Liebe Inken, wie bist du denn dazu gekommen, Kurse für HypnoBirthing anzubieten?
Die Geburt meines ersten Kindes war leider so gar nicht, wie ich es mir gewünscht hatte. Eigentlich wollte ich eine Hausgeburt haben, aber mein Kleiner wollte einfach nicht kommen. Zuletzt wurde es dann ein Kaiserschnitt. Die Geburt meines zweiten Kindes sollte anders werden. Ich habe mich dann intensiv mit HypnoBirthing auseinandergesetzt und bekam die Wunschgeburt, die ich wollte. Ich war von den Methoden so begeistert, dass ich mich dann habe ausbilden lassen und nun arbeite ich hauptberuflich als Kursleiterin für HypnoBirthing in Hamburg.
Du sagst, du hast dich ausbilden lassen. Ist das ein klassischer Ausbildungsberuf?
Nein, es gibt die HypnoBirthing Gesellschaft Europa, bei der man sich in Seminaren zur Kursleiterin ausbilden lassen kann. So findet man in vielen unterschiedlichen Orten in Deutschland Kursleiterinnen. Wer sucht, kann auf hypnobirthing.de einen Kurs in seiner Nähe finden.
Was ist HypnoBirthing überhaupt?
HypnoBirthing ist eine Methode, sein Kind auf die Welt zu bringen, und zwar möglichst entspannt und sanft. Und, was ich ganz wichtig finde: selbstbestimmt. Dabei wird zum Beispiel mit Hypnosen, Entspannungs- und Atemtechniken, aber auch positivem Denken gearbeitet. Wir sprechen zum Beispiel nicht von Wehen, weil das Wort so stark mit Schmerzen assoziiert ist. Stattdessen sprechen wir von Wellen. Und, ganz wichtig: Wir wollen vermeiden, dass Frauen in eine Maschinerie von Interventionen geraten. Denn vieles, zum Beispiel eine PDA, ein Wehentropf oder das Öffnen der Fruchtblase, kann vermieden werden. Dazu geben wir den Frauen Hilfsmittel an die Hand. HypnoBirthing ist natürlich keine Garantie dafür, die persönliche Wunschgeburt zu erleben, aber die Wahrscheinlichkeit ist deutlich höher.
Was lernen die Frauen in deinem Kurs? Und wie lange dauert er?

Der Kurs besteht aus vier Terminen à drei bis dreieinhalb Stunden. Damit ich mich auf die Paare auch wirklich konzentrieren kann, nehme ich pro Kurs nur zwischen drei und vier Paaren auf. Zunächst einmal vermittle ich den Frauen viel Wissen rund um die Geburt. Wie war Geburt früher einmal und was ist passiert, dass Geburten heute so ablaufen, wie sie es tun? Was passiert bei einer Geburt und wie kam es überhaupt, dass Schmerz so ein großes Thema ist? Und dann bringe ich den Frauen Techniken bei, mit denen sie ihrem Ziel einer entspannten Geburt näher kommen.
Und was für Techniken sind das?
In erster Linie wollen wir die Frauen mit einem kraftvollen selbstbestimmten Gefühl in die Geburt schicken und dem Wissen, dass ihr Körper das schon meistern kann. Dafür haben wir viele verschiedene Methoden, die wir den Frauen beibringen. Sie können hinterher wählen, welche für sie die richtige ist. Eine, die zum Beispiel ganz leicht ist und nicht so viel Erklärungen braucht, ist die Light Touch-Massage. Durch ganz sanftes Streicheln des Rückens, das eine Gänsehaut auslöst, können Hormone freigesetzt werden, die die Mutter unter der Geburt entspannen. Wenn die Brustwarzen mit einbezogen werden, kann man sogar die Oxytocin-Ausschüttung anregen. Das wiederum kann dazu führen, dass ein Wehentropf vermieden werden kann. Wir arbeiten aber auch damit, Anker zu setzen oder Affirmationen mitzugeben, die die Frauen durch die Wellen (Wehen, Anm. der Redaktion) begleiten. Ein Anker kann zum Beispiel ein Geruch sein oder ein sanfter Druck auf eine Schulter, durch den dann Entspannung ausgelöst wird.
Können die Väter den Gebärenden denn wirklich helfen?
Unbedingt! Das ist das Schöne am HypnoBirthing. Der Partner ist voll einbezogen. Manchmal sind die Männer ja ganz schön hilflos im Kreißsaal. Kein Wunder, sie sind ja nicht vorbereitet. Ihre Vorstellung, wie eine Geburt abläuft, haben sie meistens aus Hollywood-Filmen. Da kann einem wirklich angst und bange werden. In meinen Kursen zeige ich den Paaren Videos von schönen, kraftvollen Geburten. Mit diesen Bildern im Kopf haben die meisten Väter eine viel positivere Einstellung zum Erlebnis Geburt. Und das hilft ihnen dann ungemein. Mein Mann hat sich damals zum Beispiel gar nicht vorstellen können, unser Kind in Empfang zu nehmen. Erst im Laufe eines HypnoBirthing-Kurses hat sich das geändert. Und am Ende wurde unser Sohn in seine Arme hinein geboren.
Funktionieren die Methoden denn bei allen Frauen?
Natürlich muss eine Frau grundsätzlich dazu bereit sein, sich entspannen zu wollen. Das ist Voraussetzung. Welche Methode funktioniert, ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Die eine reagiert vielleicht total gut auf die Light Touch-Massage und die andere fühlt sich mit dem Ankersetzen entspannter. Und natürlich müssen die Methoden auch regelmäßig zu Hause geübt werden, am besten täglich und mit dem Partner, der auch die Geburt begleitet.
Die Frauen üben also zu Hause. Und wenn sie dann ins Krankenhaus fahren, sind sie ja in einem ganz anderen Umfeld. Plötzlich sind da fremde Ärzte und Hebammen. Alles ist anders.

