Schon seit Wochen sprechen sich die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe e.V. (DGGG) und andere medizinische Fachgesellschaften dafür aus, allen Schwangeren eine Covid-19-Impfung mit mRNA-basierten Impfstoffen anzubieten, natürlich nach einer individuellen Beratung. Ihr Argument: Bei Schwangeren besteht eine erhöhte Gefahr schwerer Verläufe mit Komplikationen für Mutter und Kind. Durch eine Impfung wären beide nicht nur während der Schwangerschaft geschützt, sondern auch nach der Geburt, da die mütterlichen Antikörper auch auf das Baby übergehen. Zugleich gibt es keine Anzeichen dafür, dass das Ungeborene Schaden nehmen würde.
Jetzt dürfen auch Schwangere mit einem „erhöhten Expositionsrisiko“ geimpft werden
Die Stiko allerdings ist weiterhin zögerlich, weil sie die Datenlage noch für zu dünn hält. Bisher hat sie die generelle Impfung ab dem 2. Trimenon nur "Schwangeren mit Vorerkrankungen und einem daraus resultierenden hohen Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung“ empfohlen. Zugleich betont sie, dass eine Impfung in der Schwangerschaft keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch sei.
Aber jetzt ist etwas Bewegung in die Sache gekommen: In der fünften Aktualisierung der Stiko-Impfempfehlung ist neben schwangeren Risikopatientinnen nun auch von Schwangeren mit "einem erhöhten Expositionsrisiko aufgrund ihrer Lebensumstände" die Rede. Das heißt: für Schwangere, die es nicht vermeiden können, sich einem Ansteckungsrisiko auszusetzen. Marianne Röbl-Mathieu, Vertreterin der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) in der Stiko, nennt das laut Vorabbericht der Funke Mediengruppe "ein Signal an die Politik, aber auch an die betreuenden Frauenärzte, dass man Schwangeren eine Impfung nach individueller Prüfung großzügig empfehlen kann." Schwangere könnten ein entsprechendes Schreiben beim Hausarzt oder im Impfzentrum vorzeigen, wenn der Gynäkologe die Impfung nicht selbst vornehme. Nach Ansicht von Röbl-Mathieu fallen Schwangere ebenso wie ihre Kontaktpersonen in Priorisierungsgruppe 2.
Voraussetzungen für allgemeine Impf-Empfehlung sind noch nicht erreicht
Was in der Praxis als "erhöhtes Expositionsrisiko“ zählt, ist noch nicht bekannt. Und eine generelle Empfehlung für die Impfung Schwangerer ist das auch noch nicht, denn die Stiko hat sehr strenge wissenschaftliche Maßstäbe, nach denen Impfstoffe vor einer generellen Empfehlung geprüft sein müssen. Und die sind in diesem Fall noch nicht erfüllt, auch wenn in anderen Ländern, etwa den USA, schwangere Frauen schon erfolgreich geimpft wurden und erwiesen ist, dass die Antikörper übers mütterliche Blut und/oder über die Muttermilch ans Baby weitergegeben werden.
Marianne Röbl-Mathieu: "Wo die Evidenz fehlt, wo es keine Kontrollgruppen gibt oder vergleichsweise geringe Datenmengen, kann die STIKO nichts empfehlen." Das heiße aber nicht, dass die Stiko von einem erhöhten Risiko ausgehe, sie könne es nur noch nicht ausreichend beurteilen.
Quellen:
rki.de: Fragen zur COVID-19-Impfempfehlung (Stand 12.5.2021)
dggg.de: Pressemitteilung: Priorisierter COVID-19-Schutz für Schwangere und Stillende. (Mai 2021)
Süddeutsche.de: Coronavirus in Deutschland:Stiko ändert Impfempfehlung für Schwangere. (18.05.2021)
Tagesschau.de: Corona-Pandemie: STIKO für Impfung bestimmter Schwangerer. (18.05.2021)