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Dammschnitt Alle Informationen zur Episiotomie bei der Geburt

Dammschnitt
© Halfpoint / iStock
Ein Dammschnitt während der Geburt – früher ein Routineeingriff, heute umstritten und deutlich seltener. Wann macht er Sinn, wie wird er durchgeführt und was kann man für die Heilung der Naht tun? Die Antworten bekommst du hier!

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Lange wurden dem Dammschnitt viele Vorteile für die Gesundheit von Mutter und Kind zugesprochen – daher wurde er bei Entbindungen oft als Routineeingriff durchgeführt. Das ist heute anders: Studien haben gezeigt, dass der Schnitt bei Weitem nicht so vorteilhaft für die Frau ist wie angenommen. Doch es gibt Situationen, in denen der Eingriff sinnvoll sein kann und weiterhin eingesetzt wird. Wann und wie – das erfährst du hier! Außerdem haben wir Tipps, mit denen du die Heilung der Naht unterstützen kannst.

Was ist ein Dammschnitt?

Der Damm (Perineum) ist das Gewebe zwischen der sogenannten hinteren Kommissur – also dem Teil, an dem die äußeren Schamlippen zusammenlaufen – und dem Anus. Genauer gesagt: Das Dammgewebe ist bei Frauen das Verbindungsstück zwischen Scheideneingang und Darmausgang. Bei einem Dammschnitt wird der Damm unter der Geburt in Richtung des Afters von einem Arzt oder einer Ärztin eingeschnitten – so kann der Scheideneingang erweitert und somit der weiche Geburtsweg verkürzt werden. Es wird damit also mehr Platz für den Kopf deines Babys geschaffen. Das kann den Geburtsvorgang in bestimmten Situationen beschleunigen.

Wird bei jeder Geburt ein Dammschnitt durchgeführt?

Nein, mittlerweile nicht mehr. Früher wurden Dammschnitte in Deutschland bei fast jeder Erstgebärenden durchgeführt, heute nur noch bei etwa 10 bis 20 Prozent aller Geburten. Lange nahmen Mediziner:innen an, man könne mit einem vorsorglichen Dammschnitt den Beckenboden schützen und schwere Geburtsverletzungen verhindern. Auch glaubte man, dass ein glatter Schnitt besser verheilen würde als eine durch einen unkontrollierten Dammriss verursachte Wunde. Verschiedene Studien haben diese Annahmen aber entweder widerlegt oder konnten sie nicht bestätigen.

Heute wird eher vom Gegenteil ausgegangen: Der Eingriff kann das Risiko für schwere Geburtsverletzungen wie Dammrisse dritten und vierten Grades sowie für eine Beckenbodenschwäche erhöhen. Aus diesem Grund wird heutzutage empfohlen, den Dammschnitt nur bei zwingender medizinischer Notwendigkeit einzusetzen und möglichst zu vermeiden.

Wann ist ein Dammschnitt nötig?

Ob ein Dammschnitt nötig ist, lässt sich nicht vorhersagen und zeigt sich erst während der Geburt. Außerdem herrscht in der Geburtshilfe und -medizin immer noch Uneinigkeit über den Nutzen eines Dammschnittes: Während einige die Episiotomie in bestimmten Fällen als notwendig und sinnvoll erachten, lehnen andere den Dammschnitt grundlegend ab oder zweifeln seine Vorteile an. Daher kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden, ob in deinem individuellen Fall ein Dammschnitt oder alternative Lösungen in Betracht gezogen werden.

Die Haltung des Krankenhauses, deiner Hebamme oder der entbindenden Ärzt:innen spielt hier ebenso eine Rolle wie die unvorhersehbare Dynamik einer Spontangeburt. Wenn du wissen willst, wann das Krankenhaus Dammschnitte einsetzt, stell diese Fragen am besten im Geburtsplanungsgespräch. So kannst du dich besser auf die Möglichkeit einstellen und weißt, was wann auf dich zukommt.

Mögliche Gründe für einen Dammschnitt sind:

  • Geburt aus Beckenendlage
    Bei einer Steißgeburt kommt das Kind nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Po zuerst auf die Welt – es befindet sich in einer Beckenendlage. Wird nach dem Steiß nicht schnell der Kopf geboren, kann die Nabelschnur abgeklemmt werden – was zu einem Sauerstoffmangel führen kann. Erfahrene Hebammen kennen Handgriffe, mit denen sich diese Komplikation abwenden und der Kopf schnell entbinden lässt. Hilft das alles jedoch nichts, kann der Dammschnitt das Mittel der Wahl sein.
  • Vaginal-operative Entbindung
    Manchmal wird der Einsatz von Saugglocke oder Geburtszange nötig, um dein Baby schnell auf die Welt zu holen. Um den Geburtsinstrumenten mehr Platz zu verschaffen, kann ein Dammschnitt sinnvoll sein.
  • Verschlechterter Gesundheitszustand des Kindes
    Zeigt das CTG abfallende Herztöne des Babys an, muss es manchmal sehr schnell gehen. Wenn ein Dammschnitt dazu dient, die Geburt schneller zu beenden, wird er in dieser Situation empfohlen.