Genau. Wir geben den Frauen natürlich Tools an die Hand, damit sie mit dieser veränderten Situation umgehen können. Sie können in den Kreißsaal zum Beispiel alles mitnehmen, was sie möchten, um sich einen eigenen Raum zu schaffen. Kerzen, Lampen, die gemütliches Licht machen, Decken oder Musik. Oder wir raten ihnen, sich eine Art Ritual zum Ankommen zu überlegen. Zum Beispiel eine Hypnose zum Entspannen.
Wie ist das denn für das Klinikpersonal, wenn eine Frau mit dem Wunsch kommt, HypnoBirthing-Methoden unter der Geburt anzuwenden?
Für die Hebammen ist das eigentlich super, denn sie haben im Klinik-Alltag oft wenig Zeit. Frauen, die mit HypnoBirthing vorbereitet sind, sind viel selbstständiger und brauchen weniger Unterstützung. Sie wissen, was sie wollen und was sie nicht wollen. Letztlich machen sie dadurch weniger Arbeit. Ich kann aber auch nicht ausschließen, dass es Kliniken gibt, in denen HypnoBirthing nicht so gut ankommt. Es ist auf jeden Fall sinnvoll, schon bei der Anmeldung in der Klinik den Wunsch nach HypnoBirthing-Methoden zu äußern. Im Gespräch kriegt man dann ja auch oft einen Eindruck davon, wie das Personal dazu steht.
Aber führen die klaren Vorstellungen davon, wie die Geburt ablaufen soll, nicht auch dazu, dass die Erwartungen daran besonders hoch sind?
Ja, das wird als Kritik geäußert. Meiner Meinung nach hat das aber nichts mit HypnoBirthing zu tun, sondern mit Dogmatismus. Ich kann verstehen, dass eine Frau ihre vielleicht einzige Geburt unbedingt so möchte, wie sie sich das vorgestellt hat. Aber sich darauf so sehr zu versteifen, hilft leider nicht. Stattdessen ist es wichtig, mit dem Flow zu gehen.
Du sagtest vorhin, HypnoBirthing sei keine Garantie für eine Wunschgeburt. Was ist, wenn alles ganz anders kommt?
Das ist das Gute: HypnoBirthing gibt Frauen auch Techniken an die Hand, damit umzugehen, wenn alles nicht so läuft, wie sie es sich gewünscht haben.
Und Frauen, die mit einem geplanten Kaiserschnitt entbinden? Können die sich auch mit HypnoBirthing vorbereiten?
Ich würde diese Frauen sofort in meinem Kurs aufnehmen. Dadurch, dass ich selber einen Kaiserschnitt hatte, weiß ich auch, was auf die Frauen zukommt und wie gut HypnoBirthing-Methoden vor, während und nach einem Kaiserschnitt helfen.
Ist denn HypnoBirthing mit Schmerzmitteln kombinierbar?
Grundsätzlich ausschließen möchte ich das nicht. Bei einer PDA verlieren die Frauen aber häufig das Gefühl für ihren Körper. Und oft wird dann auch noch ein Wehentropf angeschlossen, der total unkontrollierbar ist. Es gibt keine Möglichkeit einzuschätzen, wie die Frau auf das Medikament reagiert. Und dann ist es für die Frau schwierig, die Techniken bei solchen Interventionen anzuwenden. Grundsätzlich geht es beim HypnoBirthing ja eher darum, aus eigener Kraft und selbstbestimmt zu gebären.
Werden HypnoBirthing-Kurse von der Krankenkasse übernommen?
Nein, leider nicht. Und die Situation ist sogar noch schlechter geworden. Eine Zeit lang haben die Kassen durchaus einen Teil übernommen, aktuell aber leider eher nicht mehr. Trotzdem lohnt es sich immer, noch einmal individuell bei der Krankenkasse anzufragen.
Über Inken Arntzen

Inken Arntzen ist Mutter von zwei Kindern und zertifizierte Kursleiterin bei der HypnoBirthing Gesellschaft Europa. Ihr liegt das Thema HypnoBirthing am Herzen, da die Geburt ihres ersten Sohnes gar nicht so lief wie gewünscht und sie durch eine intensive Vorbereitung mit einem HypnoBirthing-Kurs die Geburt ihres zweiten Sohnes als persönliche Wunschgeburt erlebte. Ihr Angebot gibt es unter www.inkenarntzen.de.