Geburtsvorbereitungskurs für MännerHarte Fakten über die Geburt und Bier zum Runterspülen
Ein Geburtsvorbereitungskurs exklusiv für Männer? Ja, den gibt es tatsächlich! In Karlsruhe bietet der Gynäkologe Martin Soder den werdenden Vätern ein besonderes Programm an. Sein Mix: Harte Geburtsfakten in einer lockeren Atmosphäre. Die perfekte Kombi für Männer eben.
Martin Soder ist als Arzt in der Geburtshilfe des Diakonissenkrankenhauses in Karlsruhe tätig. Bevor er den Geburtsvorbereitungskurs "Von Mann zu Mann" gründete, erlebte er oft verunsicherte Männer im Kreißsaal. Das sollte sich ändern. Wie? Mit einem Programm, das werdende Väter auf die Geburt vorbereiten soll. Losgelöst von Atemtechniken und optimalen Geburtspositionen, die ja eher den schwangeren Frauen helfen können. In Soders Kurs geht es um die Kernfakten. Sie sollen Augen öffnen und die Angst kleiner machen. Denn hier kann alles zur Sprache kommen. In einem Interview erzählte er uns, wie man sich fünf Stunden unter Männern vorstellen kann, die sich ernsthaft mit der Geburt auseinandersetzen - und warum eine Flasche Bier der Schlüssel zum Erfolg ist.

Die Idee
"Die Idee zu dem Kurs rührt aus meinen Alltagserfahrungen in der Geburtshilfe. So wie kurz vor einem Turnier, wenn der Trainer noch einmal die wichtigsten Punkte mit seinen Spielern durchgeht, so habe ich immer wieder einige Männer kurz vor der Geburt erlebt. Sie nutzen die letzten Minuten, in denen wir einen Moment 'unter uns' waren, um noch Fragen loszuwerden, die sie sich in Anwesenheit ihrer Frauen oder der Hebammen nicht getraut haben zu stellen. Das passierte mir zum Beispiel immer wieder, wenn ich mit den werdenden Vätern in der OP-Umkleide kurz vorm Kaiserschnitt war. Ich dachte: Es darf nicht sein, dass so viele Männer ihre Sorgen und Ängste neun Monate mit sich herumtragen ohne sie anzusprechen. So ist die Idee zu meinem Geburtsvorbereitungskurs "Von Mann zu Mann" nach und nach gereift."

Das Ziel
"Im Wesentlichen möchte ich die Männer darauf vorbereiten, was sie bei der Geburt erwarten wird und wie sie ihre Frauen unterstützen können. Dabei nehme ich kein Blatt vor den Mund. Wir sprechen darüber, wie wahrscheinlich überhaupt eine normale Geburt ist, welche Mittel gegen die Schmerzen eingesetzt werden können, welche Risiken es gibt und zu welchen Geburtsverletzungen es kommen kann. Kaiserschnitt, Saugglocke, Zangengeburt, Dammschnitt - all diese Themen gehen wir, begleitet durch eine Power-Point-Präsentation, innerhalb von fünf Stunden durch. Ich habe eine Modellpuppe, anhand derer ich die Geburt gut veranschaulichen kann. Manchmal zeige ich den Männern sogar eine echte Plazenta mit Nabelschnur."

Die Atmosphäre
"Mir war von Anfang an klar: Es soll eine offene, lockere und freundschaftliche Atmosphäre sein. So wie bei einem Grillabend. Der Schlüssel dazu: Bier! Das ist kein Scherz! Ich habe eine Brauerei als Sponsor für den Geburtsvorbereitungskurs gewinnen können. Wenn die Männer zum Kurs kommen, stehen zur Begrüßung Bierflaschen auf dem Tisch. Es sind alkoholfreie, denn es ist dann ja noch früh am Morgen. Schon allein das lockert das Ganze ungemein auf. Sie fangen automatisch an, miteinander zu reden und es nimmt ihnen die Scheu, sich im Kurs zu öffnen. Denn ich möchte die Männer ja auch zum Reden bringen. An der Bierflasche können sie sich festhalten, wenn sie etwas ansprechen, was sie beschäftigt - das allein hilft enorm."

Die Taktik
"Um die Aufmerksamkeit der Jungs zu bekommen und sie auch bei der Stange zu halten, ziehe ich immer wieder Vergleiche. Häufig wähle ich sie aus dem Sport. Boxen ist mein Paradebeispiel. Ich vergleiche die Geburt mit einem Boxkampf und sage den Männern, dass sie ihren Frauen die Herausforderung und die Schmerzen nicht abnehmen können. Sie können aber wie ein Trainer am Rand des Ringes stehen, der sie motiviert, ihr was zu Trinken reicht oder ein Handtuch, um die Stirn abzutupfen. Das ist ihre Rolle bei der Geburt."

Die Realität
"Um die körperliche Anstrengung einer Frau unter der Geburt klar zu machen, ziehe ich auch gern den Vergleich mit einem Radfahrer bei der Tour de France. Denn kaum einem meiner Kursteilnehmer ist tatsächlich bewusst, dass so viele Kalorien bei einer Geburt verbrannt werden wie bei der Königsetappe. Viele schauen mich dann mit großen Augen an, übrigens auch wenn ich sage, dass sich eine Geburt gut und gern mal einen Tag, sogar zwei Tage hinziehen kann. Was bringt den Männern das Wissen über Geburtspositionen oder Atemtechniken, die sie bei den gewöhnlichen Geburtsvorbereitungskursen vermittelt bekommen? Es ist gut, wenn die Frau sie anwenden kann. Den werdenden Papas bringt es viel mehr, wenn sie sich allen Eventualitäten einer Geburt bewusst sind - denn mit diesem Wissen hoffe ich, dass sie angstbefreiter in den Kreißsaal gehen können."

