Anzeige
Anzeige

Zu frühe Geburt Ab wann sind Babys überlebensfähig?

Frühchen mit Nasensonde, wohlbehütet im Arm der Mutter
© Tobilander / Adobe Stock
Gefahr einer Frühgeburt, Risikoschwangerschaft – unter diesen Umständen zählt jeder Tag mehr im Bauch. Du willst wissen, ab wann Babys überlebensfähig sind? Hier erfährst du alles Wichtige.

Artikelinhalt

Der Babybauch noch überschaubar, weder Bettchen noch Wickelkommode aufgebaut, der Name fehlt auch noch – und dann geht es plötzlich schon los? Das ist doch viel zu früh! Die Einrichtung und alles andere kann dir jetzt gestohlen bleiben, deine Gedanken drehen sich nur noch um dein Baby: Ab wann ist es überlebensfähig? Der kleine Wurm braucht doch noch Zeit zum Wachsen und Reifen, ist doch noch gar nicht bereit für die große Welt da draußen! 

Frühgeburten sind nicht selten, viele Eltern erleben diese belastende Ausnahmesituation. Im Schnitt kommt jedes 11. Baby vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche (SSW) zur Welt und zählt somit als Frühchen. Klar, je länger die Schwangerschaft andauert und das Kind im Bauch bleibt, je höher das Gewicht bei der Geburt, desto besser stehen seine Überlebenschancen. 

Ab wann sind Babys überlebensfähig?

Statistisch gesehen beginnt die Lebensfähigkeit eines zu früh geborenen Babys zwischen der 23. und 25. SSW, also bis zu vier Monate vor dem errechneten Geburtstermin. Ab der 23. Schwangerschaftswoche besteht ein Recht auf Leben, das heißt, Ärzt:innen sind jetzt verpflichtet, im Rahmen intensivmedizinischer Behandlung alles dafür tun, das Leben des Frühchens zu retten.

Das beste Umfeld dafür bieten neonatologische Intensivstationen in zertifizierten Perinatalzentren. Durch die optimale medizinische und -pflegerische Behandlung in diesen hochspezialisierten Einrichtungen sowie den medizinischen Fortschritt der jüngeren Vergangenheit ist der Anteil der Frühgeborenen mit bleibenden Beeinträchtigungen in den letzten 20 Jahren zum Glück stark zurückgegangen.

Was heißt das genau – überlebensfähig?

Bei Geburten am Ende der 24. SSW (ab 24+0) – die Neugeborenen wiegen dann mitunter keine 500 Gramm – liegt die Überlebensrate bei 50 bis 60 Prozent. Diese extrem frühen Frühgeburten haben ein erhöhtes Komplikationsrisiko im Bereich des Herzkreislauf- und Verdauungssystems, der Lunge, des Gehirns und des Hör- oder Sehvermögens.

Ab einem Geburtsgewicht von 1.500 Gramm sinkt die Gefahr von Komplikationen bei den Frühgeborenen dann schon deutlich. Mit jedem weiteren Tag  der Schwangerschaft im Bauch der Mutter steigt die Überlebenschance, Ende der SSW 25 beträgt sie schon etwas mehr als 80 Prozent, zwischen SSW 28 und 32 sogar bis zu 96 Prozent. Entsprechend sinkt auch das Risiko für eventuelle gesundheitliche Einschränkungen beim Kind. 

Lässt sich eine Frühgeburt mit medizinischer Hilfe herauszögern?

Kündigt sich eine sehr frühe Geburt mit vorzeitigen Wehen an oder aber liegen medizinische Gründe vor, die eine Frühgeburt wahrscheinlicher machen (wie Untergewicht, Übergewicht, eine vorangegangene Frühgeburt, Mehrlingsschwangerschaft, Empfängnis durch künstliche Befruchtung), können Ärzt:innen verschiedene Maßnahmen ergreifen, um dem Baby so viele Wochen und Tage wie möglich in Mamas Bauch zu ermöglichen. Bettruhe ist nach heutigen Erkenntnissen nur in seltenen Ausnahmen nötig.

  • Wehenhemmer sind Medikamente, die entweder die Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur verhindern (Betasympathomimetika, Kalziumantagonisten) oder dafür nötige Botenstoffe blockieren (Prostaglandinsynthesehemmer, Oxytocinantagonisten) und so die Geburt um wenige Tage verzögern können.
  • Besteht ein besonders hohes Frühgeburtrisiko, können Mediziner:innen den Muttermund operativ verschließen. Der Fachbegriff lautet Cerclage. Dabei wird unter Voll- oder örtlicher Narkose ein (Gummi-)Band um den Muttermund befestigt und zugezogen.
  • In der gewonnenen Zeit kann die Mutter Glukokortikoide (Kortison) erhalten, was die so wichtige Lungenreifung des ungeborenen Kindes beschleunigt.
  • Wird jetzt die Vaginalflora der Mutter nach krankmachenden Erregern untersucht, kann bei Bedarf ein Antibiotikum eine aufsteigende Infektion verhindern und vor allem kann im Falle einer Infektion des Babys sofort nach der Geburt die entsprechende Behandlung erfolgen.
  • Steht die Frühgeburt trotz aller Bemühungen unmittelbar bevor, kann die Schwangere eine hochdosierte Magnesiuminfusion erhalten. Das soll das Gehirn des Babys vor Schäden schützen.