Wie wird eine Episiotomie durchgeführt?

Bevor der Schnitt gesetzt wird, können Arzt oder Ärztin den Dammbereich mit einem Pudendusblock betäuben. Hierbei wird dir ein lokales Betäubungsmittel gespritzt. Durchgeführt wird der Schnitt dann während einer Wehe – denn dann dehnt der Kopf deines Kindes den Damm bereits vor. Für die Art des Dammschnittes stehen dann zwei verschiedene Möglichkeiten zur Auswahl:

  1. Mediolateraler Dammschnitt
    Beim mediolateralen Dammschnitt wird der Dammbereich schräg eingeschnitten: Der Schnitt verläuft hier in einem Winkel von etwa 45 Grad vom Scheideneingang in Richtung Anus. Als vorteilhaft bei dieser Schnitttechnik gilt: Der Schnitt kann bei Bedarf verlängert werden, ohne dabei auf den Schließmuskel zu treffen und diesen zu durchtrennen. Allerdings bewirkt der schräge Schnitt auch eine stärkere Blutung und größere Gewebeverletzung, da seitlich des Dammes viele Nerven und Blutgefäße verlaufen.
  2. Medianer Dammschnitt
    Die mediane Episiotomie verläuft von der Scheide gerade hinunter in Richtung Anus, also von oben nach unten. Dabei imitiert der mediane Schnitt den natürlichen Dammriss – und verletzt so keine größeren Gefäße oder Nerven im Gewebe. Allerdings kann – sofern der Schnitt weiterreißt – der Schließmuskel verletzt werden. Daher kommt es bei einem madianen Dammschnitt häufiger zu Dammrissen dritten oder vierten Grades, die ja eigentlich verhindert werden sollten.

Welche Methode bei dir zum Einsatz kommt, kann nicht pauschal beantwortet werden. Denn darüber, welche Methode die bessere ist, herrscht ebenfalls Uneinigkeit. Während die Mehrheit der medizinischen Fachgesellschaften den mediolateralen Dammschnitt empfiehlt, lehnen die Initiative Mother Hood e.V. und der Arbeitskreis Frauengesundheit diese Form für alle Frauen grundsätzlich ab. Erfrag am besten in deiner Entbindungsklinik, welche Art von Dammschnitten dort durchgeführt werden und lass dich über die Vor- und Nachteile aufklären. Außerdem gut zu wissen: Ein Dammschnitt gilt im juristischen Sinne als Körperverletzung – daher muss vor dem Eingriff in jedem Fall das Einverständnis der gebärenden Frau eingeholt werden!

Wie sieht die Nachbehandlung bei einem Dammschnitt aus?

Nachdem dein Baby geboren ist, werden deine Geburtsverletzungen begutachtet. Hast du außer dem Dammschnitt keine Verletzung erlitten, wird die Wunde in der Regel im Kreißssal unter örtlicher Betäubung genäht. Liegen neben dem Dammschnitt andere Komplikationen wie ein höhergradiger Dammriss oder ein hoher Scheidenriss vor, kann auch eine Vollnarkose angeraten sein. Genäht wird mit selbstauflösenden Fäden – die müssen später nicht gezogen werden.

Kann man dem Dammschnitt vorbeugen?

Tatsächlich gibt es ein paar Maßnahmen, die das Gewebe rund um Damm und Scheide elastischer machen und so grundsätzlich Dammschnitten und Geburtsverletzungen vorbeugen können. Eine Garantie dafür, dass das Gewebe dann wirklich heil bleibt, gibt es aber nicht.

Maßnahmen vor der Geburt

  • Beckenbodentraining: Regelmäßige Übungen stärken die Beckenbodenmuskulatur und die Durchblutung. Das führt unter der Geburt zu einer besseren Dehnbarkeit des Gewebes.
  • Dammmassagen: In den letzten drei bis fünf Wochen vor der Geburt kann eine tägliche Dammmassage laut Studien das Verletzungsrisiko senken. Dammmassagen senken vor allem bei Erstgebärenden das Risiko für Dammverletzungen.

Maßnahmen während der Geburt

  • eine warme, angenehme Umgebung und gedämpftes Licht
  • feucht-heiße Kompressen auf dem Damm, sobald das Köpfchen austritt oder kurz davor ist (das übernimmt deine Hebamme)
  • Bewegungsfreiheit und freie Wahl der Geburtspositionen; Möglichkeit einer Wassergeburt
  • einfühlsame Berührungen beim Dammschutz und kein forciertes Pressen unter den Presswehen
  • wirksame Schmerzlinderung und Leitung der Entbindung durch ein erfahrenes Team

Wie lange dauert es, bis der Dammschnitt verheilt?