Der Vergleich
"Natürlich kommt auch die Bierflasche im Laufe des Kurses nochmal zum Zuge. Sie steht nicht nur da, um getrunken zu werden. Sie eignet sich nämlich optimal, um die Beschaffenheit der Gebärmutter zu erklären und den Geburtsvorgang insgesamt. Der Flaschenhals lässt sich mit dem Gebärmutterhals vergleichen. Dieser war, so wie die Flasche, während der gesamten Schwangerschaft fest verschlossen. Wenn sich das Gewebe dann lockert und die Wehen einsetzen, dann öffnet sich der Muttermund. Es macht plopp, wie beim Öffnen der Flasche, nur natürlich viel langsamer. Neben harten Fakten gibt es eine Menge witziger Momente in meinem Kurs. Das ist zum Beispiel immer wieder einer."

Die Interessen
"Ich treffe immer wieder auf ganz unterschiedliche Charaktere. Das macht es unheimlich spannend. Jeder Kurs entwickelt seine ganz eigene Dynamik. Wenn ich werdende Väter vor mir sitzen habe, die total offen sind, geht es häufig auch knallhart um Sexualität. Wann dürfen wir wieder? Wie wird es wohl nach der Geburt sein? Was dürfen wir in der Schwangerschaft? In diese Richtungen gehen dann die Fragen. Eine insgesamt ruhigere Truppe versuche ich immer wieder mal aus der Reserve zu locken, in dem ich Brücken schlage wie: 'Im letzten Kurs wollte ein Mann wissen, ob...' Auf diesen Zug springt dann der eine oder andere auf und es kommen weitere Fragen. Übrigens haben sich manche Männer diese Taktik selbst zu Nutzen gemacht, um Themen bei ihren Partnerinnen anzusprechen. Sie beginnen ihr Anliegen mit 'Im Kurs haben wir darüber geredet, dass...' Es scheint, als hätten sie durch den Kurs die Legitimation gefunden, etwas anzusprechen, das ihnen vorher vielleicht unangenehm war, und worüber sie jetzt aber gern sprechen möchten."

Lesson I
"Was ich allen Kursteilnehmern immer mit auf dem Weg gebe: Redet mit Euren Frauen über die bevorstehende Geburt! Es freut mich, wenn der Kurs dazu beitragen kann, dass sich die Männer mehr öffnen können. Zwar müssen sie nicht das Kind gebären, aber die Schwangerschaft und die Geburt geht sie ja genauso was an. Es ist sinnvoll, wenn man vorher mit dem Partner klare Absprachen findet, wie: Soll der Mann die ganze Zeit dabei bleiben? Möchte die Frau, falls sie genäht werden muss, dass ihr Mann im Raum bleibt? Was will der Mann? Hat man für sich die Regeln abgesteckt, können die werdenden Eltern ein Stück weit entspannter in die Geburt gehen - gerade wenn es die erste ist."

Lesson II
"Was ich auch immer betone: Eine Geburt kann alles bedeuten. Sie zählt sicherlich zu den schönsten und glücklichsten Momenten, die man erleben kann. Sie kann allerdings auch beängstigend sein bis hin zu traumatisierend. Ein Bewusstsein dafür zu schaffen, ist mir wichtig. Deswegen ermutige ich die Männer darin, wirklich in dem Moment, wenn es ihnen im Kreißsaal zu viel wird, raus zu gehen, eine Runde an die frische Luft und dann zurückzukehren. Falscher Ehrgeiz im Kreißsaal ist völlig unangebracht. Meistens wirkt er auch belastend für die Frau. Sie soll sich nämlich voll und ganz auf die Geburt konzentrieren können und sich nicht auch noch Sorgen um ihren Partner machen müssen."

Lesson III
"Was ich sonst noch allen Männern bei der Geburt ans Herz legen möchte? Unterstützt in dem Maße, wie es für Euch beide gut ist. Drängt Euch nicht in den Vordergrund. Es gibt leider immer noch Männer, die im Jahr 2017 meinen, für ihre Frau sprechen zu müssen. Und zum Schluss natürlich noch mein Lieblingstipp, den ich bei keinem meiner Kurse auslasse: Wenn Euer Baby geboren ist, sollte der Vater derjenige sein, der die Nabelschnur durchschneidet. Warum? Weil es doch für einen Mann nichts Schöneres gibt als zu sehen, dass etwas, was bisher nur kabelgebunden, plötzlich auch wireless funktionieren kann. Und zwar hoffentlich sehr gut."

Das Feedback
"Ich freue mich, dass mein Kurs so viel Resonanz findet und sich inzwischen gut etabliert hat. Die meisten Männer ergreifen sogar selbst die Initiative und melden sich bei mir an. Ich hatte sogar schon einen Teilnehmer, der noch gar nicht Papa wird, aber trotzdem schon mal neugierig war auf das, was mal auf ihn zukommen könnte. Vereinzelnd höre ich von den Teilnehmern auch nach der Geburt noch etwas. Sie bedanken sich und sagen mir, wie viel besser sie sich auf das Abenteuer Geburt einlassen konnten - das freut mich natürlich unheimlich zu hören, denn genau das möchte ich ja erreichen."

Mehr Informationen
Dieses Bild ist bei einer Kurssitzung enstanden. Es zeigt Martin Soder in der Mitte.
Wenn Du Dich für den Geburtsvorbereitungskurs "Von Mann zu Mann" interessierst und mehr erfahren möchtest, dann schau doch mal auf der offiziellen Homepage des Kurses vorbei.