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Während jeder Geburt – ob im Krankenhaus, im Geburtshaus oder zuhause – wird ein Geburtsbericht geschrieben. In dieser Akte wird der Verlauf der Entbindung genau dokumentiert. Du hast das Recht, diesen Bericht im Nachhinein als Kopie anzufordern. Wir erklären dir, wie das funktioniert und welche Vorteile dir das bieten kann.
Was ist ein Geburtsbericht?
Ein Geburtsbericht ist eine umfassende schriftliche Dokumentation des gesamten Geburtsverlaufes. Hebammen und Ärzte bzw. Ärztinnen sind per Berufsordnung dazu verpflichtet, den gesamten Vorgang einer Entbindung sorgfältig zu notieren. Im Krankenhaus hat das auch rechtliche Gründe: Kommt es zu Problemen, ist eine gute Dokumentation im Falle eines Rechtsstreits wichtig. Der Geburtsbericht startet mit deiner Ankunft auf der Geburtsstation oder im Geburtshaus und endet mit deiner Entlassung aus dem Kreißsaal auf die Wöchnerinnenstation oder – bei einer ambulanten Geburt – nach Hause.
Die Geburtsdokumentation umfasst und beinhaltet viele verschiedene Punkte:
- Patientenakte mit medizinisch relevanten Informationen (Anamnese):
Deine persönlichen Daten sowie alle wichtigen Informationen rund um deine Gesundheit und die Schwangerschaft finden sich in deiner Patientenakte. - Dokumentation des Geburtsverlaufes (Partogramm):
Das Partogramm ist ein vorgefertigtes Formular, in das kurz und knapp alle wichtigen Informationen rund um den Geburtsverlauf eingetragen werden. Das betrifft etwa deinen Muttermundbefund im zeitlichen Verlauf, die kindlichen Herztöne, deine Vitalzeichen wie Blutdruck oder Körpertemperatur und auch die Häufigkeit sowie Stärke deiner Wehen. - Geburtsbericht im Freitext:
Ergänzend zum Partogramm oder auch ersatzweise kann der Geburtsverlauf auf in einem fortlaufenden Text niedergeschrieben werden. Auch hier müssen sich alle Informationen rund um die Entbindung wiederfinden: Hast du Medikamente verabreicht bekommen? Welche Geburtspositionen wurden eingenommen? Wie ist die Kindslage? Welche vaginalen Untersuchungen gab es? Wie verlaufen die einzelnen Geburtsphasen? - Ergebnisse der CTG-Überwachung (Kardiotokogramme):
Das Kardiotokogramm ist der Zettel, der aus dem CTG-Gerät herauskommt. Hier werden die Herztöne deines Babys und deine Wehentätigkeit aufgezeichnet. Die Kurve, die das CTG schreibt, gibt den Hebammen und Arzt:innen Hinweise darauf, ob die Geburt normal und komplikationslos verläuft. - Laborbefunde und Überwachungsprotokolle:
Bekommst du während der Geburt eine Anästhesie wie eine PDA, werden alle Informationen dazu in einem Überwachungsprotokoll festgehalten. Und auch mögliche Laborbefunde sind Teil der Behandlungsunterlagen. - Pflegedokumentation über ärztliche Anordnungen:
Kommt es im Verlauf der Geburt zu geburtshilflichen Maßnahmen – etwa dem Kristeller-Handgriff, einem Dammschnitt oder einem Wehentropf – werden diese ebenfalls im Geburtsbericht festgehalten. - Abschlussbericht:
Ebenfalls im Geburtsbericht enthalten ist ein zusammenfassender Bericht der Geburt mit deinem Entlassungsbefund („Arztbrief“). Hier werden auch mögliche Geburtsverletzungen sowie der gesundheitliche Zustand deines Babys aufgeführt.
Die Akte wird im Krankenhaus direkt im Kreißsaal, also in unmittelbarer Nähe zur werdenden Mutter ausgefüllt. Übrigens: Eine Geburtsdokumentation findet auch statt, wenn ein geplanter Kaiserschnitt oder ein spontaner Kaiserschnitt durchgeführt wird.
Lese-Tipp: Wann und warum ein Dammschnitt eingesetzt wird, erfährst du hier!
Wie kann man den Geburtsbericht anfordern?
Dein Geburtsbericht muss von der Geburtsklinik oder den zuständigen freiberuflichen Hebammen mindestens 10 Jahre aufbewahrt werden – empfohlen sind sogar 15-30 Jahre. Du hast also auch noch lange nach der Geburt die Möglichkeit, deinen Bericht anzufordern. Und kompliziert ist die Anforderung – in der Theorie – auch nicht: Du hast laut § 630g des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ein Anrecht auf Einsichtnahme in deine Patientenakte.
Du kannst diese Einsicht in die Geburtsdokumentation sowie eine Kopie der Unterlagen mündlich, etwa per Telefon, anfordern. Du musst im ersten Anlauf keine schriftliche Anfrage stellen und auch keine Begründung angeben. Aus datenschutzrechtlichen Gründen musst du dich aber vermutlich ausweisen, also eine Kopie deines Personalausweises vorlegen. Hast du in einer Geburtsklinik entbunden, kannst du dich an die Krankenhausverwaltung oder direkt an die Leitung der Geburtsstation wenden. Wenn du dein Baby nicht in einem Kreißsaal, sondern in einem Geburtshaus bekommen hast, wende dich mit deiner Anfrage dort an die Leitung. Hattest du eine Hausgeburt mit einer freiberuflichen Hebamme, wende dich an diese.