Was fehlt diesen Winzlingen im Vergleich zu reif geborenen Babys?

Zwar sind in der Zeit zwischen Schwangerschaftswoche 24 und 27 alle Organe im Kind bereits angelegt, sie konnten aber noch nicht alle Phasen der embryonalen Entwicklung durchlaufen. Einige Systeme sind daher längst nicht ausgereift:

  1. Lungenfunktion: Erst etwa ab der 34. Schwangerschaftswoche produziert die Lunge die Substanz Surfactant in ausreichender Menge. Diese Emulsion überzieht die Lunge mit einem dünnen Film und hält unter anderem die Lungenbläschen stabil. Nur dann kann sich die Lunge entfalten, was eigenständiges Atmen ermöglicht. Frühchen vor der 34. Woche fehlt Surfactant, sie werden daher meist nach der Geburt über eine Nasenmaske künstlich beatmet.
  2. Herz-Kreislauf: Weil das Herz eines Frühgeborenen noch nicht regelmäßig schlägt, werden die Vitalfunktionen engmaschig kontrolliert. Außerdem braucht es Zeit, bis die Kreislaufumstellung beendet ist – im Mutterleib umgeht das Blut schließlich den Lungenkreislauf und zieht den Sauerstoff über die Nabelschnur aus der Plazenta.
  3. Wärmeregulation: Weil die Haut von frühgeborenen Kindern sehr dünn ist und es an Unterhautfettgewebe fehlt, können sie ihren Wärmehaushalt noch nicht regulieren und kühlen schnell aus. Das Wärmebettchen (Inkubator) hält sie in dieser Phase schön warm.
  4. Immunsystem: Die Abwehrkraft von Frühchen ist noch sehr schwach, jeder Keim bedeutet eine hohe Ansteckungsgefahr. Um Infektionen vorzubeugen, setzen behandelnde Ärzt:innen häufig eine Antibiotikatherapie ein.
  5. Ernährung und Verdauung: Der Schluckreflex ist noch nicht ausgebildet, sehr kleinen Frühchen fehlt außerdem die Kraft zum Saugen. Sie können dann über eine Magensonde ernährt werden. Auch beim Ausscheiden brauchen diese Babys Unterstützung, bis Darm- und Bauchmuskulatur für den Pressdruck ausreichend stark sind. 
  6. Blutbildung: So lange Frühgeborene noch nicht ausreichend Blutkörperchen produzieren, können Transfusionen die Blutwerte verbessern. 

Was können Eltern jetzt tun?

Statt Glück und Freude überwiegen Sorgen und Ängste, wenn ihr Baby viele Wochen zu früh auf die Welt kommt. Auf der Intensivstation, wenn das kleine Bündel an Kabel und Schläuche angeschlossen im Wärmebettchen liegt, fühlen sich Eltern furchtbar hilflos. Doch das sind sie nicht.

Für die Entwicklung des Neugeborenen ist es sehr wichtig, sofort Kontakt aufzunehmen – über die Stimme oder ganz unmittelbar über die Haut. Das geht auch schon, wenn das Baby im Inkubator (Brutkasten) liegt.

So früh wie möglich empfehlen Expert:innen dann das sogenannten Känguruhen. Dabei liegt das Frühgeborene nur mit einer Windel auf der nackten Haut der Brust von Mutter oder Vater. Dort spürt euer Kind eure Wärme, den vertrauten Herzschlag und kann die fehlende Kuschelzeit im Mutterleib noch ein wenig nachholen. Das erhöht nachweislich die Überlebensschancen von Frühchen. Auch den Eltern hilft das, um die Bindung zu dem kleinen, zarten Wesen aufzubauen und zu festigen.

Wann dürfen die Frühchen endlich nach Hause?

Kinder, die bereits in der SSW 24 bis 27 auf die Welt kommen, können erst aus dem Krankenhaus entlassen werden, wenn sie stetig ein wenig Gewicht zulegen, wenn die Nahrungsaufnahme klappt und die Organfunktionen soweit stabil sind. Meist ist das nicht vor SSW 38 der Fall, also wenn die termingerechte Geburt fast erreicht ist – oder wenn das Baby mehr als 2.500 Gramm wiegt.

Ihr als Eltern braucht jetzt auch etwas Unterstützung. Stellt im Perinatalzentrum ohne Ende Fragen, wendet euch an Eltern in ähnlicher Situation, lasst euch von Familie und Freunden helfen. Und vergesst nicht, euch auch um eure Bedürfnisse zu kümmern: um gesundes Essen, körperliche und seelische Erholung, um Ruhe und Schlaf. Dann könnt ihr auch für euer zu früh geborenes Kind am besten da sein.

Quellen:

ELTERN

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel