum breiter ist als ein Einzelwagen und deshalb in öffentlichen Verkehrsmitteln gut zu handhaben ist. Zum Kauf von Geschwister- und Zwillingswagen am besten Freunde mit kleinen Kindern mitnehmen, um auszuprobieren, wie gut die Kleinen im jeweiligen Modell sitzen und wie schwer oder leicht sich der Wagen mit doppelter Last schieben lässt.