Wichtig: Wenn du die Unterlagen anforderst, sprich am besten von deiner Krankenakte oder fordere die vollständigen Behandlungsunterlagen an. Denn streng genommen ist der Geburtsbericht nur ein Teil der gesamten Geburtsdokumentation, obwohl der Begriff umgangssprachlich häufig synonym verwendet wird. So stellst du sicher, dass dir von CTG-Protokollen über die Dokumentation ärztlicher Anordnungen auch wirklich alles ausgehändigt wird – sofern du das möchtest. Große Kosten kommen übrigens nicht auf dich zu: Die Aushändigung der Behandlungsunterlagen ist in der Regel umsonst; einige Klinken stellen allerdings die Kopierkosten und eine Bearbeitungsgebühr in Rechnung (üblicherweise liegen die Kopierkosten im Cent-Bereich). Das kannst du am besten direkt erfragen, wenn du die Unterlagen anforderst.
Was kann man tun, wenn der Geburtsbericht nicht herausgegeben wird?
Auch wenn du ein Recht auf Einsicht in den Geburtsverlaufsbericht hast, kann es passieren, dass deine Anforderung nicht umgesetzt wird. Leider zeigen Erfahrungsberichte, dass sich gerade Krankenhäuser bisweilen scheuen, den Geburtsbericht auszuhändigen. Das kann daran liegen, dass die Kliniken rechtliche Schritte befürchten und den Zugang zur Geburtsdokumentation daher erschweren. Kommst du mit telefonischem Nachfragen nicht weiter, kannst du deinen Bericht auch schriftlich anfordern. Auch hier musst du die Gründe für die Anforderung nicht darlegen. Persönliche Daten, Informationen zu deinem Stationsaufenthalt und der Hinweis, dass du deinen Geburtsbericht anfordern willst, genügen. Und wenn das alles nichts hilft, kannst du deine Unterlagen auch mit anwaltlicher Hilfe einfordern.
Warum sollte man den Geburtsbericht anfordern?
Einige Mütter wollen das Geburtserlebnis im Nachhinein noch mal Revue passieren lassen und sehen im Geburtsbericht eine schöne Form der Erinnerung an dieses Ereignis. Andere Frauen wiederum haben vielleicht Erinnerungslücken und wollen den Ablauf daher schriftlich vorliegen haben: Wurden Medikamente verabreicht? Mit welchen geburtshilflichen Methoden wurde ich entbunden? Die Unterlagen können dabei helfen, den Geburtsvorgang besser nachzuvollziehen und offene Fragen zu beantworten.
Ein weiterer möglicher Grund, den Geburtsbericht anzufordern, kann aber auch eine Folgeschwangerschaft nach einer komplizierten Geburt oder einem Kaiserschnitt sein: Hier kann die Geburtsdokumentation den betroffenen Frauen im Nachhinein wichtige Hinweise für die nächste bevorstehende Geburt geben. Das ergibt vor allem dann Sinn, wenn du eine VBAC (eine vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt) oder eine Geburt mit einer Beleghebamme planst – die Geburtshelferinnen können sich dann bestmöglich auf dich und deine Vorgeschichte einlassen.
Achtung, Triggergefahr!
Doch es gibt auch ernstere Motivationen für die Anforderung. Nämlich, wenn Frauen nach einer möglicherweise traumatischen Geburt mehr Klarheit über den Ablauf erlangen wollen oder mögliche offene Fragen haben. Doch Vorsicht: Die Auseinandersetzung mit dem Geburtsbericht kann bei der Verarbeitung eines Geburtstraumas helfen – oder aber auch als Trigger wirken. Wenn die Erinnerungen plötzlich wieder sehr real hochkommen, kann das im ersten Moment eher kontraproduktiv wirken. Möchtest du deinen Geburtsbericht aufgrund von Gewalterfahrungen oder einem negativen Geburtserlebnis anfordern, lies die Unterlagen daher am besten nicht allein. Im besten Fall suchst du dir dazu therapeutische Unterstützung.
Ebenfalls möglich ist es, die Einsichtnahme in die Krankenakte aufgrund einer potenziellen Klage gegen die Klinik anzufordern. Kam es durch mutmaßliche Behandlungsfehler während der Geburt zu Schädigungen von Mutter und/oder Kind, können Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden. Die Geburtsdokumentation dient hierbei als Beweismittel – allerdings für beide Seiten. Wenn die verklagte Partei glaubhaft machen kann, dass laut ihrer Dokumentation kein Fehler vorliegt, kann sich das entlastend auswirken. Rechtliche Schritte sind bis drei Jahre nach Kenntnis über mögliche Geburtsschäden möglich. Das heißt: Wird bei deinem zehnjährigen Kind eine Lernschwäche auf etwaigen Sauerstoffmangel unter der Geburt zurückgeführt, kannst du bis zu seinem 13. Lebensjahr Klage einreichen. Diese Fälle sind aber immer ein Fall für spezialisierte Anwälte und Anwältinnen – lass dich rechtlich beraten, bevor du den Geburtsbericht anforderst.
Quellen:
- Stiefel, Andrea et al. (Hrsg.): Hebammenkunde: Lehrbuch für Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Beruf, 5. Auflage, Hippokrates Verlag, Stuttgart 2013.
- Gesetze im Internet: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 630g Einsichtnahme in die Patientenakte, zuletzt aufgerufen am 03.07.2023.