Wie lange es dauert, bis nach einem Dammschnitt oder -riss alles wieder heil ist, hängt vor allem von zwei Faktoren ab:

  • Wie groß ist die Wunde? Die meisten Dammverletzungen sind ersten oder zweiten Grades und machen nach zwei Wochen kaum noch Probleme. Ein Dammschnitt heilt besser, wenn er nicht seitlich der Scheide (mediolateral), sondern gerade zum After hin (median) gesetzt sind. Mehr Schwierigkeiten machen mitunter Verletzungen dritten oder vierten Grades: Dann ist nämlich der Schließmuskel am After verletzt, und die Muskelfunktion muss sich erst normalisieren.
  • Wie geschickt wurde genäht? Ein Dammschnitt oder -riss wird immer unter Betäubung mit selbstauflösenden Fäden versorgt; das Nähen selbst spürt die junge Mutter nicht. Insgesamt sind Nahttechniken und -material heute viel besser: Meist wird in mehreren Schichten genäht, an der Hautoberfläche mit unsichtbaren Stichen (intrakutan).

Im Durchschnitt heilt ein Dammschnitt innerhalb von sechs Wochen ab. Die Heilungsdauer kann aber individuell stark variieren. In seltenen Fällen kann es zu Komplikationen wie einer Wundheilungsstörung oder Infektion kommen. Wenn du dir unsicher bist, ob alles ordnungsgemäß verheilt oder du starke Schmerzen hast, scheue dich nicht, ärztlichen Rat einzuholen oder deine Hebamme zu befragen.

So kannst du die Wundheilung unterstützen und Schmerzen lindern

Wenn sich kurz nach der Geburt zwischen den Beinen noch alles sehr wund und fremd anfühlt, helfen diese Mittel gegen die Schmerzen am Dammschnitt:

  • Kalte Binden: Um die Naht zu kühlen und Schwellungen zu verringern, kannst du deine Binden für den Wochenfluss vor der Nutzung kurz in den Gefrierschrank legen.
  • Pinkeltrick: Wenn der Urin beim Wasserlassen brennt, gleichzeitig aus einem Becher oder einer Kanne warmes Wasser über die Wunde gießen. Alternativ eignet sich dafür auch eine Po-Dusche.
  • Pflegen: Es gibt spezielle Pflegesprays für Dammverletzungen, die regenerierend wirken. Alternativ können auch Sitzbäder angenehm sein. Diese sollten aber nicht zu häufig und zu lange durchgeführt werden, da die Wunde am Damm sonst aufweichen kann. Für das Sitzbad zu Hause gibt es extra Bidetbecken zu kaufen. Das Sitzbad kann einmal täglich für zehn bis 15 Minuten durchgeführt werden; als wohltuende Beigaben gelten Calendulaessenz oder Essenzen aus Frauenmantelkraut, Eichenrinde und Hamamelis – die Wirkung ist aber nicht erwiesen. Lass dich zu Sitzbädern mit Essenzen am besten von deiner Hebamme beraten.
  • Ruhe bewahren: Um deiner Verletzung beim Heilen zu helfen, schonst du dich im Wochenbett am besten so gut es geht. Langes Stehen beim Wickeln und Herumlaufen mit dem Baby kann in dieser Zeit dein:e Partner:in übernehmen. Vermeide zudem den Schneidersitz und versuche, so wenig Druck wie möglich auf die Dammnaht und das Dammgewebe auszuüben.

Außerdem gilt: keine Scheu vor Schmerzmitteln! Auch wenn du stillst, musst du im Wochenbett nicht die Zähne zusammenbeißen und Schmerzen klaglos hinnehmen. Besprich dich mit Hebamme, Gynäkologe oder Gynäkologin über geeignete Schmerzmittel und deren Dosis.

Das erste Mal auf Klo: Stuhlgang nach dem Dammschnitt

Nach einem Dammschnitt oder -riss kann der Gang zur Toilette ganz schön unangenehm sein. Weil man da aber leider nicht drum herumkommt, hilft eine ausgewogene und ballaststoffreiche Ernährung, die den Stuhlgang weicher macht. Dazu:

  • viel Tee oder Wasser trinken,
  • blähende Lebensmittel meiden,
  • frisches Obst und Trockenfrüchte (Pflaumen wirken abführend) essen,
  • auf viel Gemüse setzen.

Wenn du große Angst vor dem ersten Stuhlgang nach einem Dammschnitt hast, kann ein abführendes Zäpfchen oder ein Mini-Einlauf helfen – frage hierzu deine Hebamme oder noch direkt im Krankenhaus. Hattest du eine schwere Dammverletzung, bei der dein Schließmuskel betroffen war, wird man dir im Krankenhaus vor dem ersten Stuhlgang zudem stuhlauflockernde Arzneimittel (Laxanzien) geben.

Quellen:

ELTERN

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